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Als die Straßenbahn noch durch Meißen fuhr

Aus unserer Serie: „1.000 Jahre Meißener Stadtgeschichte“ Teil 5

Von Christiane Weikert
 5 Min.
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© Bild: © Brück & Sohn Kunstverlag, Meißen

Von 1899 bis 1936 ruckelte die Straßenbahn im 12-minuten-Takt gemütlich durch Meißen und und fuhr die Fahrgäste einmal quer durch die Stadt. Die Reisezeit betrug 23 min und begann am Bahnhof mit Kurs zum Buschbad. Auch gab es Fahrten, die an der Jaspisstraße im Triebischtal endeten. Ab 1900 bis 1967 wurde durch die Bahn auch der Güterverkehr bedient.

Wie alles begann

Im Juni 1898 schloß die Stadt einen Vertrag mit der Credit- und Sparbank Leipzig, der Union-Elektricitätswerks Gesellschaft in Berlin und einem Kaufmann über den Bau einer Straßenbahn und eines Elektrizitätswerkes in Meißen. Bereits ein Jahr später, am 13.12. konnte die 4,6 Kilometer lange eingleisige Strecke eröffnet werden. Die Fahrt begann am Bahnhof, vorbei am Kaisergarten (Kulturhaus Max Dietel) mit seiner wunderschönen Kolonnade (Säulengang), über die Altstadtbrücke in Richtung Altstadt. Weiter über den Heinrichsplatz in die Gerbergasse, Neugasse, Talstraße bis zur Endstation Buschbad.

Fahrt durch das Triebischtal
Fahrt durch das Triebischtal © Foto: © Brück & Sohn, Kunstverlag Meißen
Fahrt durch das Triebischtal
Fahrt durch das Triebischtal © Archivfoto: privat
Startpunkt: Bahnhof Meißen
Startpunkt: Bahnhof Meißen © Foto: privat

1900 Gründung der Meißener Straßenbahn AG

1900 wurde ein Konsortium aus den Vertragspartner gegründet und nannte sich fortan: Meißener Straßenbahn AG. 1917 veräußerte die AG den Betrieb an die Stadt, welche ihn 1929 an den Elektrizitätsverband Gröba für 15 Jahre verpachtete.

Nach dem ersten Weltkrieg und auch während des Krieges war Kleingeld und Münzmetalle überall knapp, da Sie für Kriegszwecke und für Munition eingeschmolzen worden. Das gängige Zahlungsmittel war Papiergeld.

Straßenbahnmünzen

Straßenbahnmünzen waren schon zu Zeiten der Pferdebahnen und Pferdeomnibusse im ausgehenden 19. Jahrhundert gebräuchlich, spielten dann aber insbesondere als Notgeld beziehungsweise Notmünzen während der starken Inflation in der Zwischenkriegszeit eine Rolle. Hierbei ersparten sich die Verkehrsunternehmen vor allem den ständigen Neudruck von Fahrkarten mit dem jeweils aktuellen Fahrpreis. In diesem Fall wurden die Straßenbahnmünzen ohne Nennwert ausgegeben, ersatzweise trugen sie Aufschriften wie „Gut für eine Fahrt“ oder „Gültig für eine Fahrt“. Klassische Straßenbahnmünzen bestanden meist aus günstigen Metallen, diesbezügliche Ausnahmen waren das sogenannte Porzellangeld der Straßenbahn Meißen von 1921.

Diese achteckigen Marken aus Metall gelten heute bei Sammlern als ganz besondere Rarität. Wo Sie hergestellt wurde ist bis heute nicht bekannt.

© Bild: Stadtarchiv Meißen

(Auszüge aus dem Text von Reiner Graff)

Für die Personenstraßenbahn fertigte die Porzellan-Manufaktur Anfang 1921, 30- und 50- Pfennigstücke an. In der Stadtverwaltung hieß es, dass das kein Notgeld, sondern Straßenbahngeld sei! Eingeführt wurden die Stücke offiziell am 5. Mai 1921.

Als «echtes» Straßenbahngeld, welches zur Benutzung der Meißner Straßenbahn berechtigte, wurde ausschließlich weißes Biskuitporzellan (30 und 50 Pfennig) akzeptiert. Die Stücke gab es aber auch motivgleich aus braunem Feinsteinzeug und waren Erwerbslosengeld. Die Münzentwürfe stammen von Emil Paul Börner von der Porzellan-Manufaktur und verschwanden ziemlich schnell aus dem Umlauf in Sammlerhände.

30 Milliarden Mark für eine Straßenbahnfahrt?

Das Straßenbahngeld war nur sehr kurz im Umlauf, denn schon bald waren sämtliche Stücke in Sammlerhänden, und die Nachfrage war weiterhin groß. Über die genaue Auflagenzahl kann bisher nur spekuliert werden. Es gibt unterschiedliche Angaben, aber kaum verlässliche Quellen. Es ist bekannt, dass das Straßenbahngeld auch noch später in Etuis und Tüten verpackt, an Sammler verkauft wurde. Die bald einsetzende Hochinflation hätte ohnehin das «Aus» für die beiden Stücke bedeutet. Am 20. November 1923 kostete eine Straßenbahnfahrt in Meißen bereits 30 Milliarden

Einschränkungen des Straßenbahnpersonenverkehrs

© Archivfoto: privat
© Foto: Stadtarchiv Meißen

Die alte Elbbrücke wurde 1934 abgebrochen und somit endete auch vorerst der Straßenbahnpersonenverkehr an der Elbstraße. Nach dem Neubau der Brücke erhielten die Betreiber keine Genehmigung, die Brücke zu befahren und der Bahnhof konnte nur noch mit den seit 1928 eingesetzten Omnibussen erreicht werden. Am 1. März 1936 endete offiziell der Personenverkehr.

Der Güterverkehr auf Schienen indes blieb, allerdings nahm der Verkehr in Meißen nach dem zweiten Weltkrieg zu und immer mehr und größere Lastwagen wurden eingesetzt. Für den PKW- und LKW-Verkehr waren die Straßenbahnen ein wahrer Horror, zumal die Bahn auch noch auf der verkehrten Straßenseite durch die engen und kurvenreichen Gassen der Stadt fuhr. Es kam vermehrt zu Unfällen.

Noch bis 1967 blieb der Güterverkehr in Betrieb und wurde erst am 31.12. eingestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt beförderten Sie noch knapp 6000 Eisenbahnwagen in die Stadt. Die letzte Fahrt der Meißner Straßenbahnlok fand am 8. April 1969 statt. Dann wurde Sie in das Verkehrsmuseum Dresden gebracht.

Und sie kam wieder zurück

Lok Nrummer 3
Lok Nrummer 3 © Foto: Archiv Claudia Hübschmann

Im Juni 2012 erhielt Meißen als Leihgabe des Museums die Lok Nr. 3 zurück und wurde in den Bauhof Meißen auf der Jaspisstraße 11 gebracht. 2014 wurde von einem Privatgrundstück in Keilbusch ein Triebwagen geborgen, der bis zu diesem Zeitpunkt als Schuppen gedient hatte. (SZ berichtete). Zahlreiche Details hatten überlebt.

© Foto: Archiv Claudia Hübschmann
© Foto: Archiv Claudia Hübschmann
© Foto: Archiv Claudia Hübschmann

Nun steht im Meißner Depot der Triebwagen Nummer 14 und die Güterwagenlok Nr. 3. Im August 2020 gab es einen neuen Beschluss der Stadträte, dass das Vorhaben, auf dem Gelände des städtischen Bauhofes im Triebischtal ein Straßenbahndepot bzw. eine Schauhalle zu errichten, nun verwirklicht werden soll. Das Klinkermauerwerk an der historischen Außenfassade und das Fensterglas sollen reparierte werden und ein neuer Eingangsbereich soll entstehen. Mit Fördermitteln soll dieses Vorhaben Ende diesen Jahres seinen Abschluss finden.

Wollen Sie nochmal mitfahren?

1930 zur Eröffnung der Filmburglichtspiele Neugasse 44 gedreht.

Viel Spaß beim mitfahren und nicht aus dem Fenster lehnen!