SZ + Löbau
Merken

Verrückte oder geniale Idee für Bahnhof?

Neusalza-Spremberg hat das Bahnhofsgebäude gekauft. Jetzt wurden erste Pläne für eine völlig andere, überregionale Nutzung vorgestellt.

Von Holger Gutte
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Für den Bahnhof von Neusalza-Spremberg gibt es jetzt völlig neue Nutzungsvorschläge.
Für den Bahnhof von Neusalza-Spremberg gibt es jetzt völlig neue Nutzungsvorschläge. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Geht Neusalza-Spremberg mit seinem Bahnhof ganz neue Wege? Folgt die Stadt dem Konzept, das Innenarchitektin Petra Mattausch und Architekt Kim Oliver Gottschalk vom "Designerstall" aus Göda bei Bautzen jetzt auf der Stadtratssitzung vorgestellt haben, wäre das möglich.

"Es sind Gedanken und Entwürfe zum Bahnhof und gleichzeitig ist es eine Chance für eine Vorreiterrolle", sagt Petra Mattausch. Mal abgesehen von der B96 führen alle größeren Straßen in Neusalza-Spremberg zum Bahnhof. Es ist ein zentraler Ort der Stadt. Auf der Strecke zwischen Dresden und Zittau haben viele Bahnhöfe keine Aufgabe mehr. Warum sollte also nicht einer hervorstechen, von dem es nicht weit nach Zittau, nach Tschechien oder Dresden ist?

Die Stadt hat den Bahnhof schließlich gekauft, um ihn zu vermarkten. Jetzt geht es darum, wie sie das umsetzt. Ursprünglich war auch schon mal angedacht, den Bahnhof für Wohnungen auszubauen. Petra Mattausch und Kim Oliver Gottschalk empfehlen jetzt zwei Nutzungskonzepte. Eines, bei dem der Gebäudekomplex auf unterschiedliche Art für alle Altersgruppen offen steht und eine vorwiegend kulturelle Nutzung wie etwa für Künstler, Kreative, den Tourismus und Gastwohnungen.

Letztere favorisieren die beiden und haben sich mit ihrem Entwurf für ein Nutzungskonzept erst einmal darauf konzentriert.

So könnte der Gebäudekomplex ausgebaut werden

Ihr Konzept sieht vor, im Mittelflügel des Erdgeschosses die Wände rauszureißen und damit mehr Flexibilität zu schaffen. Der Mittelflügel könnte so als Saal, der auch teilbar wäre, für Veranstaltungen genutzt werden. Etwa 185 Plätze wären möglich. Das Erdgeschoss mit dem Ost- und Westflügel würde ebenso Platz bieten für eine Bühne, ein Café, Proberäume und WCs, einer Touristeninformation sowie einer Küche für Catering nebst Lager.

In einem der beiden Flügel empfehlen sie zudem einen Fahrstuhl. Das erste Obergeschoss wäre ideal für ein Atelier, drei Studios für Maler, Grafiker, Fotografen, Bildhauer, aber auch für Musiker, Tänzer, Schauspieler, Filmemacher oder Schriftsteller. Auch Räume für Workshops und Besprechungen, WCs und eine Teeküche sieht ihr Plan vor.

Und im zweiten Obergeschoss könnten sie sich Gastwohnungen für Künstler und eine Galerie oder Ausstellung vorstellen. An eine Ausstellungsfläche haben sie ebenso im Außenbereich gedacht, wo es zudem Sitzgelegenheiten vorm Café und einen kleinen Spielbereich gibt. Auch die Gleisseite des Gebäudekomplexes beziehen sie mit ein. In ihrem Modell ist das Vordach zum Bahnsteig verglast.

Den Bahnhof zu einer Marke machen

Neusalza-Spremberg müsse ihren Bahnhof zu einer Marke machen, rät Petra Mattausch. Der Bahnhof muss im Gespräch sein, Auffallen. "Kult.halt" nennen die Architekten ihn. "Und was macht ein Bahnhof, der keiner mehr ist", fragt die Innenarchitektin. "Blau." Und deswegen haben sie ihm schon mal die Marke "Kult.halt - ein Bahnhof macht blau!" gegeben.

Damit Kult.halt zu einer Marke wird, schlägt die Innenarchitektin vor, für das Projekt schon vorab eine Website, einen Social-Media- Auftritt und einen You-Tube-Channel zu erstellen. Noch aber sind das alles nur Ideen. Die Entscheidung über den Marken-Namen, wie auch über den Ausbau und die künftige Nutzung des Bahnhofes fällen natürlich die Stadträte. Der Entwurf des Büros könnte aber bahnbrechend und ein Orientierungspunkt sein. Genau das empfehlen die Macher vom "Designerstall" der Stadt Neusalza -Spremberg.

Das alles mussten die Stadträte jetzt erst einmal auf sich einwirken lassen. Die ersten spontanen Reaktionen auf das vorgeschlagene Nutzungskonzept vielen sehr unterschiedlich aus und reichten von beeindruckend bis irritiert über das Gehörte. "Ich bin erschrocken. Vor vier Wochen hieß es noch, heute geht es um die Sanierung des Bahnhofes. Ich frage mich, wie viel Kulturräume braucht Neusalza-Spremberg noch", sagte eine Stadträtin. Gleich mehrere Räte konnten dem Entwurf aber auch viel Positives abgewinnen.

"Jetzt alles erst einmal sacken lassen"

Bürgermeister Matthias Lehmann (CDU) sieht in dem Konzept, das ja erst einmal nur aus Ideen besteht, eine Chance für die Stadt. "Es soll ein Impuls sein, um zu zeigen, die Region hat Potenzial", sagt er. Fördermittel wären dafür über die Strukturförderung möglich - teilweise bis zu 90 Prozent.

"Wer heute zwischen Dresden und Zittau im Zug sitzt und die Bahnhöfe sieht, der wird abgeschreckt von der derzeitigen Situation", fügt er hinzu. Gerade diese Bahnstrecke wird aber an Bedeutung gewinnen. Die Bahn will sie elektrifizieren. Das macht sie für Reisende attraktiver. Von Dresden, Zittau oder Tschechien ist man dann schnell in Neusalza-Spremberg. Und die Bahn hat Matthias Lehmann auch bereits signalisiert, dass sie dabei auch das Gleis im Bahnhofsbereich etwas verlegen wird, um das Ein- und Aussteigen barrierefrei zu machen.

"Wir sollten jetzt alles erst einmal sacken lassen und weiter überlegen, was wir mit dem Bahnhof alles machen könnten", berichtet der Bürgermeister. Dazu will er noch einmal im nächsten Amtsblatt aufrufen. Auf der Internetseite der Stadt wird bereits zum Mitmachen für zukünftige Konzeptionen aufgerufen.

Mehr Nachrichten aus Löbau und Umland lesen Sie hier.

Mehr Nachrichten aus Zittau und Umland lesen Sie hier.

Sie wollen die wichtigsten Nachrichten aus Löbau und/oder Zittau direkt aufs Smartphone gesendet bekommen? Dann melden Sie sich für Push-Nachrichten an.

Sie wollen schon früh wissen, was gerade zwischen Oppach und Ostritz, Zittauer Gebirge und A4 passiert? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter "Löbau-Zittau kompakt".

Wer uns auf Social Media folgen will:

Sie haben Hinweise, Kritik oder Lob? Dann schreiben Sie uns per E-Mail an sz.loebau@sächsische.de oder sz.zittau@sächsische.de