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Meißner Poller sind Stolperfallen

Die Pfeiler sollen mehr Sicherheit für Autofahrer und Fußgänger bringen. Doch für Sehschwache und Blinde sind sie ein Problem.

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Die Mützen erregen Aufsehen. Genau das ist auch der Zweck. Mitglieder des Blinden- und Sehbehindertenverbandes machen am Freitag in Meißen Poller sicherer.
Die Mützen erregen Aufsehen. Genau das ist auch der Zweck. Mitglieder des Blinden- und Sehbehindertenverbandes machen am Freitag in Meißen Poller sicherer. © Claudia Hübschmann

Meißen. Die Mützen erregen Aufsehen. Genau das ist auch der Zweck. Mit dem rot-weiß geringelten Überzieher heben sich die grauen Säulen deutlich besser vom grauen Untergrund des Meißner Rossmarktes ab. "Es fehlt bei Pollern sehr häufig der Kontrast", sagt Eva Prinz von der Kreisorganisation des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Sachsen (BSV). Je schwächer das Augenlicht, umso wichtiger wird es, dass sich Hindernisse auf dem Weg deutlich erkennen lassen. Sonst werden die Poller zu Stolperfallen und können schwere Unfälle nach sich ziehen.

Andreas Schneider, der an diesem Freitagvormittag mit seinem Blindenhund aus Diera-Zehren nach Meißen gekommen ist, ergänzt die Perspektive der Blinden. Der Hund erkenne zwar gewöhnlich den Poller. Ohne diesen Helfer könne es allerdings schwer werden, den gefahrlosen Weg zu finden.

Beate Glöckner, die ihre sehbehinderte Mutter begleitet, kann nicht nachvollziehen, wozu die Poller überhaupt benötigt würden. Diese sollten dazu dienen, Fußgänger vom Autoverkehr abzugrenzen. Wenn Autofahrer sich an die Straßenverkehrsordnung hielten, seien solche zusätzlichen Hinweise eigentlich nicht nötig, argumentiert Beate Glöckner. Die Meißner ruft sie auf, aktiver auf Sehbehinderte und Blinde zuzugehen. Es gehe darum, von selbst Hilfe in schwierigen Verkehrssituationen anzubieten, ohne dabei das Recht auf ein selbst bestimmtes Dasein zu verletzen.

Die Aktion des Meißner BSV hat einen ernsten Hintergrund. Unfälle passieren häufig, weil Hindernisse sich nicht kontrastreich von ihrem Umfeld abheben. Graue Poller auf Gehwegen werden dann zur Gefahr – insbesondere für Menschen mit Seheinschränkung. Der DBSV hat deshalb Anfang Juni seine Mitgliedsorganisationen und -einrichtungen zu einer bundesweiten Aktion aufgerufen, die vom Wollhersteller Schachenmayr unterstützt wird. Sehbehinderte Menschen in rund 90 Orten beteiligten sich daran und meldeten ihre jeweilige Pollermützenaktion der Zentrale.

Nach Zahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO gibt es mehr als eine Million sehbehinderte Menschen in Deutschland. Um auf die Bedürfnisse dieser Menschen aufmerksam zu machen, hat der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband im Jahr 1998 einen eigenen Aktionstag eingeführt: den Sehbehindertentag (www.sehbehindertentag.de). Er findet jedes Jahr am 6. Juni zu einem bestimmten Thema statt. Weil der 6. Juni 2021 auf einen Sonntag fällt, wird in diesem Jahr der Zeitraum vom 1. bis zum 11. Juni für Aktionen genutzt.