SZ + Sport
Merken

Schwerter-Pokal in Meißen: Aufbruchstimmung bei den Hebern

Beim Pokal der Blauen Schwerter in Meißen stehen drei Deutsche auf dem Podium. Wichtiger noch als der Erfolg ist ein Signal, das von dem Gewichtheber-Event ausgeht.

Von Daniel Klein
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Amelie Hörner hob beim Pokal der Blauen Schwerter Bestleistung und war von der Stimmung begeistert.
Amelie Hörner hob beim Pokal der Blauen Schwerter Bestleistung und war von der Stimmung begeistert. © www.loesel-photographie.de

Meißen. Ein wenig beeilen muss sich Amelie Hörner schon. Nach ihrem eigenen Auftritt auf der Heberbühne geht es noch schnell zum Duschen, dann wartet schon der Zweitjob. Mit Kopfhörer und Mikro sitzt die 20-Jährige, die aus Neumark in Bayern stammt und in Berlin trainiert, vor einem Monitor und kommentiert für Sportdeutschland.TV die Versuche im Reißen und Stoßen der Konkurrenz. Die Gewichtheberin hat mehrere Talente.

Hörner ist zum ersten Mal in Meißen beim Pokal der Blauen Schwerter. „Ich hatte natürlich im Vorfeld gehört, dass die Stimmung super sein soll. Aber ob morgens um zehn Uhr schon Leute in die Halle kommen – da hatte ich so meine Bedenken“, sagt sie. Die werden schnell zerstreut. Das Publikum ist pünktlich, schon bei der Vormittags-Veranstaltung, der ersten von drei am Samstag, sind die Reihen gut gefüllt, am frühen Abend dann ist keiner der 380 Plätze mehr frei. Hallensprecher Marc Huster, der als Heber zwei olympische Silbermedaillen gewann, schafft mühelos, dass es noch lauter wird als ohnehin schon. Angefeuert werden alle 35 Athleten aus zwölf Ländern.

Der Ire Sean Brown stellte einen neuen Landesrekord auf und freute sich.
Der Ire Sean Brown stellte einen neuen Landesrekord auf und freute sich. © www.loesel-photographie.de

„Die Stimmung ist super, einmalig“, schwärmt Hobby-Kommentatorin Hörner, die sehr gerne wiederkommen würde. Mit dem Gesamtsieg hat die Neunte der vergangenen Junioren-EM allerdings trotz einer persönlichen Bestleistung nichts zu tun. Den Pokal, traditionell von der Meißner Porzellanmanufaktur gesponsert, gewinnt Nico Müller (Obrigheim) vor Raphel Friedrich (Rodewisch) und Roberto Gutu (Samswegen). Das Podest ist kurz vor 20 Uhr komplett in deutscher Hand.

Für ihre Premiere in Meißen hat sich Hörner einen ganz besonderen Jahrgang ausgesucht: 50 Jahre Schwerter-Pokal – wobei das nicht ganz stimmt. Das Jubiläum hätte eigentlich schon 2021 gefeiert werden müssen, da fiel die Party aber wegen Corona aus. Bereits von 1995 bis 2012 pausierte die Traditionsveranstaltung, was in erster Linie am Geld lag, ein bisschen aber auch an der Sportart. Die galt auf internationaler und vor allem osteuropäischer Ebene als dopingverseucht, eine korrupte Weltverbandsspitze vertuschte Fälle. Sogar das komplette Olympia-Aus droht nun.

Im September sollten Neuwahlen einen Neuanfang einläuten. Doch 40 Prozent der alten Funktionäre sitzen weiter in den Gremien. Florian Sperl, der Präsident des deutschen Verbandes, will sich davon nicht entmutigen lassen und spricht zumindest national von „einer Aufbruchstimmung“. Vor wenigen Tagen erst wurde die 70 Punkte umfassende Agenda 2028 verabschiedet. „Wir wollen die Tradition des Gewichthebens mit der Moderne verknüpfen, in den Medien präsenter werden“, erklärt der CSU-Politiker. Ein erstes Gespräch habe er mit dem Sportkoordinator der ARD bereits geführt.

Ein weiteres Ziel ist die Aufnahme ins Programm der Finals, bei dem mehrere Sportarten an einem Wochenende ihre deutschen Meisterschaften an einem Ort austragen. 2024 soll Dresden der Gastgeber sein. „Und ich möchte eine EM nach Deutschland holen“, sagt Sperl.

Der Schwerter-Pokal ist quasi eine Mini-EM, alle zwölf Nationen kommen aus Europa. Auch in Meißen sehnt man sich nach einer Aufbruchstimmung, vor allem unter den Organisatoren. „Sieben, acht Leute bilden den harten Kern des Organisationsteams, und wir sind alle Rentner“, erzählt Michael Hennig, mit 67 Jahren der Jüngste in der Runde. Nachwuchs wird dringend gesucht. Auf sportlicher Ebene gibt es bereits einen ersten Erfolg zu vermelden: Mit dem 19-jährigen Lucas Müller trat das erste Mal seit dem Neustart 2012 wieder ein Meißner auf die Bühne. „Wir machen das alles, um Nachwuchs zu gewinnen“, sagt Organisationschef Hennig. Und Landestrainer Thomas Faselt ergänzt: „Es ist wichtig, dass die Talente ihre Vorbilder mal live sehen können.“

Die Gewichte standen in Meißen im Mittelpunkt und mussten oft gewechselt werden.
Die Gewichte standen in Meißen im Mittelpunkt und mussten oft gewechselt werden. © www.loesel-photographie.de

Den Wettkampf zu stemmen, ist allerdings nicht einfach – vor allem den Etat „im mittleren fünfstelligen Bereich“, wie es Hennig formuliert. „Die Sponsoren waren nach der zweijährigen Corona-Pause zurückhaltender, wir hatten mehr Mühe, sie zu überzeugen.“ Am Samstag kümmern sich 50 Helfer um Athleten, Zuschauer und den reibungslosen Ablauf.

Der Aufwand hat sich gelohnt. „Die Qualität war sehr gut, die Atmosphäre super“, bilanziert Verbandspräsident Sperl. Der Pokal passt offenbar bestens ins Aufbruchsprogramm. Und für Amelie Hörner ist Meißen die perfekte Generalprobe für ihre letzte EM als Jurorin.