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Kreis Görlitz: 30 Bürgermeister schreiben wegen leerer Kassen Brandbrief nach Dresden

Nach Wutbriefen einzelner Ortschefs wegen zu wenig Geld in ihrer Kasse gibt es nun einen gemeinsamen Appell an den Freistaat. Was die Bürgermeister fürchten und fordern.

Von Anja Beutler
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Die Kreisspitze kämpft mit Haushaltsproblemen (von rechts): Landrat Stephan Meyer, die Beigeordneten Thomas Gampe, Beigeordnete Martina Weber und Thomas Rublack.
Die Kreisspitze kämpft mit Haushaltsproblemen (von rechts): Landrat Stephan Meyer, die Beigeordneten Thomas Gampe, Beigeordnete Martina Weber und Thomas Rublack. © Martin Schneider

Mehr als 30 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus dem Landkreis Görlitz fordern in einem "Appell an die sächsische Staatsregierung" nicht nur dringende Korrekturen bei der finanziellen Ausstattung der Städte und Gemeinden, sondern auch ein damit verbundenes Umschwenken der Politik, um das Vertrauen der Menschen vor Ort nicht gänzlich zu verspielen. Das Schreiben, das unter anderem an den Ministerpräsidenten, den sächsischen Finanzminister und die Abgeordneten des Landtags gegangen ist, haben als Initiatoren Roland Höhne (Rosenbach), Markus Hallmann (Mittelherwigsdorf), Verena Hergenröder (Ebersbach-Neugersdorf), Frank Peuker (Großschönau), Torsten Pötzsch (Weißwasser), René Schöne (Kodersdorf), Markus Weise (Bernstadt) und Thomas Zenker (Zittau) unterzeichnet.

Sie verweisen in ihrem Appell ausdrücklich auf die Zusammenhänge zwischen der mangelhaften finanziellen Ausstattung der Kommunen und dem daraus resultierenden Unverständnis bei den Bürgern. Die Folge sei, dass sich "Bürgerinnen und Bürger überfordert und verständnislos abwenden, demokratische Prozesse anzweifeln, Meinungsfreiheit negieren und humanitäre Werte zusehends in Frage stellen". Dazu trage auch der "stetig offene Dauerwahlkampf in den Regierungskoalitionen" in Bund und Land bei. Dieser führe zu einer "Erosion der politischen Mitte hin zu radikalen antidemokratischen und antieuropäischen Positionen".

Haushaltsnot bei Kreis und Kommunen

Um das Vertrauen der Bürger wiederzuerlangen und den Kreis Görlitz im Strukturwandel zu stärken, brauche es endlich eine angemessene finanzielle Ausstattung der Kommunen. Aktuell stehe der Landkreis Görlitz "unmittelbar vor der Zahlungsunfähigkeit", was nicht an Missmanagement, sondern vor allem an strukturellen Defiziten bei chronischer Unterfinanzierung liege. Aus diesem Grund - so verweisen die Bürgermeister explizit - hatte sich der Kreistag 2021 einstimmig zu einer Klage gegen den Freistaat entschlossen.

Nun, zwei Jahre später, habe sich die Situation weiter verschärft. Zwar hat der Freistaat kurzfristig mehrere Millionen Euro für die klamme Kreiskasse aus einem Nottopf zugestanden. Das damit einhergehende, vom Freistaat geforderte Haushaltsstrukturkonzept für den Landkreis Görlitz, das der Kreistag bislang abgelehnt hat, könne an der Situation aber nichts nachhaltig ändern oder verbessern. Genau das sei aber dringend nötig. Denn nicht nur der Kreis bekommt seinen Haushalt nicht mehr zustande: Von den 52 Kommunen im Kreis hat in diesem Jahr ein Viertel ebenfalls noch keinen genehmigten Haushalt - im November. Neun weitere Kommunen befinden sich zudem in Haushaltskonsolidierung. Ein wichtiger Brocken in den Gemeindehaushalten ist dabei die Kreisumlage, die seit 2010 von 28 auf 36 Prozent gestiegen ist.

Personalmangel und überbordende Bürokratie

Hinzu kommen dabei noch Personalmangel oder immer neue bürokratische Anforderungen: Die Bundes- und Landespolitik neige dazu "uns Kommunen noch mehr kostenträchtige und ressourcenverschlingende Aufgaben zu übertragen", schildern die Bürgermeister in dem Appell. Die permanente Erhöhung sämtlicher Standards verteuere alles und lähme zudem jegliches Handeln.

Die Bürgermeister haben ihrem Appell vier Forderungen beigefügt: Neben einer, auf die Tarifentwicklung abgestimmten dynamischen Anpassung der Landeszuschüsse zum Kita-Betrieb fordern sie auch eine Entbürokratisierung wichtiger Förderprogramme statt immer neuer Wettbewerbe einzelner Ministerien. Zudem solle Sachsen einen stärkeren Einfluss auf Gesetzgebungsverfahren im Bund und bei der EU geltend machen - aus der Perspektive derjenigen, die es umsetzen müssen: der Kommunen. Der wichtigste Punkt ist und bleibt aber eine Verbesserung der Einnahmesituation in Sachsen: Städte und Gemeinden sollen einen größeren Anteil am Steueraufkommen und höhere allgemeine Zuweisungen erhalten.