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"In den lustigen Gegenden von Meißen"

Eine neue Ausstellung im Stadtmuseum Meißen entführt die Gäste in eine Zeit, als ein Großteil der Stadt Meißen noch auf ein einziges Ölgemälde passte.

Von Andre Schramm
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Steffen Förster zeigt den ersten Elbland-Reiseführer anno 1769.
Steffen Förster zeigt den ersten Elbland-Reiseführer anno 1769. © Claudia Hübschmann

Meißen. Der Teddy ist längst fort. Was bleibt, ist ein breites Lächeln beim Museumspersonal, wenn sie an die Schau des Dresdners Lutz Reike denken. Über 7.000 große und kleine Besucher tauchten in die Welt der Plüschtiere und ihren Geschichten ein. Inzwischen geht der Blick im ehemaligen Franziskanerkloster nach vorn, genaugenommen eigentlich zurück. Denn ab Sonnabend öffnet die neue Ausstellung mit historischen Ansichten der Stadt und ihrer Umgebung. Titel: "Schönheiten der Natur in den lustigen Gegenden von Meißen". Lustige Gegenden? Das klingt nach Spaß.

"Der Titel der Schau stammt aus einem Büchlein von Carl Christoph Thiele aus dem 18. Jahrhundert. Damals verstand man lustig eher im Sinne von wohlgefällig", erzählt der amtierende Museumsleiter Steffen Förster, der die Idee zu der Sonderausstellung hatte. Thiele (1715-1799) war Porzellanmaler und Verleger. 1769 gab er ebenjenes Büchlein (Originaltitel: „Schönheiten der Natur in den lustigen Gegenden von Meißen bis Dresden") heraus. Das 124-seitige Werk war vermutlich der erste Reiseführer entlang der Elbe.

Darin zeigen zehn Kupferstiche die landschaftlichen Schönheiten von Meißen bis Dresden-Briesnitz und Kaditz. Nicht nur das. Der Reiseführer ist einer der wenigen gereimten Reiseführer überhaupt. Erzählt wird, dass diese ungewöhnliche Schrift auch den Fremdenverkehr in unserer Stadt ankurbelte.

  • Zeitraum: 23. März bis 3. November. Termine: 27. März und 23. Oktober, jeweils 17 Uhr, Führung in der Sonderausstellung; 19. Mai 2024, ganztägig, Internationaler Museumstag; 26. Juni und 31. Juli, jeweils 10 Uhr, Familienführung "Meißen von Aalkorb bis Zwiebelmuster". Eintritt 5 Euro (ermäßigt 3 Euro).

Einer der ältesten Stadtansichten Sachsens

Dass es heute noch so viele Gemälde mit Stadtansichten gibt, ist der großen Kunstszene in Meißen zu verdanken. Etwa zwei Drittel der Werke in der Sonderausstellung stammen von Manufakturisten. Die Exponate aus dem Bestand des Stadtmuseums werden durch Leihgaben aus der Porzellansammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, der Meissen-Porzellan-Stiftung GmbH, der Albrechtsburg, dem Stadtarchiv Meißen und privaten Leihgebern ergänzt.

Das älteste Kunstwerk ist auf das Jahr 1558 datiert. Der Fürstenschullehrer, Geograf und Humanist Hiob Magdeburg (1518-1595) hatte die Stadt bildlich dargestellt. Das Gemälde ist aufgrund seines Alters allerdings sehr dunkel. Wer alles erfassen möchte, muss den Standort beim Betrachten mehrmals ändern. Auch die Perspektiven entsprechen nicht unseren heutigen Sehgewohnheiten. Damals lag der Fokus vor allem darin, die Stadt in ihrer Funktionalität mit ihrem baulichen „Inventar“ zu zeigen. Es ist heute eine der ältesten erhaltenen Stadtansichten Sachsens. Richtig schön wurde es erst im 18. Jahrhundert, als viele Manufakturisten ausströmten. Das Triebischtal, so erzählt Förster, sei sehr beliebt gewesen.

Grüne Oase in der Neugasse

Niederfähre, Cölln, Siebeneichen – häufig ertappt sich der Betrachter dabei, dass er versucht, entweder den Standort des Malers oder das Motiv dem Meißen der Gegenwart zuzuordnen. Das klingt leichter, als es ist. Es gibt aber auch ein paar Überraschungen. Zum Beispiel die Neugasse. Sie zeigte sich noch zur Mitte des 19. Jahrhunderts total grün. Manchmal wurde auch getrickst. So ist es beispielsweise auf dem Titelmotiv Carl Beichling aus dem Jahr 1866. Es zeigt den Hohlweg und auf der anderen Elbseite auf gleicher Höhe die Knorre. Vor allem der Detailreichtum einiger Werke beeindruckt.

Blick in die Neugasse. Das Gemälde stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Blick in die Neugasse. Das Gemälde stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. © Claudia Hübschmann

Für Stadtmarketingchef Christian Friedel passt Försters Idee wunderbar zum Jahresmotto. Für dieses Jahr wurde der Slogan "natürlich schön!" ausgerufen. 2023 war es "einfallsreich". Damals war die Görnische Gasse zu Besuch im Stadtmuseum. "Möglicherweise entwickelt sich daraus eine kleine Tradition", so Friedel. Im Zusammenhang mit der neuen Sonderausstellung konnten auch sieben Gemälde restauriert werden. Neben Bildern auf Leinwänden zeigt die Schau auch Motive auf Porzellan. Außerdem können die Besucherinnen und Besucher die „lustigen Gegenden von Meißen“ in zwei historischen Filmen von 1929 und 1956 in bewegten Bildern erleben.