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Nach tragischem Unfalltod: Letztes Geleit für bekannten Lehrer und Schulleiter

Der Herrnhuter Hans-Joachim Häschke ist Ende November bei einem Verkehrsunfall in Herrnhut ums Leben gekommen. Familie, ehemalige Kollegen und Freunde kamen zur bewegenden Trauerfeier.

Von Anja Beutler
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Der Trauerzug für den Lehrer und Schulleiter Hans-Joachim Häschke am Montagnachmittag in Herrnhut.
Der Trauerzug für den Lehrer und Schulleiter Hans-Joachim Häschke am Montagnachmittag in Herrnhut. © Matthias Weber/photoweber.de

Ein langer Trauerzug bewegt sich am frühen Montagnachmittag gemessenen Schrittes vom Herrnhuter Kirchensaal in Richtung Friedhof. An der Spitze ein heller Sarg, bunt bemalt und geschoben von fünf Männern und einer Frau. "So hat sich das mein Vater gewünscht", sagt Robby Häschke, "er wollte, dass seine Kinder, Enkel und Urenkel seinen Sarg bemalen und dass seine sechs Kinder ihn zur letzten Ruhe geleiten", erzählt er. Diesen Wunsch haben ihm die Häschke-Geschwister erfüllt. Dass sich dem Trauerzug aber nicht nur die Familie, sondern auch viele Wegbegleiter angeschlossen haben, lag vor allem daran, dass Hans-Joachim Häschke als Schulleiter und Lehrer bei vielen bekannt und geschätzt war.

Dass sein Tod nun so plötzlich und tragisch daherkommt, hätte dennoch niemand gedacht: Der 71-Jährige war am 27. November gegen 20.50 Uhr in Herrnhut unterwegs, als er auf der Straße - etwa in Höhe des Penny-Marktes - von einem Auto erfasst wurde und noch am Unfallort verstarb. Ob ein Sturz diesem Unfall vorausgegangen war oder der junge Autofahrer ihn übersehen und angefahren hat, werde ermittelt, teilte die Polizei damals dazu mit. Auf SZ-Anfrage war an diesem Montag allerdings nicht zu erfahren, ob die Ursachensuche bereits abgeschlossen ist.

Für die Hinterbliebenen und Trauernden war es so oder so schwer genug, dass sie sich nun in der Adventszeit treffen mussten, um Abschied zu nehmen. Denn gerade vor Weihnachten erinnern sich viele an die Begeisterung von "Achim" - wie ihn seine Bekannten nannten - für Dekoration. "Er war ein sehr engagierter und kreativer Kollege - die Weihnachtsdekoration der Schule war seine Initiative, vorher gab es da nichts", erinnert sich Hans-Jürgen Gerk, der frühere Schulleiter der Löbauer Pestalozzi-Oberschule. Als Häschke 1992/93 an seine Schule wechselte, stachelte er gleich Schüler und Lehrer an, das Schulhaus weihnachtlich zu dekorieren, er organisierte ein Weihnachtsprogramm und passende Projekte. Generell habe er das ganze Schulhaus auch außerhalb der Adventszeit einladend gestaltet, erinnert sich Gerk.

Hans-Joachim Häschke hatte sich gewünscht, dass seine Familie seinen Sarg bemalt.
Hans-Joachim Häschke hatte sich gewünscht, dass seine Familie seinen Sarg bemalt. © Matthias Weber/photoweber.de
Weil so viele Gäste erwartet wurden, hat sich die Brüdergemeine Herrnhut bereiterklärt, den Kirchensaal für die Trauernden zu öffnen - auch wenn es eine weltliche Trauerfeier war.
Weil so viele Gäste erwartet wurden, hat sich die Brüdergemeine Herrnhut bereiterklärt, den Kirchensaal für die Trauernden zu öffnen - auch wenn es eine weltliche Trauerfeier war. © Matthias Weber/photoweber.de

Sogar in der Partnerschule in Löbaus Partnerstadt Ettlingen war Häschke für diese Leidenschaft bekannt. Den Kontakt pflegte der Lehrer über die Jahre für die Schule, einmal fuhr er sogar mit einem kleinen Bus nach Baden-Württemberg, um das dortige Schulhaus festlich und weihnachtlich auszuschmücken. Basteln und werkeln waren ohnehin die Leidenschaften des Lehrers - auch zu Hause. Das Heim von ihm und seiner Frau Marina in der Oderwitzer Straße - kurz vor der Bahnbrücke vor der Sternemanufaktur - trägt ebenfalls seine Handschrift: Hühnerfiguren und Deko-Details sind schon immer ein Hingucker für Passanten gewesen. Vielleicht ist es dieses Gen, das auch seinen Sohn Rocco dazu motiviert hat, immer wieder seine Sammlung alter VWs in den vergangenen Jahren mit Lichtern in der Adventszeit zu dekorieren. Nur dieses Jahr verzichtet er auf den Lichterglanz - aus Trauer um den Vater.

Seinen Schülern hat Hans-Joachim Häschke allerdings ganz andere Fertigkeiten vermittelt als seine kreative Ader vermuten lässt: Hans-Joachim Häschke war Naturwissenschaftler, also ausgebildeter Mathe-, Physik- und Astronomielehrer. Seine Schullaufbahn begann 1973 in Herrnhut an der damals neuen Polytechnischen Oberschule. Dort übernahm er seine erste Klasse. Einige Schüler aus dieser Zeit hatten sich zur Trauerfeier angekündigt, hieß es - ebenso wie mehrere Kollegen aus seiner Berufszeit. Auch Herrnhuts Bäckermeister Gottfried Paul kannte Häschke noch aus seiner eigenen Schülerzeit und richtete sich auch an die Trauergemeinde.

Rund 200 Trauergäste nehmen Abschied

Nach seiner Zeit an der Herrnhuter POS wechselte Häschke später an die Ebersdorfer Schule, die er ebenfalls leitete. Der Wechsel an die Heinrich-Pestalozzi-Oberschule in Löbau erfolgte dann Anfang der 90er Jahre. "Er war durchaus ein kumpelhafter Typ, aber er genoss bei den Schülern viel Respekt", schätzt sein früherer Chef Hans-Jürgen Gerk ein, der selbst 2020 in den Ruhestand ging. Für einen Spaß war sich der Herrnhuter zudem nicht zu fein: Den Schulleiter meldete er gemeinsam mit einer Kollegin 2004 bei einer Radioshow an. Obwohl Gerk Rateshows wenig abgewinnen konnte, ließ er sich damals darauf ein und gewann.

Für die Schule war Hans-Joachim Häschke, der zuletzt gesundheitlich etwas angeschlagen war, auch noch nach seinem Ruhestand da. Er leitete nach der Jahrtausendwende im Rahmen des Ganztagsunterrichts noch die AG Schulhausgestaltung. Kein Wunder also, dass er mit seinem Tatendrang viele Menschen inspiriert und motiviert hat. Und weil es in Herrnhut keinen ausreichend großen Trauersaal gibt, gewährte die Herrnhuter Brüdergemeine der Familie die Nutzung des Kirchensaales, auch wenn es sich um eine weltliche Trauerfeier gehandelt hat. Brüdergemeine-Vorsteherin Andrea Kretschmer bestätigte dies auf SZ-Anfrage. Solche Ausnahmen wie in diesem Fall kämen selten, aber gelegentlich vor. Die Familie ist dafür sehr dankbar, konnten sie doch die Feier so persönlich und würdevoll mit rund 200 Freunden und Wegbegleitern gestalten.