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Görlitz: Vater und Sohn sanieren schon das dritte Gebäude in der gleichen Straße

Frank und Matthias Jäkel sind aus der Großstadt zurückgekehrt. In der James-von-Moltke-Straße 30 bauen sie sowohl Mietwohnungen als auch möblierte Apartments.

Von Ingo Kramer
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Matthias Jäkel (links) und sein Vater Frank stehen im Dachgeschoss der James-von-Moltke-Straße 30. Hier entsteht bis Sommer 2024 eine große Vierraumwohnung mit Westbalkon und zwei Bädern. Die ist sogar noch zu haben.
Matthias Jäkel (links) und sein Vater Frank stehen im Dachgeschoss der James-von-Moltke-Straße 30. Hier entsteht bis Sommer 2024 eine große Vierraumwohnung mit Westbalkon und zwei Bädern. Die ist sogar noch zu haben. © Martin Schneider

Vor zehn Jahren, sagt Frank Jäkel, wollte in der James-von-Moltke-Straße keine Bank eine Haussanierung finanzieren: „Für die Banken war das eine No-go-Area.“ Der Ruf war schlecht, hinzu kamen handfeste Probleme der Neuzeit, sagt Sohn Matthias: „Internet- und Handyempfang waren ganz schlecht.“ Er ist überzeugt: „Görlitz hätte sich sicher anders entwickelt, wenn überall schnelles Internet dagewesen wäre.“

Familie Jäkel entschied sich damals trotzdem für die James-von-Moltke-Straße – und kaufte das Haus Nummer 46. „Wir brauchten ein Gebäude, in dem wir Wohnung und Geschäft unterkriegen“, sagt der heute 64-jährige Vater. Hier habe alles gepasst: das Haus selbst, die Straße, die zentrale Lage. Matthias Jäkel hat zudem einen Bezug zu der Gegend: „Meine Urgroßeltern mütterlicherseits haben in der Emmerichstraße gewohnt, also direkt um die Ecke.“

Die James-von-Moltke-Straße 30 ist eingerüstet, die Nummer 29 (links daneben) schon fertig.
Die James-von-Moltke-Straße 30 ist eingerüstet, die Nummer 29 (links daneben) schon fertig. © Martin Schneider

Der 39-Jährige wurde in Berlin geboren, hat 20 Jahre dort gewohnt, aber die Ferien immer in Niesky-See verbracht, woher die Familie väterlicherseits stammte. Vor 16 Jahren kehrten die Jäkels zurück. Und vor zehn Jahren zog Matthias Jäkel schließlich nach Görlitz: in die James-von-Moltke-Straße 46. Den Autoverkehr fand er nie schwierig: „In Berlin ist der Verkehr ein ganz anderer.“ Abends sei die James-von-Moltke-Straße eine ruhige, wenig befahrene Straße. Statt Probleme zu sehen, schätzt er die Vorzüge der Straße – in erster Linie die kurzen Wege, zum Beispiel für die Kinder zur Schule, aber auch zum Bahnhof, zum Theater, in die Altstadt, zur Brauerei, zur Obermühle und über die neue Blockhausbrücke auch zum Berzdorfer See. „Wenn man mal in der Großstadt oder auf dem Land gewohnt hat, lernt man das sehr schnell zu schätzen“, sagt Matthias Jäkel.

Vater lebt weiterhin in Niesky

Beruflich ist er im Projektmanagement für mittelständische Firmen tätig, kümmert sich um Marketing, Kundenbindung, Risikoanalyse und Sicherheitskonzepte. „Das kann man alles von Görlitz aus machen, dafür muss man nicht in der Großstadt sein“, sagt er. Sein Vater ist Sprachmittler und lebt nach wie vor in Niesky.

Er suchte später noch ein Haus für seinen zweiten Sohn – und wurde erneut in der James-von-Moltke-Straße fündig: Er kaufte die Nummer 29 und begann vor vier Jahren mit der Sanierung. Der zweite Sohn nutzt das Gebäude jetzt mit seiner Familie als Einfamilienhaus, aber es ist so angelegt, dass Teile auch vermietet werden könnten.

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Dass die Jäkels jetzt mit der Nummer 30 noch ein drittes Haus sanieren, war eigentlich nicht geplant. „Der damalige Besitzer wollte es verkaufen und ist auf uns zugekommen, weil uns das Nachbarhaus gehört“, sagt Matthias Jäkel. Sie hätten sich das lange überlegt – vor allem, weil die Nummer 30 so eine riesige, offene Hofdurchfahrt ohne Tor hat. Nach Prüfung der Finanzen haben sie sich schließlich für den Kauf entschieden und im vorigen Sommer mit der Sanierung begonnen.

Die Fassade der James-von-Moltke-Straße 30 ist besonders reich verziert.
Die Fassade der James-von-Moltke-Straße 30 ist besonders reich verziert. © Martin Schneider

Die Jäkels mögen einfach die alten Häuser – und die Nummer 30 ist mit ihrer detailreich verzierten Fassade und den figürlichen Darstellungen ein ganz besonderes Gebäude. „Wir wollen so viel wie möglich erhalten“, sagt Frank Jäkel: „Einfach, weil es unsere Lebenseinstellung ist.“ Das Haus habe es verdient, behutsam saniert zu werden. Sein Sohn ergänzt, dass es toll sei, ein Teil der Geschichte dieser Häuser zu sein.

Für die Sanierung lassen sie sich Zeit, erst in einem Jahr soll das Haus fertig sein: „Übereilen bringt nichts.“ Geduld sei nötig, auch Zeit, um Entscheidungen überdenken zu können. Gleichzeitig müsse das Haus atmen: „Die Feuchtigkeit muss raus.“ Sie hätten wunderbare regionale Baufirmen gefunden, die eine gute Arbeit machen.

Die alten Dielen bleiben drin

Die alten Dielen bleiben ebenso drin wie die meisten Innenwände. Nur eine große Veränderung gibt es: Jede Wohnung erhält ein Bad mit Fenster, die großen Wohnungen sogar zwei Bäder mit Fenster. Darunter ist ein Bad mit Dusche und Waschmaschine und eines mit Dusche und Wanne. „Für jedes Bad haben wir einen Raum geopfert“, sagt Matthias Jäkel. Nach hinten raus erhalten die Wohnungen große Balkone. Sie sind nach Westen ausgerichtet, wo ein großer Nussbaum Schatten spendet.

Im Erdgeschoss entsteht eine 80-Quadratmeter-Wohnung, im ersten Stock eine Einraum- und eine Zweiraum-Wohnung. Alle drei sollen als möblierte Apartments vermietet werden. Firmen können sie für ein paar Wochen oder gleich für ein halbes Jahr anmieten. „Ich weiß, dass es dafür Bedarf gibt“, sagt Matthias Jäkel. Dabei denkt er nicht unbedingt an das Deutsche Zentrum für Astrophysik (DZA), das um die Ecke entstehen soll: „Als wir angefangen haben, war an das DZA noch nicht zu denken.“ Stattdessen habe er das Casus-Institut, Senckenberg und die vielen Görlitzer IT-Firmen auf dem Schirm. Und es gebe immer wieder Großprojekte, für die Ingenieure drei bis sechs Monate lang hier sind.

Im zweiten Stock und unter dem Dach hingegen entstehen jeweils eine 125 bis 130 Quadratmeter große Vierraum-Wohnung. Beide sollen ganz normal als Mietwohnungen angeboten werden – mit sehr gehobener Ausstattung zu entsprechenden Preisen. Auch dafür gibt es in Görlitz Bedarf. Weil das Haus aber erst nächsten Sommer fertig wird und die Mietpreise noch nicht feststehen, haben sie mit der Mietersuche noch nicht begonnen. Aber Vater und Sohn sind sich sicher: Es werden sich Mieter finden. Die Straße ist keine No-go-Area mehr.

Das ist der erste von insgesamt sechs Texten zur James-von-Moltke-Straße in Görlitz. Die anderen fünf veröffentlichen wir in den nächsten Tagen.