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Gutachter: Falschbewertung von Moritzburger Grundstück ein Systemfehler

Ein Moritzburger Grundeigentümer findet Gleichgesinnte im Kampf gegen Fehlbewertungen bei der Grundsteuer. Inzwischen machen ihm Gerichte Hoffnung.

Von Ulf Mallek
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Hat wieder mehr Hoffnung: Grundeigentümer Torsten Küllig auf seinem Gartengrundstück in Moritzburg, das vom Finanzamt als Bauland ausgewiesen wurde.
Hat wieder mehr Hoffnung: Grundeigentümer Torsten Küllig auf seinem Gartengrundstück in Moritzburg, das vom Finanzamt als Bauland ausgewiesen wurde. © Matthias Schumann

Der Moritzburger Grundeigentümer, der nach dem Willen des Finanzamtes statt 40 Euro bald etwa 2.500 Euro Grundsteuer im Jahr zahlen soll, sammelt Mitstreiter um sich. „Mich haben schon fünf Gleichgesinnte angeschrieben“, sagte Torsten Küllig. So auch ein Nünchritzer Eigentümer von 780 Quadratmeter Gartenland in zweiter Reihe, das nicht bebaut werden darf. Es wurde vom Finanzamt jetzt als Bauland eingestuft und die Grundsteuer wird sich wohl verdreißigfachen. „Wir kämpfen um unser Recht“, sagte Küllig.

Immer offensichtlicher wird dabei die Ursache der augenscheinlichen Fehlbewertungen: Es sind die Bodenrichtwerte. Irrte auch der Gutachterausschuss des Landkreises Meißen? Bewertet er die Grundstücke falsch und das Finanzamt übernimmt diese fehlerhaften Bewertungen?

Ein struktureller und systemischer Fehler

Nein, erklärt Andreas Kunze, Sachverständiger für Immobilienbewertung und Mitglied im Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. In dem Fall des Grundstückes von Torsten Küllig habe der Gutachterausschuss überhaupt keine Bewertung dieses Einzelgrundstücks vorgenommen. Der Gutachterausschuss hat lediglich einen Bodenrichtwert für ein Gebiet abgeleitet, in dem sich das betreffende Grundstück befindet. Der Bodenrichtwert sei ein durchschnittlicher Lagewert, der für die Mehrheit des Grundstücks in der Bodenrichtwertzone gilt. In dieser Bodenrichtwertzone kann es auch Grundstücke geben, „deren wertbeeinflussende Merkmale von denen des Bodenrichtwertgrundstückes abweichen“.

Kunze: „Leider ist es so, dass die Finanzverwaltung diese bewertungsmethodischen Erfordernisse nicht berücksichtigt.“ Der Gesetzgeber habe für die Ermittlung der Grundsteuerwerte ein Massenverfahren festgelegt, welches die Bodenrichtwerte ohne Berücksichtigung der den Verkehrswert beeinflussenden Besonderheiten anwendet. Dies soll eine vereinfachte Durchführung des Verfahrens ermöglichen, führt aber teilweise zu einer Benachteiligung von Grundstückseigentümern.

„Die Ursache dafür ist aber nicht beim örtlichen Gutachterausschuss zu suchen, sondern liegt in den von der Finanzverwaltung aufgestellten Regularien der Grundsteuerermittlung“, so Gutachter Kunze. Es handelt sich auch um einen strukturellen und systemischen Fehler.

Hoffnung aus Rheinland-Pfalz

Ob und wie das Problem im Augenblick lösbar sei, entziehe sich der Kenntnis des Sachverständigen Kunze. In der Praxis werde allgemein darauf gebaut, dass zum nächsten Hauptfeststellungszeitpunkt am 1. Januar 2029 eine Lösung herbeigeführt werde.

Das wird Torsten Küllig zu lange dauern. Er hofft auf die Verfassungsbeschwerde des Augsburger Jura-Professors Gregor Kirchhoff, der in der ungenauen Erfassung der Bodenrichtwerte ein großes Problem sieht.

Zudem machen zwei aktuelle Gerichtsurteile aus Rheinland-Pfalz den Betroffenen wieder Hoffnung. Dort setzte das oberste Finanzgericht zwei Grundsteuerwertbescheide wegen ernster Zweifel an der Rechtsmäßigkeit außer Kraft. Rheinland-Pfalz verschickt deshalb jetzt keine Grundsteuerbescheide mehr. Trotz eines anders lautenden Urteils des sächsischen Finanzgerichts von Anfang November wachsen deutlich die Chancen, dass die neue Grundsteuer vor dem Verfassungsgericht zu Fall gebracht werden kann.