SZ + Meißen
Merken

Unter Landwirten und Unternehmern herrscht Ratlosigkeit

Bei einem von der CDU Klipphausen organisierten Bürgergespräch mit Landwirten kamen die Probleme auf den Tisch. Doch Klarheit über Lösungen gab es nicht.

Von Uta Büttner
 6 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Bei einem von der CDU eingeladenem Bürgergespräch in Klipphausen zum Thema Bauernproteste wurden die Probleme klar formuliert.
Bei einem von der CDU eingeladenem Bürgergespräch in Klipphausen zum Thema Bauernproteste wurden die Probleme klar formuliert. © privat

Klipphausen. Was ist aus den Bauernprotesten geworden? Schwelt es im Untergrund weiter oder sind Themen wirklich angepackt worden? Gibt es erste Lösungsansätze? Mit der Hoffnung auf Antworten hatte die CDU-Ortsgruppe Klipphausen am Donnerstagabend in den Groitzscher Hof eingeladen. CDU-Landtagsabgeordnete Daniela Kuge hatte dafür Georg-Ludwig von Breitenbuch eingeladen, der als Mitglied im sächsischen Umwelt- und Landwirtschaftsausschuss aus der Landespolitik berichtete. Er ist auch Landwirt und somit unmittelbar von den Problemen betroffen und meinte, „man kann mit einer Branche nicht so umgehen, wie damit umgegangen wird.“ Die Entwicklung dahin gebe es schon länger, doch fairerweise müsse man auch zugeben, dass die CDU einen Anteil daran habe, äußerte er bezüglich seiner Partei selbstkritisch.

Generell sei von Breitenbuch mit der Agrarpolitik nicht zufrieden. „Man muss wissen, was brauchen die Betriebe, welche Rahmenbedingungen, und wo muss es hingehen.“ Aktuell wisse das niemand mehr. Er kritisierte zudem, dass in Sachen Bürokratie in Deutschland auf die EU-Vorgaben immer noch etwas draufgelegt werde und diese dann auch noch ganz anders behandelt werden würden als zum Beispiel in Frankreich, Italien oder gar Griechenland.

Landwirte: „Wir haben das studiert, wir wissen, was wir machen.“

Auf Nachfrage eines Interessierten erläuterte Landwirt und Klipphausener Gemeinderat Stefan Stelzmann, welche Folgen es habe, wenn zum Beispiel der Weizen mit 20 Prozent weniger Stickstoff, als er eigentlich braucht, nur gedüngt werden darf. „Wir bekommen keine Backqualität mehr, weil das Eiweiß fehlt. Dann kann der nur noch als Futter vermarktet werden.“ Die andere Konsequenz, „wenn ich die Pflanzen nicht mit genügend Nährstoffen versorge, hat es zur Folge, dass die Böden perspektivisch auslaugen.“ Die Dänen seien aus diesem Grund davon inzwischen wieder abgekommen.

Zudem sagte von Breitenbuch, dass die Meinungen sehr auseinandergehen würden, inwieweit die Landwirtschaft mit ihrer Arbeit auf dem Boden für die zu hohen Nitratwerte im Grundwasser heute verantwortlich sei. „Manche Prozesse dauern so lange, das hängt nicht unmittelbar zusammen.“ So könnte eher eine mögliche Überdüngung von vor 30 Jahren der Grund dafür sein.

Landwirt Wolfgang Grübler, Vorstand und ehemaliger Chef des Agrarunternehmens Lommatzscher Pflege, berichtete, dass die Landwirtschaft auf wissenschaftlicher Basis arbeiten. Dennoch werde den Landwirten heute gesagt, sie würden alles falsch machen, „da brauche ich doch nicht mehr studieren.“

Ein weiteres Problem stelle aktuell das importierte, deutlich günstigere und qualitativ schlechtere Getreide aus der Ukraine dar, „dass um Welten schlechter ist als das, was wir normalerweise hier verarbeiten. Wenn die Landwirte solches Getreide hier ernten würden, das würde gar keiner abnehmen.“ Dadurch fallen die Preise, womit die Landwirte nun zu kämpfen haben.

Thoralf Schmidtgen aus Barnitz – selbst CDU-Mitglied, wie er betonte – sagte, dass viele Probleme bereits begannen, „als die CDU das Zepter in der Hand hatte.“ Mittlerweile bekomme man mit, dass nur ein ganz kleiner Teil der Interessen der Bevölkerung umgesetzt werde, „aber wir werden zunehmend – völlig egal, ob in der Landwirtschaft oder in landwirtschaftsnahen Bereichen oder auch im ganz normalen Gewerbe – mehr Restriktionen ausgesetzt. Wir haben viel mehr mit Verboten zu tun. Und jeder, der vernünftig denkt und Fachwissen hat, wird sinnlos eingegrenzt, wohingegen ideologisch geprägte Ansätze den Vormarsch haben.“ Er erwarte, dass es eine konsequente Kehrtwende gibt, „die auch laut politisch geäußert wird.“

Von Breitenbuch: "Es gibt Zeiten, in der sich eine Gesellschaft irrt."

Selbstkritisch zur eigenen Partei habe von Breitenbuch bezüglich der Energiewende mit dem schnellen Atom- und dann Kohleausstieg gehadert. „Auch die CDU hat sich dabei in einer Blase befunden, die spätestens mit dem Krieg geplatzt ist.“ In der Blase habe man sich eingerichtet. „Wir mit unserem sächsischen Realismus aus der Provinz sind dagegen angerannt, haben versucht innerparteiliche Dinge anzuregen, sind auch nicht durchgekommen.“ Er glaube, es gebe Zeiten, in denen sich eine Gesellschaft irrt. Die Frage sei jetzt: „Wie korrigieren wir es? Wie machen wir diese Kehrtwende? Und wie entschlossen machen wir das jetzt auch? Ich bin sehr dafür, dass wir es entschlossen machen.“

Und wie will die Politik diese Kehrtwende hinbekommen, wollte Landwirt Andreas Bartsch wissen. Von Breitenbuch sagte, dass seine Begeisterung begrenzt gewesen sei, als die Grünen das Landwirtschaftsministerium in Sachsen bekamen. „Ich leide seit fünf Jahren an dieser Situation und versuche, das Schlimmste zu verhindern.“ Zunächst dachte er, man müsse mit den Grünen die Dinge ausdiskutieren und gemeinsam eine Lösung finden. „Über die Zeit dieser Legislatur habe ich festgestellt, das geht mit denen nicht.“

Marlene Schmick: „Wir sind eher achselzuckend raus“

Marcus Thiel aus dem Nossener Ortsteil Ziegenhain leitet ein mittelständiges Unternehmen, das vom Landmaschinenhandel lebt. Er mache sich Sorgen um den Mittelstand. „Der war lange Zeit das Rückgrat für Deutschland. Wir alle haben heute sehr sachlich diskutiert. Doch mir persönlich fehlt auch bei der CDU der Ausblick, was wir aktuell ganz schnell hinkriegen, damit nicht das, was wir alle in den letzten 30 Jahren hier aufgebaut haben, von Leuten, die von den Themen keine Ahnung haben, aber ideologisch unterwegs sind, kaputt gemacht wird.“

Thiel appellierte an die Abgeordneten: „Tun Sie mir einen Gefallen, überzeugen Sie uns. Was macht die CDU besser, damit wir ein gutes Gefühl haben, Sie zu wählen.“ Nach der Veranstaltung sagte er, „ich habe eine Hilflosigkeit gefühlt, wie man die CDU wieder in ein richtiges Licht rücken kann, sodass der Wähler wieder vertrauen kann.“

Organisatorin Daniela Menzel resümierte: „Ich bin dankbar über die positive Diskussionsstimmung. Es waren in großer Zahl wahrlich nicht nur Sympathisanten der CDU anwesend. Und unsere Landwirte können Klartext reden“, betonte sie und ergänzte, das konnte an diesem Abend deutlich erlebt werden. „Der Austausch untereinander war jedoch geprägt von einem ehrlichen, aber auch respektvollen Umgang miteinander.“ Auch Kuge lobte, „es war ein konstruktiver Abend mit einer offenen, fachlich sehr fundierten Diskussion.“

Aber mit Aufbruchstimmung in Richtung Kehrtwende sind die Teilnehmer nicht nach Hause gegangen. „Wir sind eher achselzuckend raus“, sagte Marlene Schmick aus Ullendorf. Mit ihrem Mann Hermann betreibt sie seit 30 Jahren einen Landwirtschaftsbetrieb. Denn die Liste der Verbote, Restriktionen, zusätzlicher Auflagen und unverständlicher Aktionen seitens der Politik ist lang und gehe auch schon auf die CDU-Bundesregierung zurück. „Die Landwirtschaft ist bereit für Veränderungen, aber sie müssen machbar sein“, betonte sie. Zumindest sei es gut, im Gespräch zu sein, „wir würden auch wieder zu so einer Veranstaltung hingehen.“