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Pirna: Das ist das nächste ehemalige Gasthaus, das unter den Hammer kommt

Das sanierungsbedürftige Gebäude Badergasse 5 wird zwangsversteigert. Hier wurde früher fröhlich gefeiert.

Von Mareike Huisinga
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Das Haus Badergasse 5 in Pirna kommt unter den Hammer. Hier befand sich früher das Gasthaus "Zum Bärenzwinger".
Das Haus Badergasse 5 in Pirna kommt unter den Hammer. Hier befand sich früher das Gasthaus "Zum Bärenzwinger". © Karl-Ludwig Oberthür

Die Fenster im Erdgeschoss sind vergittert und so schmutzig, dass man nicht mehr hereinschauen kann. Die Fassade bröckelt und aus der Dachrinne wächst Gestrüpp. Ganz klar: Das Haus Badergasse 5 in der Pirnaer Innenstadt hat eindeutig schon mal bessere Tage gesehen.

Es steht seit mehreren Jahren leer und soll jetzt per Zwangsversteigerung veräußert werden. Das hat das Amtsgericht Dresden verfügt. Der Verkehrswert beläuft sich auf 320.000 Euro.

Schöne Silvesterfeiern

Baugeschichtlich und städtebaulich ist das sanierungsbedürftige Gebäude mit dem repräsentativen barocken Portal durchaus von Bedeutung. Viele Pirnaer dürften es noch kennen, als hier das Gasthaus "Zum Bärenzwinger" war. Jedenfalls erinnert sich Rainer Rippich, Kenner der Pirnaer Geschichte, noch gut daran, wie er hier Silvester gefeiert hat. "Das muss um 1970 gewesen sein, es war sehr schön", berichtet er.

Das Haus wurde um 1700 nahe der ehemaligen Elbpforte errichtet. Das Portal ist im Schlussstein mit der Jahreszahl 1760 datiert. Überhaupt lohnt ein näherer Blick, denn der Schlusstein ist unter anderem mit einem Anker verziert. Die Gebälkverdachung des Portals weist die Inschrift "In Deo Spes Mea", auf Deutsch "In Gott ist Hoffnung", auf. Über dem Portal befindet sich ein aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammendes Wandrelief, welches die Göttin Fortuna auf einer geflügelten Kugel zeigt.

Bier wird ab dem 19. Jahrhundert gezapft

Seit 1864 wird auf dem Grundstück eine Schankwirtschaft betrieben. Das ergaben Recherchen des Archivverbunds Pirna. In den 1910er Jahren gab es hier auch einen Theaterbetrieb, das "Apollotheater" der Gebrüder Schrey, wobei der Schankbetrieb parallel weiterlief.

Das "Apollotheater" ging 1920/1921 auf Paul Emil Unger über, der es kurz zuvor dem Brauereidirektor Carl Ross und der Firma Gebrüder Schrey abgekauft hatte. Zeitgleich wurde bereits in jenem Jahr der Name "Zum Zwinger" für das Restaurant verwendet. Ob noch Theateraufführungen stattfanden, war nicht zu ermitteln, heißt es aus dem Archivverbund. Ende 1928 oder 1929 wurde der Name zu "Bärenzwinger" geändert. Paul Unger konnte auch nach 1945 seinen Betrieb fortsetzen, starb aber 1947. Die Führung der Gaststätte verblieb in Familienhand, das Lokal feierte 1970 sein 50-jähriges Jubiläum.

Jedoch wurde im selben Jahr die Gaststätte von Heinz Unger an den VEB Textima, Wäschereimaschinenbau Forst verkauft. Die Pläne waren überaus ehrgeizig, denn der Saal sollte als Kinderferienlager genutzt werden bei Fortführung des Gaststättenbetriebes. Doch so richtig ging der Plan nicht auf: Bereits 1974 hatte die VEB Textima die betriebliche Nutzung eingestellt und wünschte das Objekt wieder abzustoßen.

Die Volkspolizei zieht ein

Neuer Eigentümer wurde das Volkspolizeikreisamt Pirna (VPKA). 1983 waren in der Badergasse 5 das Einwohnermeldeamt im Flachbau sowie die VPKA Pirna untergebracht.

Aber bereits 1981 hatte sich der Bauzustand des denkmalgeschützten Hauptgebäudes so sehr verschlechtert, dass die Standsicherheit und Funktionstüchtigkeit des Gebäudes nicht mehr voll gewährleistet war. Das Nebengebäude war in noch schlimmerem Zustand, es wurde als "Bausubstanz ist im Wesentlichen unbrauchbar" eingestuft. Die dortigen ehemaligen Wohnungen waren unbewohnbar. Das Hauptgebäude galt als sanierungsfähig, das Nebengebäude nicht. Es wurde bis 1984 abgebrochen. Die Sanierungsarbeiten des Dienstgebäudes des VPKA scheinen bis 1985 abgeschlossen worden zu sein. Dabei entstanden auch zwei neue Wohneinheiten.

Keiner will das "Dampfschiff"

2009 war die Errichtung einer Schaubäckerei geplant, das berichtete die Sächsische Zeitung am 11. Oktober 2011. Offensichtlich zerschlug sich das Projekt. Heute wohnt hier jedenfalls keiner mehr. Gebacken wird auch nicht. Um das Gebäude einer Entwicklung zuzuführen, wird es jetzt zwangsversteigert.

Das Kulturdenkmal Badergasse 5 ist indes nicht das einzige markante Gebäude in der Pirnaer Altstadt, das unter den Hammer kommt. Erst vor Kurzem sollte das frühere Gasthaus "Zum Dampfschiff" am Klosterhof 4 versteigert werden. Allerdings fand sich kein neuer Eigentümer.

Termin Zwangsversteigerung Badergasse: Mittwoch, 13. März 2024, um 9.30 Uhr, Saal C 301, Amtsgericht Dresden, Olbrichtplatz 1, 01099 Dresden