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Sonnige Versprechungen der Solarbranche - Das sagt ein Meißner Experte

Ein Hauseigentümer aus Radebeul will bei der Energiewende helfen und PV-Module aufs Dach bringen. Doch er verzweifelt am intransparenten Markt.

Von Ulf Mallek
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Hier zum Beispiel ist weniger Platz für Solarmodule: Ein Walmdach im Radebeuler Neubaugebiet Waldstraße.
Hier zum Beispiel ist weniger Platz für Solarmodule: Ein Walmdach im Radebeuler Neubaugebiet Waldstraße. © Arvid Müller

Immer mehr Solar-Module auf den Dächern im Neubaugebiet. Herr K. aus Radebeul ist fest entschlossen: Wir müssen da mithalten. Die Energiewende benötigt Hausbesitzer mit freier Dachfläche. Solar geht uns alle an. Selbst wenn die Ehefrau skeptisch bleibt, Herr K. möchte sein Walmdach mit Photovoltaik-Modulen bestücken und so langfristig Stromgeld sparen.

Anders als bei anderen mehr oder weniger gelungenen Bauprojekten am Haus (wie Schuppen und Carport), möchte er diesmal gründlich und strukturiert vorgehen. Herr K. hat die Möglichkeiten dazu, denn er ist in Altersteilzeit. Er liest sich ins Thema ein und verabredet sich mit den verschiedenen Anbietern per Videocall. Zudem hat er einen guten Bekannten, den Meißner Solarexperten Christian Micksch, der für ihn Angebote fachlich bewertet. Was da am Ende herauskam, Herr K. hätte es nicht erwartet.

Trotz der Dachfenster ist bei diesem Radebeuler Satteldach mehr Platz für Solar.
Trotz der Dachfenster ist bei diesem Radebeuler Satteldach mehr Platz für Solar. © Arvid Müller

Sein Haus hat ein Walmdach, was nicht so günstig für Solarmodule ist, weil es weniger Platz bietet als ein Satteldach. Außerdem blockieren zwei große Solarthermiemodule für Warmwasser die lukrative Südseite. Es gibt unterschiedliche Angaben der Anbieter, ob trotzdem PV-Module dort Platz finden. Die meisten sagen nein. So geht es am Ende um 16 Module, je acht nach Osten und Westen, sowie einen Speicher. Auf eine Wallbox möchte er zunächst verzichten. Die Familie hat kein E-Auto. Und los geht es.

Nur leidlich transparent und teuer: Zolar

Die junge Dame der überregionalen Firma Zolar macht einen ziemlich coolen Eindruck. Man kann in ihren Terminplan schauen, alle 20 Minuten ein Meeting. Offenbar geht es rund in der Branche. Die Anlage mit den 16 Modulen (7,04 kWp) und einem großen Stromspeicher von 9,6 kWh soll knapp 18.000 Euro kosten. Immerhin, Herr K. hat Zugriff auf einen Online-Konfigurator und kann damit herumspielen. Dabei stellt er fest, dass ein Modul über 300 Euro kostet (mit Einbau), auf dem Markt bekommt man es vielleicht für 60 Euro. In vielen Tabellen berechnet Zolar bei einer Stromerzeugung von 5.673 kWh im Jahr und einem Verbrauch von 3.500 kWh monatliche Stromkosten von nur noch 13 Euro (Netzbezug 33 Euro statt 111, plus Einspeisevergütung von 20 Euro).

Der Meißner Solarpionier Christian Micksch bewertet das Angebot als nicht gut. Inzwischen kostet das Material nach einem starken Preisverfall durch Überproduktion in China vielleicht nur noch 6.000 Euro. Zudem sind die Wirtschaftlichkeitsberechnungen zweifelhaft. Zolar geht von einem Eigenverbrauch durch die Sonne von 77 Prozent aus. Das ist entschieden zu viel. Fazit: Nur leidlich transparent und viel zu teuer.

Auch sehr teuer: Klarsolar

Klarsolar ist ein weiterer überregionaler Anbieter (neuerdings eine Tochter des Stromkonzerns Eon), der ebenfalls auf Verkauf und Marketing getrimmt ist. Sehr gute übersichtliche Website (das haben aber nahezu alle großen Anbieter) mit Slogans wie diesen: "PV-Anlage in drei Minuten konfigurieren". Im Call hörte Herr K., dass Klarsolar sehr professionell sei. Am Ende kam etwa der gleiche Preis wie bei Zolar heraus: 17.900 Euro. Es gibt auch eine Webapplikation, die bei Klarsolar connect heißt. Die ist aber in der fortgeschrittenen Stufe nur ein halbes Jahr lang kostenfrei, danach kostet sie 4,90 Euro im Monat.

Christian Micksch schüttelt über das schriftliche Angebot den Kopf. Hinter all den detailliert aufgelisteten Positionen steht immer: 0 Euro. Am Ende nur eine Gesamtsumme. Sehr intransparent. Die Eigenverbrauchsquote ist mit 63 Prozent angesetzt. Wie man darauf kommt: Fehlanzeige. Aber immerhin: Zolar landet ja sogar bei 77 Prozent. Micksch: "Es wird einfach hin und her getrickst, um zu einem optisch guten Ergebnis zu kommen." Klarsolar sagt aber, dass sie das Angebot nachbessern möchten.

Intransparent und noch teurer: Enpal

Enpal ist aktuell der Marktführer in Sachen Solar. Er übertrifft alle Erwartungen. Vor allem negativ. Doch zunächst einmal das Positive: Nach einem - aus der Sicht von Herrn K. - mehr oder weniger gelungen Videocall mit einem Verkäufer kommt tatsächlich ein Techniker ins Haus. Der Mann wirkt sehr kompetent und gibt sich alle Mühe. Steigt sogar aufs Dach, inspiziert die Dachziegel, suchte die Erdung und beschäftigte sich intensiv mit dem Zählerschrank. Das macht einen sehr positiven Eindruck auf Herrn K. Leider schlägt der ins Gegenteil um, als der Enpal-Bauleiter anruft und den Preis nennt: 27.500 Euro, weit über allen bisherigen Angeboten und ganz weit weg vom reellen Preis.

Schriftlich erhält Herr K. nur eine Präsentation, wie toll die Solartechnik von Enpal ist. Ohne Preisangaben. Den hohen Preis begründet die Firma mit Inklusivleistungen wie Versicherung, intelligentem Energiemanagementsystem und 16 Cent statt 8,2 Einspeisevergütung für zwei Jahre. Herr K. hat das kurz hochgerechnet: Das sind Zusatzeinnahmen von deutlich weniger als 1.000 Euro in zwei Jahren, die Versicherung kostet bei dieser kleinen Anlage unter 100 Euro im Jahr. Christian Micksch: "Über dieses Angebot brauchen wir nicht reden."

Große Ziele, aber ebenfalls sehr teuer: 1,5Grad

1Komma5Grad ist wie Enpal ein Start-up, beide sollen bereits Unicorns sein, haben also einen Firmenwert von über eine Milliarde Euro erreicht. Die Mercedesse unter den Solarfirmen. Herrn K. war vor dem Gespräch klar, dass diese Firma teuer sein wird. Aber immerhin, sie hat große Ziele. Sie sieht in dynamischen Stromtarifen die Zukunft, was Herr K. auch so sieht. Also Einkauf, wenn der Strom an der Börse billig ist, und vielleicht sogar Verkauf, wenn er teuer ist. Das aber kostet eine Gebühr. Tatsächlich bewegte sich das Angebot von 1Komma5Grad im Bereich von Zolar. Herr K. lehnte dankend ab.

Aus der erweiterten Region, aber teuer: EKD Solar

Die Leipziger Firma Energiekonzept kennt Herr K. schon. Mit einem Vertreter hat er vorigen Sommer schon mal gesprochen, da rief der junge Mann rund 32.000 Euro auf. Jetzt sind es nur noch etwa 19.000. Offensichtlich ist der Markt in Bewegung. Herr K. merkte es daran, dass er plötzlich viele Anrufe erhält. Der eine Anbieter führt plötzlich einen begrenzten Frühlingsrabatt von 30 Prozent ein, der andere will ihm mehrere Tausend Euro erlassen, wenn man einem Werbefoto zustimmt. Ein ganz neuer Anbieter sagt, er könne die Anlage für unter 10.000 Euro errichten. Herr K. ist endgültig verwirrt. Was nur ist los in dieser Branche?

Experte Christian Micksch setzt inzwischen auf Eigenbau. Er tauscht seine über 20 Jahre alte 2,4 kW Anlage mit einer 4,7 kW auf der gleichen Fläche. Das geht dank des höheren Wirkungsgrades heutiger Anlagen. Die Module kauft er im Internet. Und Herr K.? Er sucht weiter. Vielleicht einen Handwerker aus der Region?