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"Wirtschaftlich ist Covid ein Desaster"

Doch die Elblandkliniken Meißen werden diese Zeit überstehen, sagt Vorstand Frank Ohi. Er sagt auch, weshalb er nach Dresden ans Uniklinikum wechselt.

Von Ulf Mallek
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Frank Yuji Ohi ist seit sieben Jahren und neun Monaten Chef der Elblandkliniken. Jetzt wechselt er seinen Job. Ohi stammt aus der Region Frankfurt/M., sein Vater hat japanische Wurzeln.
Frank Yuji Ohi ist seit sieben Jahren und neun Monaten Chef der Elblandkliniken. Jetzt wechselt er seinen Job. Ohi stammt aus der Region Frankfurt/M., sein Vater hat japanische Wurzeln. © Claudia Hübschmann

Herr Ohi, weshalb möchten Sie als Kaufmännischer Vorstand an das Uniklinikum Dresden wechseln? Macht Ihnen die Arbeit in Meißen keinen Spaß mehr?

Die Arbeit in Meißen macht mir weiterhin sehr viel Spaß. Wir sind eine große und wirtschaftlich erfolgreiche Klinik-Gruppe, und ich bin stolz darauf, hier arbeiten zu dürfen. Doch so eine Chance, in einem der besten Krankenhäuser Deutschlands arbeiten zu können, bekommt man nur einmal im Leben. Wenn ich nach Dresden gehe, bin ich ja nicht aus der Welt. Unsere Häuser sind schon jetzt eng verbunden. Ich wechsele gern zum Uniklinikum, doch mir fällt der Abschied auch schwer. Ich war elf Jahre in Meißen. Das ist für einen Krankenhaus-Manager eine vergleichsweise sehr lange Zeit.

Wann werden Sie gehen?

Darüber wird noch gesprochen. Der Wechsel soll im Laufe des Jahres 2021 stattfinden.

Wer wird Ihr Nachfolger in Meißen? Haben Sie darauf Einfluss?

Einfluss habe ich nicht darauf. Das obliegt dem Gesellschafter, dem Landkreis Meißen. Bestenfalls könnte ich Ratschläge geben, wenn man mich fragt. Ich bin mir sicher, dass da eine gute Lösung gefunden wird.

Sie haben gute Erfahrungen als alleiniger Vorstand gemacht. Falls der Landkreis jetzt wieder zwei Vorstände an der Spitze haben möchte, fänden Sie das gut?

Ich war jetzt sieben Jahre alleiniger Vorstand, aber habe ja nicht alle Entscheidungen allein getroffen, sondern im Team. Wenn ich jetzt zur Uniklinik gehe, gibt es dort ja auch eine Zweier-Kombination, einen medizinischen und einen kaufmännischen Vorstand. Das wird in jedem Fall auch funktionieren. Es hängt immer von den handelnden Personen ab.

Sie sind im Uniklinikum dann der zweite Mann hinter Professor Michael Albrecht, dem medizinischen Vorstand. Sie müssen sich unterordnen, was Sie ja nicht gewöhnt sind, oder?

Dieses System funktioniert am Uniklinikum schon länger. Ich sehe da kein Problem für mich. Ich kenne Professor Albrecht sehr gut und habe mit ihm schon verschiedene Projekte durchgeführt. Professor Albrecht hat eine hohe Kompetenz und ein breites Netzwerk, damit ist er prädestiniert als Sprecher des Vorstands. Ich sehe den Vorstand als gemeinsames Gremium, um das Unternehmen nach vorn zu bringen.

Es war die Rede von einem gesplitteten Job, dass Sie sowohl in Dresden als Kaufmännischer Vorstand arbeiten als auch in Meißen – zumindest etwas eingeschränkt – weiter arbeiten. Diese Idee ist wohl vom Tisch, oder?

Grundsätzlich gab es diese Idee. Aber Vorstand an beiden Standorten wird nicht weiter verfolgt.

Sie gehören jetzt schon zu den bestbezahlten Managern im Landkreis Meißen. Stimmt es, dass sich Ihr Gehalt in Dresden deutlich erhöhen wird?

Nein, ich werde in Dresden nicht mehr verdienen als jetzt. Ich mach das nicht wegen des Geldes.

Die Elblandkliniken Meißen arbeiten schon jetzt eng mit dem Uniklinikum Dresden zusammen. Im Dezember überschritt die Mitarbeiteranzahl in der Klinik-Gruppe im Landkreis Meißen zum ersten Mal die Marke von 3.000.
Die Elblandkliniken Meißen arbeiten schon jetzt eng mit dem Uniklinikum Dresden zusammen. Im Dezember überschritt die Mitarbeiteranzahl in der Klinik-Gruppe im Landkreis Meißen zum ersten Mal die Marke von 3.000. © Claudia Hübschmann

Wie haben Sie es geschafft, die großen Probleme, die Ihnen 2013 Ihre Vorgänger hinterlassen haben, in recht kurzer Frist zu lösen?

Ich glaube, dass wir damals erkannt haben: Wir brauchen einen neuen Kurs. Und dieser Kurs heißt nicht, Sparen, bis es nicht mehr geht, sondern: Investieren in die Zukunft. Das heißt vor allem, Investieren ins Personal, denn ein Krankenhaus lebt vor allem von seinen Ärzten und Pflegern. Dann haben wir uns von teuren Projekten, wie der Betreibung des Domherrenhofs, getrennt und alle Bauprojekte überarbeitet. Im Bereich der Verwaltung haben wir Personal abgebaut und allein im Bereich Geschäftsführung mehrere Hunderttausend Euro pro Jahr eingespart. Ausgegliederte Bereiche, wie die Essensversorgung, haben wir zurückgeholt. In relativ kurzer Zeit, nach etwa einem Jahr, schafften wir es wieder in die schwarzen Zahlen. Das Vertrauen der Patienten und niedergelassenen Ärzte zurückzugewinnen, das beschädigte Image des Krankenhauses wieder zu verbessern, dies hat etwas länger gedauert. Aber wir haben es ebenfalls geschafft.

Dieses Jahr wird sicher wirtschaftlich ein schwieriges. Wie wirkt sich die Pandemie auf Ihr Jahresergebnis 2020 aus?

Wirtschaftlich ist Covid für uns ein Desaster. Corona-Patienten bleiben relativ lange bei uns und erfordern etwa den dreifachen Aufwand eines normalen Patienten. Wir können also viel weniger Patienten behandeln. Da wir aber wirtschaftlich stark genug sind, werden wir dieses Jahr überstehen.

Stimmt es, dass Sie den Mitarbeitern einen Corona-Bonus ausgezahlt haben und andere Krankenhäuser Ihnen erst dann gefolgt sind?

Wir waren einer der Ersten, die den Corona-Bonus von 500 Euro an jeden Mitarbeiter ausgezahlt haben. Verdi hat uns danach als Beispiel für andere Kliniken angegeben. Die Entscheidung kostete uns 1,2 Millionen Euro. Doch dieses Dankeschön haben alle Mitarbeiter verdient, nicht nur jene, die mit Covid-Patienten zu tun hatten.

Wie weit sind Sie noch von Ihrer Kapazitätsgrenze bei der stationären Aufnahme von Corona-Patienten entfernt?

Wir sind jeden Tag an unserer Kapazitätsgrenze. Wir müssen ständig schauen, wie viel Personal steht uns noch zur Verfügung. Natürlich bleibt unser Personal von Corona-Erkrankungen nicht verschont. Bis jetzt haben wir es immer geschafft, alle Patienten bei uns unterzubringen, indem wir neue Möglichkeiten schaffen. Zum Beispiel in Radebeul, wo jetzt auch Covid-Patienten behandelt werden. Zusätzlich erhalten wir Patienten aus anderen Landkreisen und Bundesländern, beispielsweise aus Süd-Brandenburg.

Was genau sind Ihre Prognosen? Wann gehen die Fallzahlen und damit die stationären Aufnahmen sowie Todesfälle wieder zurück?

Wenn ich das wüsste. Ich hoffe, dass wir in den nächsten Wochen einen Umkehrpunkt erreichen. Bis dahin werden wir aber mit weiteren Anstiegen der Fallzahlen rechnen müssen.

Hat die Politik, haben im Grunde wir alle nicht viel Zeit im Sommer versäumt?

Nein, wir als Elblandkliniken haben den Sommer genutzt, auch wenn wir keine Covid-Patienten hier hatten. Wir haben Material angeschafft, Pandemie-Lager aufgebaut. Wir haben Personal eingestellt, vor allem Intensiv-Personal. Inzwischen sind bei uns exakt 3.004 Mitarbeiter beschäftigt. Wir haben das Labor für die Tests ausgerüstet. Jetzt schaffen wir 500 Tests am Tag.

Sie haben beim Besuch des Ministerpräsidenten am Montag gesagt, auch unter dem Klinik-Personal gebe es Corona-Leugner und Sie würden auch Exempel statuieren. Was genau meinen Sie damit?

Tatsächlich gab es unter Mitarbeitern vereinzelt noch die Ansicht, dass Maske tragen nicht notwendig sei. Wir haben aber ein festes Hygienekonzept im Haus, an das sich alle halten, vom Vorstand bis zu jedem einzelnen Mitarbeiter. Denjenigen, die meinten, sie bräuchten die Maske nicht, denen haben wir gesagt: Aber bitte nicht hier bei uns. Wir haben Verantwortung für Patienten, dürfen sie nicht gefährden. Diese Meinungen sind zwar Ausnahmen, aber es verwundert schon, dass es sie in einem Krankenhaus überhaupt gibt. Wir gucken darüber nicht hinweg, sondern gehen arbeitsrechtlich dagegen vor.

Möchten Sie zum Abschluss Ihrer Zeit in Meißen noch etwas loswerden?

Wie gut wir hier im Landkreis Meißen gearbeitet haben, hätte ich mir nie vorstellen können. Wir hatten auf der Gesellschafter- und Führungsebene eine offene, ehrliche Atmosphäre. Das hat sich in die Belegschaft hinein gespiegelt. Mir waren nicht die Zahlen am wichtigsten, sondern die gemeinsame Arbeit. Das hat uns den Erfolg gebracht.

Das Gespräch führte Ulf Mallek.

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