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Trotz höherer Mehrwertsteuer: "Die Leute lassen sich das Essengehen nicht nehmen"

Die Mehrheit der Gastronomen hebt mit der Wiedereinführung der alten Mehrwertsteuer auch die Preise an. Die Gäste kommen trotzdem, aber seltener und bestellen weniger.

Von Beate Erler
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Leere Sitzplätze im Freibereich eines Restaurants auf dem Anger in Radebeul-Altkötzschenbroda. Wie schlimm steht es wirklich um die Gastronomie im Kreis?
Leere Sitzplätze im Freibereich eines Restaurants auf dem Anger in Radebeul-Altkötzschenbroda. Wie schlimm steht es wirklich um die Gastronomie im Kreis? © Norbert Millauer (Symbolbild)

Landkreis. Momentan ist im Restaurant Fuchshöhl in Meißen noch Saure-Gurken-Zeit, sagt Maria Multani, Mitarbeiterin im Restaurant und Frau von Inhaber Nishan Multani. Mit der Wiedereinführung der alten Mehrwertsteuer von 19 Prozent habe das aber nichts zu tun. „Anfang des Jahres haben wir immer einen Umsatzeinbruch“, sagt sie, „die Feiertage sind vorbei, es kommen weniger Touristen und es ist einfach noch keine Hochsaison.“

Das Paar betreibt das indische Restaurant in der Altstadt unterhalb der Albrechtsburg seit 15 Jahren. Dass die Mehrwertsteuer wieder in alte Höhen klettert, damit haben sie gerechnet. „Und die Leute reagieren natürlich verunsichert, weil sie denken, dass jetzt alle Restaurants die Preise noch einmal anheben“, sagt sie.

Doch im Fuchshöhl ist das in diesem Jahr noch nicht der Fall. „Wir haben die Preise nicht erhöht, denn vor der Coronakrise lag die Mehrwertsteuer ja auch bei 19 Prozent.“ Allerdings mussten sie die Preise aufgrund der allgemeinen Teuerungen im vergangenen Jahr bereits anpassen. „Ein Hauptgericht kostet seitdem im Schnitt zwei Euro mehr.“ Die Mittagsangebote in der Woche sind aber mit neun bis elf Euro gleich geblieben.

Gäste kommen vielleicht seltener

Seit dem 1. Januar liegt die Mehrwertsteuer in der Gastronomie wieder bei 19 Prozent. Im Sommer 2020 hatte die Bundesregierung, aufgrund der Coronakrise, eine Absenkung auf sieben Prozent beschlossen. Ganze dreieinhalb Jahre profitierte die Branche davon. Trotzdem weisen Gastronomen und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) auf die größten Herausforderungen, neben der Steuererhöhung, hin: steigende Personalkosten sowie höhere Kosten für Lebensmittel und Energie.

Mit der höheren Mehrwertsteuer will der Staat etwa drei Milliarden Euro mehr einnehmen. Außerdem gebe es für die Subventionierung der Gastronomie keine Grundlage mehr, die in der Coronakrise noch gerechtfertigt war. Die Gastrobranche sei auf die Erhöhung vorbereitet und hätte die Preise bereits angehoben. Im letzten Jahr war das Essengehen um ein Fünftel teuer als im Jahr 2021, so das Statistische Bundesamt.

Ob sie mit ihrer Kalkulation hinkommen, wird sich erst im Laufe des Jahres zeigen, sagt Maria Multani. „Wir haben zwar viele Stammgäste, aber vielleicht kommen die in Zukunft statt zweimal im Monat nur noch einmal.“ Das größte Problem für sie ist aber nicht die Steuererhöhung, sondern das Personal. Schon lange suchen sie immer wieder nach Verstärkung. „Wir finden niemanden und ich habe das Gefühl, dass niemand mehr in der Gastro arbeiten will.“

Leute lassen sich das Essengehen nicht nehmen

Der Dehoga fordert weiterhin, dass Essen in Deutschland einheitlich mit sieben Prozent besteuert wird. So sind Lieferdienste von der Erhöhung ausgenommen und zahlen nach wie vor nur sieben Prozent. Um die genauen Auswirkungen zu sehen, sei es aber noch zu früh. "Unsere Unternehmen merken jedoch schon, dass die Durchschnittsumsätze pro Gast zurückgegangen sind", sagt der Geschäftsführer der Dehoga Sachsen e.V., Axel Klein. „Es wird halt auf das zweite Glas Wein oder die Flasche Wein verzichtet“, sagt er.

Im Café Bellini in Radebeul-Ost kann auch Annegret Riedel noch keine richtigen Aussagen zur Mehrwertsteuererhöhung machen. Ihr Geschäft geht erst im Frühling und Sommer richtig los. „Die Leute werden sich das Essengehen aber nicht nehmen lassen“, vermutet sie. Zumindest in Radebeul, wo die Kaufkraft da ist, macht sie sich da keine Sorgen. Vielleicht kommen die Gäste seltener und entscheiden sich nicht für den Eisbecher, sondern nur für ein paar Kugeln Eis in der Waffel.

Doch auch ihr größtes Problem ist das Personal. Sie hat Anzeigen in allen Online-Portalen geschaltet. An ihrem Café hängt seit langer Zeit ein Aushang, aber niemand meldet sich. „Ich suche jemanden in Vollzeit für Küche und Service“, sagt sie. Im letzten Jahr hat Annegret Riedel ihre Preise für Eisbecher und Kuchen nicht angehoben. Aber jetzt bleibt ihr keine andere Wahl, sagt sie.

Laut Dehoga haben in Sachsen bereits 75 Prozent der Gastronomen ihre Preise zum 1. Januar erhöht. Etwa 11 Prozent planen die Erhöhung noch im ersten Quartal und sechs Prozent im Laufe des Jahres. Nur drei Prozent wollen ihre Preise nicht anheben.