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Hebamme: Traumberuf mit Hindernissen

Diskussionen um die Finanzierung der Geburtshilfe, geplante Kreißsaalschließung - das alles hindert eine junge Ebersbacherin nicht, ihren Wunschberuf zu lernen.

Von Romy Altmann-Kuehr
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Annalena Kirchner aus Ebersbach hat ein Studium zur Hebamme in Leipzig aufgenommen.
Annalena Kirchner aus Ebersbach hat ein Studium zur Hebamme in Leipzig aufgenommen. © Matthias Weber/photoweber.de

Seit einigen Monaten studiert die Ebersbacherin Annalena Kirchner in Leipzig und wird Hebamme. Es ist ihr Traumberuf. Damit ist sie bei weitem nicht allein, wie sie festgestellt hat. "Ganz viele Frauen haben den Wunsch, Hebamme zu werden." Und soweit sie bisher erfahren hat, werden auch überall Hebammen gesucht. Wie Hohn klang da der Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zu einer Reform im Gesundheitswesen ab 2025 sollten Hebammen nicht mehr aus dem sogenannten Pflegebudget der Krankenhäuser bezahlt werden dürfen. Daran gab es heftige Kritik, sogar eine Petition. Dahinter stand die Befürchtung, dass dann immer weniger ausgebildete Hebammen eingesetzt und die Aufgaben in den Kliniken von nicht speziell für die Geburtshilfe ausgebildetem Personal übernommen werden. Der Gesundheitsminister ruderte nach dem Protest zurück, die Pläne sind vom Tisch.

Für Annalena Kirchner sind solche Debatten allerdings überhaupt nicht ausschlaggebend bei der Berufswahl. Das Pflegebudget für die Hebammen und damit die Finanzierung ihrer Arbeit sei die eine Sache, sagt sie. Ein anderes ist die Zahl der Hebammen und die Nachwuchsgewinnung. Denn es gibt in Sachsen offenbar zu wenige, wie eine Analyse von SZ ergab. Eine eins-zu-eins-Betreuung im Kreißsaal ist eher selten. Oft muss die diensthabende Hebamme in einer Klinik mehrere Gebärende gleichzeitig betreuen. Der Ebersbacher Kreißsaal ist da zum Beispiel eine Ausnahme, wie die Hebammen hier berichten.

Nur noch Hebammen mit Abitur

Ein Problem sieht die angehende Hebamme deshalb darin, dass es junge Leute eher schwer haben, diesen Beruf zu erlernen, überhaupt erst einmal einen Ausbildungsplatz zu bekommen. "Dabei ist die Nachfrage da." Es gibt aber nur sehr wenige Ausbildungsplätze.

Erst recht, seit die Ausbildung auf ein akademisches Niveau gehoben wurde und nun ein Studium vorausgesetzt wird. Dabei fallen schon einmal all diejenigen durchs Raster, die kein Abitur haben. Denn vor zwei Jahren ist die Hebammenausbildung neu aufgestellt worden. Seitdem wird ein Fachstudium vorausgesetzt, um als Hebamme arbeiten zu können. Beispielsweise an den Unis in Dresden und Leipzig gibt es nun den Bachelor-Studiengang Hebammenkunde. Angehende Hebammen, die ihre Lehre auf dem bisherigen Ausbildungsweg begonnen haben, können sie noch abschließen. Künftig aber wird es nur noch studierte Hebammen geben.

Hebamme sei schon immer ihr Berufswunsch gewesen, sagt Annalena Kirchner. Das Thema Schwangerschaft und Geburt habe sie schon lange fasziniert und interessiert. Auch Berührungsängste kennt sie nicht. Nach dem Abschluss der Oberschule konnte sie jedoch noch keine Hebammen-Ausbildung beginnen. "Für die Ausbildung muss man mindestens 18 sein." Also hing sie noch drei Schuljahre dran und machte am Beruflichen Gymnasium in Löbau das Abi. "Zum Glück ist das so gekommen", sagt sie heute rückblickend. "Sonst hätte das ja nun mit dem Studium gar nicht geklappt."

Beim Hebammen-Studium handelt es sich um ein duales Studium. Das heißt, die angehenden Studenten müssen zunächst ein Krankenhaus als Praxispartner finden. Mit der Zusage der Klinik können sie sich dann an der Uni bewerben, beschreibt Annalena Kirchner das Prozedere.

600 Bewerber auf 26 Studienplätze

Ursprünglich hätte sie gern in Dresden studieren wollen. Partnerklinik ist hier das Krankenhaus in Görlitz. "Das vergibt aber nur einen Platz für eine angehende Hebamme." Und den hat sie nicht bekommen. Mehr Glück hatte die Ebersbacherin am St. Elisabeth Krankenhaus in Leipzig. Sie ergatterte einen der nur zwei Ausbildungsplätze dort und konnte sich somit an der Leipziger Uni bewerben und das Studium aufnehmen. Das ist wie ein Sechser im Lotto, weiß die 21-Jährige. "Es gab 600 Bewerbungen auf 26 Studienplätze." Ihrer Meinung nach müssten sich noch mehr Krankenhäuser als Praxispartner an der Ausbildung beteiligen, damit mehr Studienplätze vergeben werden können.

Die Ebersbacherin konnte im Vorfeld mehrere Praktika vorweisen - möglicherweise hat ihr auch das geholfen, einen der begehrten Studienplätze zu bekommen. Sie arbeitete bei einer freiberuflichen Hebamme, auf der Wochenbettstation und bei einer Gynäkologin in der Praxis. Dadurch hat sie die ganze Bandbreite des Berufs schon kennengelernt. Sogar bei einer Kaiserschnitt-Geburt war sie bereits im OP-Saal dabei.

Derzeit ist sie im ersten Semester, im Oktober hat sie das Studium begonnen. Jetzt im Januar stehen Prüfungen an, dann geht es in die erste Praxisphase im Krankenhaus. Insgesamt dauert das Studium sieben Semester, also dreieinhalb Jahre.

Ihr Ziel ist es, nach dem Studium wieder in die Oberlausitz zurückzukommen und hier beruflich Fuß zu fassen. In welcher Form, da hat sie sich noch nicht konkret entschieden. Die Arbeit als freiberufliche Hebamme würde sie reizen, weil es eine gute Mischung aus der Arbeit im Krankenhaus auf Station und der individuellen Betreuung der Frauen zu Hause ist, sagt sie.