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Ein Klipphausener Gemeinderat schätzt Haftungsrisiko zu hoch ein

Klipphausen will ein Bürgerkraftwerk bauen. Ein ehemaliger Aufsichtsrat der dafür zuständigen kommunalen GmbH fürchtet Haftung mit Privatvermögen.

Von Uta Büttner
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Klipphausens Gemeinderat Karl Sternberger will Risiken der neuen kommunalen GmbH nicht eingehen.
Klipphausens Gemeinderat Karl Sternberger will Risiken der neuen kommunalen GmbH nicht eingehen. © Claudia Hübschmann

Klipphausen. Die Gemeinde Klipphausen will in das Geschäft der erneuerbaren Energien einsteigen. Eigens dafür wurde im November vorigen Jahres die Neuausrichtung der Kommunalentwicklungsgesellschaft mbH (KEG), die ein 100-prozentiges Unternehmen der Gemeinde ist, beschlossen.

Bürgermeister Mirko Knöfel (parteilos) zeigte sich sehr erfreut und meinte, „die Gemeinde ist jetzt in der Lage, Anlagen für die Erzeugung von grünem Strom selbst zu bauen, und zu betreiben und den Strom als lokales Stromprodukt anzubieten.“ Zudem informierte er, „leider habe ich in den letzten drei Jahren die Erfahrung machen müssen, dass viele Unternehmen der Branche zwar von kommunaler Partnerschaft und Teilhabe sprechen, aber nur das Geschäft und die Gewinne im Sinn haben. Der Mensch steht fast nie im Mittelpunkt. Mit der 100-prozentigen Gesellschaft der Gemeinde nehmen wir das Heft selbst in die Hand – im Sinne der Bürger und nicht des Geldes wegen.“

Ziel seien Anlagen im Eigentum der Gemeinde und der Bürger. Langfristig könne damit die energetische Unabhängigkeit erreicht werden und lokal erzeugter Strom sei über attraktive Tarife beziehbar.

Erste Zweifel wegen Geldsummen

Klingt alles nach einem hervorragenden Plan, dennoch gab es von Beginn an warnende Stimmen aus dem Gemeinderat und den Ortschaftsräten. Und nun hat Gemeinderat Karl Sternberger (Grüne) sein Mandat als Aufsichtsratsmitglied der KEG niedergelegt. Er möchte für die Gesellschaft keine Verantwortung mehr tragen.

Zur Vorgeschichte: Nach den vergangenen Kommunalwahlen wurden verschiedenste Ämter vergeben, die durch Gemeinderäte zu besetzen waren. Eines davon war ein Sitz im siebenköpfigen Aufsichtsrat der KEG, die zu dem damaligen Zeitpunkt aufgelöst werden sollte. Dann entschied sich die Gemeinde, die Liquidation zu stoppen und sie mit neuen Aufgabenfeldern neu auszurichten. Mögliche Themen wäre vielleicht Trink- und Abwasser gewesen, meint Sternberger.

Doch als er hörte, dass es um den gemeindlichen Einstieg in erneuerbare Energien ging und er von den Geldsummen erfuhr, „die da bewegt werden sollen“, habe er schon erste Zweifel gehabt. Vornehmlich machen ihm dabei Haftungsrisiken Sorgen. So könne es auch passieren, „dass ich als Aufsichtsrat mit meinem Privatvermögen hafte“, sagt er. Die Gründe dafür können vielfältig sein. Denn der Aufsichtsrat habe nicht nur eine beratende Funktion, sondern eine Kontrollfunktion.

Sind sich die Aufsichtsräte der Haftungsrisiken bewusst?

Wie diese Haftung aussieht, ist von dem Aufgabengebiet des Aufsichtsrates abhängig. Und die sind bei der KEG sehr weitreichend, unter anderem die Anstellung des Geschäftsführers sowie die Prüfung des Jahresabschlusses. Auch hat der Aufsichtsrat dem durch den Geschäftsführer aufgestelltem Wirtschaftsplan, verschiedensten Verträgen oder Kreditaufnahmen zuzustimmen.

Kommen die Aufsichtsräte nicht ihren Pflichten nach und der Gesellschaft entsteht dadurch ein Schaden, können sie dafür haften. Zum Beispiel, wenn sie ihrer Aufgabe der Überwachung der Geschäftsführung nicht nachkommen. Allein der Punkt, dass Knöfel weder als Geschäftsführer noch im Energiesektor Erfahrung habe, bereite Sternberger Sorgen.

Auch Knöfels vor kurzem gerügtes, falsches Verhalten bezüglich der Einberufung einer Einwohnerversammlung als Bürgermeister, die aber am Ende eine Veranstaltung der KEG war, ließe Sternberger an der Kompetenz Knöfels als KEG-Geschäftsführer zweifeln. Drastisch sagt Sternberger, „schon bei der Auswahl des Briefpapiers scheitert es.“

"Mir fehlt das Wissen und die Zeit"

Auf SZ-Nachfrage beim Rechts- und Kommunalamt (RKA) bezüglich der Vermischung beider Funktionen teilte dieses mit, es sei nicht zulässig gewesen, „dass Herr Knöfel als Bürgermeister zu der Veranstaltung auf dem Kopfbogen der Gemeinde eingeladen hat und die Veranstaltung mit Einwohnerversammlung überschrieben hat. Dadurch erweckte er den Eindruck, es würde sich um eine Veranstaltung der Gemeinde handeln.“

Die Frage, ob das RKA einen Rechtskonflikt sehe, wenn Mirko Knöfel in Funktion seines Amtes als Bürgermeister einlädt, aber als Geschäftsführer der KEG auftritt, beantwortete das Amt nicht.

Im Zusammenhang mit der Haftung haben Aufsichtsräte auch zu beachten, dass sie verpflichtet sind, sich zeitnah nach ihrer Bestellung die Kenntnisse anzueignen, um ihrer Aufgabe zur Überwachung und Prüfung nachkommen zu können. Und auch eine Stimmenthaltung kann mitunter zur Schadensersatzpflicht führen, da man durch Nichthandeln seiner Überwachungspflicht nicht nachkommt.

Aufgrund all dieser Punkte sehe sich Sternberger nicht in der Lage, die Aufgaben eines Aufsichtsrates ordnungsgemäß auszuüben, „mir fehlt das Wissen und auch die Zeit, mich damit zu beschäftigen.“ Er glaube, dass viele der anderen Aufsichtsräte sich der Verantwortung und Haftungsfragen nicht bewusst sind.