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Presseschau: So sehen Kritiker Thielemanns Wechsel von Dresden nach Berlin

Star-Dirigent Christian Thielemann wird nächstes Jahr Chef der Berliner Staatsoper unter den Linden. So bewertet die Presse die Entscheidung.

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Christian Thielemann: zu konservativ für Dresden?
Christian Thielemann: zu konservativ für Dresden? © dpa

Der scheidende Chef der Sächsischen Staatskapelle, Christian Thielemann, wird nächstes Jahr Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper unter den Linden. Er ist der Nachfolger von Daniel Barenboim, der das Amt aus gesundheitlichen Gründen niedergelegt hatte. Die Nachricht vom Mittwoch wird in vielen großen Zeitungen kommentiert. Hier eine Presseschau als Übersicht:

Frankfurter Allgemeine Zeitung:

"Dass im fortschrittlich und weltoffen sich dünkenden Berlin ein Musikchef installiert wurde, dessen Vertrag im konservativen Dresden unverlängert blieb, weil man ihm eine zukunftszugewandte Ausrichtung der Semperoper nicht zutraute, ist nicht ohne Komik." (Clemens Haustein)

Süddeutsche Zeitung:

"Eine Neuausrichtung des Berliner Traditionshauses wird es mit Christian Thielemann nicht geben. Er wird seinem Repertoire in gewohnter Exzellenz treu bleiben, sich auch nicht zu einem Bannerträger der Moderne, der historischen Aufführungspraxis oder avancierten Regie entwickeln. Seine Anhänger erwarten das auch nicht von ihm." (Reinhard J. Brembeck)

Die Welt:

"Entgegen aller fachlichen Expertise war die Personalie Thielemann (in Berlin, Anm. d. Red.) zu einem Politikum gemacht worden. Um all den Unsinn nicht noch einmal groß aufzuwärmen, ganz kurz: Der Linken passte der konservative Christian Thielemann politisch nicht, alte Rufmord-Märchen wurden neu erzählt, unbewiesene Schmuddeleien aus Bayreuther Lokalblättchen angeführt, und Thielemann, der Hans Pfitzners Musik liebt und aufführt, wurde in dessen geistige – nationalkonservative – Denkweise gerückt." (Peter Huth)

Die Zeit:

"Kaum ist die Staatsoper mit Daniel Barenboim den einen Egomanen und Patriarchen alten Stils los, schon kommt der nächste zur Tür herein? Schwierig, nicht nur identitätspolitisch. Insofern hätten sich viele mit einer Frau am Pult, die auch der Kultursenator durchaus priorisiert hätte, am besten noch mit Migrationshintergrund, leichter getan. Wenn es sie zum jetzigen Zeitpunkt denn gegeben hätte. Doch Menschen und Männer ändern sich. Auf die Frage nach seinem Führungsstil sagte Thielemann, dass er als Dirigent intensiv gelernt habe, zuzuhören." (Christine Lemke-Matwey)