SZ + Dresden
Merken

Kritik an Videoüberwachung bei Vonovia in Dresden

Dresdens größter Wohnungsvermieter nutzt bereits in einem Gebäude in Zschertnitz Videokameras und will dies ausweiten. Vertreter von Mieterinteressen halten das für völlig überzogen.

Von Andreas Weller
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Am Eingang zur Michelangelostraße 1 in Dresden prangt dieses Schild zur Videoüberwachung. Der Großvermieter Vonovia wird dafür kritisiert.
Am Eingang zur Michelangelostraße 1 in Dresden prangt dieses Schild zur Videoüberwachung. Der Großvermieter Vonovia wird dafür kritisiert. © Christian Juppe

Dresden. Zunächst zum Schutz vor Straftaten, aber auch zur Überführung Mietern, die ihren Müll illegal ablagern, hat Dresdens Großvermieter Vonovia in einem Hochhaus in Zschertnitz Videokameras installiert. Diese zeichnet seit rund drei Monaten den Eingangsbereich und den vor den Fahrstühlen auf. Weitere Kameras sollen folgen.

Auf Anfrage von Sächsische.de zeigt sich der Mieterverein Dresden und Umgebung, der die Interessen von mehr als 50.000 Mitgliedern vertritt, mehr als verwundert und übt harsche Kritik am Vermietungskonzern.

Alle Menschen, die in der Michelangelostraße 1 durch den Hauseingang ein und aus gehen und vor den Fahrstühlen warten, werden seit drei Monaten dabei gefilmt. Den Hinweis darauf gibt es direkt an der Eingangstür zu dem Wohnkomplex mit gut 200 Wohnungen.

Vonovia rechtfertigt Kameras mit "mehreren Vorfällen"

Die Vonovia-Verantwortlichen sagen, die Kameras wurden angebracht, weil es mehrere Vorfälle gab - beispielsweise Bedrohungen von Mietern in dem Haus in Zschertnitz. Aber so gingen dem Unternehmen auch bereits fünf Müllsünder ins Netz - Mieter, die dabei gefilmt wurden, wie sie alte Möbel und andere sperrige Sachen aus dem Haus trugen, die später als illegale Müllablagerung auf dem Gelände rund um das Gebäude identifiziert werden konnten. Die für den Bereich zuständige Regionalleiterin Dresden-Süd von Vonovia, Juliette Kleffel, kündigte an, dass in anderen Eingängen an der Michelangelostraße weitere Kameras folgen sollen.

"Videoüberwachung ist höchst problematisch immer dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass Unbeteiligte aufgenommen werden", stellt Florian Bau klar. Bau ist Jurist, Rechtsberater und Pressesprecher des Mietervereins Dresden und Umgebung.

Man könne durchaus das Ansinnen von Vonovia nachvollziehen. "Wir beraten häufig Mieterinnen und Mieter zu Betriebskosten, in denen teilweise enorme Sperrmüllkosten umgelegt werden. Diese Sperrmüllkosten entstehen durch die Ablagerung von Fremden und Anwohnern", so Bau. "Möglicherweise würde durch eine entsprechende Videoüberwachung das Aufkommen an Sperrmüll und damit Kosten für die Mieter reduziert werden."

Videoüberwachung der Mieter ist "unverhältnismäßig"

Das Aufzeichnen durch den Vermieter im Eingangsbereiche gehe aber aus Sicht des Mietervereins gar nicht. "Dass der Vermieter eine Kamera im Eingangsbereich nicht anbringen könnte, ist übrigens auch Auffassung unseres Dachverbandes, des Deutschen Mieterbundes", so Bau. Die ständige Videoüberwachung des gesamten Eingangsbereichs zum Schutz gegen Sachbeschädigungen und Ehrverletzungen des Eigentümers ist laut Bau "unverhältnismäßig", entsprechend habe auch das Landgericht Berlin im Oktober 2000 geurteilt.

"Wir halten auch die Überwachung des Müllstandplatzes für nicht zulässig", erklärt Bau. "Es dürfte hier ein rechtswidriger Eingriff in Persönlichkeitsrechte von Unbeteiligten vorliegen. Selbst wenn alle Mieter am Objekt einverstanden wären, besteht immer noch die Möglichkeit, dass beispielsweise Kinder oder Besuch gegen ihren Willen videoüberwacht werden. Wir bezweifeln an dieser Stelle, dass die Gefahr von Müllablagerungen einen derartigen höchstpersönlichen Eingriff rechtfertigt."

Und auch wenn alle Mieter zugestimmt hätten, sei zu bezweifeln, ob dieser Zustimmungen den Anforderungen von Artikel sieben der Datenschutzgrundverordnung entsprechen. "Die Einwilligung muss insbesondere freiwillig erfolgen", erläutert Bau. "An einer entsprechenden Freiwilligkeit kann aber bei Neumietern häufig gezweifelt werden jedenfalls in Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt, was Dresden zutrifft. Hier würde kaum ein Mieter das Zustandekommen des Mietvertrages gefährden, in dem die entsprechende Einwilligung nicht erteilt wird."

Vonovia nutzt Videoüberwachung zur "Prävention von Straftaten"

Dresdens Großvermieter mit derzeit rund 45.000 Wohnungen und etwa 90.000 Mietern in der Stadt sagt, es sei alles sauber. "Vonovia hält sich bei dem Thema an die Vorgaben der Deutschen Datenschutzkonferenz", so ein Sprecher. Vor jeder Installation werden eine Checkliste abgearbeitet und das entspreche auch den Datenschutzvorgaben.

Auf den Schildern, die auf die Überwachung hinweisen, steht, dass diese "zur Prävention von Straftaten gegen unsere Mieter und Mitarbeiter, zum Schutz des Eigentums vor Straftaten" eingesetzt werden und die "Löschung nach drei Werktagen" erfolgt, wenn "keine entsprechenden Vorfälle vorliegen".

    Auch Sachsens Datenschutzbeauftragte stellt klar, dass die Installation und der Betrieb von Videoüberwachungsanlagen keiner datenschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen. Aber Videoüberwachung durch Private nur zulässig ist, wenn entsprechende Einwilligungen vorliegen oder diese zur Wahrung berechtigter Interessen des Betreibers erforderlich ist und dabei nicht die schutzwürdigen Interessen oder Grundrechte überwiegen. Kamera-Attrappen wie an einigen Müllplätzen bei Vonovia in Dresden seien hingegen generell zulässig, da sie nur abschrecken, aber nicht aufzeichnen.