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Löbau bekommt die ersten "Stolpersteine"

Das Kunstprojekt erinnert an die von den Nazis ermordeten Juden. Ein Stadtrat äußert gegen die Verlegung scharfe Kritik.

Von Markus van Appeldorn
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In Zittau wurden am Marktfrauenbrunnen. 2017 "Stolpersteine" verlegt.
In Zittau wurden am Marktfrauenbrunnen. 2017 "Stolpersteine" verlegt. © Rafael Sampedro Archiv

Es gibt sie bereits in etlichen Kommunen in Deutschland - und auch europaweit: "Stolpersteine". Diese Pflastersteine tragen ein Messingschild mit dem Namen eines von den Nazis ermordeten Juden. Verlegt werden sie im Gehsteig vor den Häusern, wo diese Menschen einst gewohnt haben. So sollen sie auch im alltäglichen Straßenbild die Erinnerung an die ermordeten Juden und das Nazigrauen wachhalten. Nun beschloss der Stadtrat, dass auch in Löbau die ersten Stolpersteine verlegt werden. In der Juni-Sitzung war dieser Beschluss noch mal verschoben worden, weil ein Stadtrat heftige Kritik an dieser Art des Gedenkens geäußert hatte.

Der AfD-Stadtrat Professor Klaus Werner hatte in jener Sitzung vorgebracht, dass das Schicksal der Ermordeten auf einem öffentlichen Weg zur Schau gestellt werde, wo jeder Mensch sie mit Füßen trete. Ein Standpunkt, den unter anderem auch Charlotte Knobloch vertritt, selbst Nazi-Überlebende und langjährige Präsidentin der Jüdischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Die Stadt München hat deswegen die Verlegung von "Stolpersteinen" auf öffentlichem Grund untersagt. Professor Werner kritisierte darüber hinaus, dass der Kölner Künstler Gunter Demnig mit den "Stolpersteinen" viel Geld verdiene und so vom Gedenken an die Mordopfer profitiere.

Demnig hatte das Projekt "Stolpersteine" 1996 begonnen und hat das alleinige Urheberrecht daran. Herstellung und Verlegung kostet pro Exemplar mindestens 120 Euro. Mittlerweile wurden 75.000 Stolpersteine verlegt, sie gelten damit als größtes dezentrales Mahnmal der Welt. Die Stadt Löbau würde die Verlegung nichts kosten. Die Initiative zu "Löbaus jüdischer Geschichte" hatte die Verlegung bei der Stadt beantragt und würde die Kosten aus Spendenmitteln tragen.

Keine Alternativen im Hauptausschuss

Weil die Kritik von Professor Klaus Werner auch die anderen Fraktionen nachdenklich gemacht hatte, beschloss der Stadtrat damals, die Sache in den Hauptausschuss zurückzugeben. Dort solle beraten werden, ob es eine alternative Form der Würdigung der Mordopfer geben könne - etwa durch Anbringen von Gedenktafeln an den Hauswänden der ehemaligen Wohnhäuser der Opfer. Dazu bräuchte es freilich die Erlaubnis des Eigentümers. Im Hauptausschuss dann schlug aber niemand eine Alternative vor - auch nicht Professor Werner. Daher hatte der Ausschuss einstimmig beschlossen, die gleiche Beschlussvorlage wie im Juni nun in der jüngsten Stadtratssitzung zu beraten.

Werner äußerte erneut seine Ablehnung. "Ich bin nach wie vor der Meinung, dass wir das Gedenken würdiger begehen sollten als mit der abgegriffenen Idee der Stolpersteine", sagte er. Als "Nachäffen" anderer Kommunen bezeichnete er das. Und was das überhaupt solle, nachdem es 30 Jahre her ist, dass die ersten "Stolpersteine" verlegt worden seien. In Zittau gibt es die "Stolpersteine" bereits seit einigen Jahren. Und in Görlitz wurden erst jüngst wieder welche verlegt.

Der Stadtrat beschloss die Verlegung der "Stolpersteine". Die beiden ersten sollen am 23. September an der Schulgasse/Ecke Nicolaistraße verlegt werden. Sie sollen an das Ehepaar Helene und Adolf Grünewald erinnern. Grünewald betrieb dort das damalige "Görlitzer Schuhhaus". Boykottiert und von der NS-Presse erniedrigt, erhängte er sich am 20. Oktober 1937 in seinem Laden. Seine Frau Helene wurde ins Ghetto von Riga verschleppt und kam dort am 10. Februar 1942 ums Leben.