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Großstadtanbindung, Preise, Bustaktung: Wie die Radeberger den öffentlichen Nahverkehr bewerten

Wie zufrieden sind die Radeberger mit dem Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln? Was läuft gut, was schlecht? Und wie ist die Anbindung nach Dresden?

Von Verena Belzer
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Wie gut ist die Bus- und Bahnanbindung von Radeberg, und wie zufrieden sind die Familien mit der Schülerbeförderung? Danach sind die Radeberger für den Mobilitätskompass von Sächsische.de befragt worden.
Wie gut ist die Bus- und Bahnanbindung von Radeberg, und wie zufrieden sind die Familien mit der Schülerbeförderung? Danach sind die Radeberger für den Mobilitätskompass von Sächsische.de befragt worden. © Egberth Kamprath (Symbolbild)

Radeberg. Fragt man den 17-jährigen Kai Probst, wie er jeden Tag von seinem Elternhaus in Liegau-Augustusbad in die Schule nach Radeberg kommt, kommt die prompte Antwort: "Meine Eltern fahren mich." Die Gründe: "Die Schulbusse sind völlig überfüllt und ungünstig getaktet", erzählt der Schüler des Humboldt-Gymnasiums. "Entweder man ist viel zu früh an der Schule oder sehr knapp im Klassenzimmer."

Schulbeginn ist um 7.30 Uhr, der Bus der Linie 761 kommt um 6.55 Uhr an der Otto-Uhlig-Straße an, die spätere Linie 78 um 7.20 Uhr. Kai Probsts Eltern fahren ihren Sohn deshalb in die Schule - und das, obwohl sie nicht auf ihrem Arbeitsweg liegt.

Die Radeberger und der öffentliche Nahverkehr - das ist eine ambivalente Beziehung. Das Nahverkehrsangebot bewerten die Radeberger laut Mobilitätskompass mit einem Wert von 2,72 auf einer Skala von 1 bis 5. Die Befragung von Sächsische.de und Sächsische Zeitung fand im August und September dieses Jahres statt. Die Ergebnisse im Detail.

Wie bewerten die Befragten die Busangebote?

Kai Probst schrecken unter anderem die unpraktikablen Zeiten der Busse ab - knapp 33 Prozent aller Befragten sehen das ähnlich. Sie erachten die Zeiten als ungünstig. Zum Vergleich: Betrachtet man den gesamten Landkreis Bautzen, bewerten sogar 46 Prozent die Zeiten als unpraktikabel.

Ganz generell bewerten die befragten Radeberger die Schülerbeförderung jedoch als überwiegend positiv. 62 Prozent geben an, sie sei gut organisiert. 21 Prozent stimmen nicht zu, 18 Prozent sind neutral.

Sind Busse und Bahnen sauber und sicher?

Es gibt auch andere Aspekte des Nahverkehrs, die die Radeberger als positiv erachten: Nur knapp fünf Prozent sind der Meinung, dass Busse und Bahnen nicht sauber sind. Außerdem fühlen sich 78 Prozent der befragten Radeberger in Bussen und Bahnen sicher. Mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen ist der ÖPNV hingegen nicht attraktiv. Nur 35 Prozent geben an, dass der Nahverkehr damit gut nutzbar sei.

Wie ist die Anbindung nach Dresden?

Und dann ist da noch ein Aspekt, der auch für Kai Probst aus Liegau wichtig ist: die Anbindung in die Großstadt. Der Schüler fährt regelmäßig nach Dresden. Dort geht er fünfmal pro Woche zum Schwimmtraining und muss dafür in sämtliche Schwimmhallen: nach Prohlis, Klotzsche, an die Freiberger Straße und nach Bühlau. "Hier fahren mich auch meine Eltern", sagt er. "Einerseits, weil mein Vater ehrenamtlich im Verein engagiert ist. Andererseits weil ich dafür mit den Öffentlichen wirklich viel zu lange bräuchte."

Außerdem ist er dreimal wöchentlich an der TU Dresden im Rahmen eines sogenannten Schülerstudiums. "An die Uni fahre ich entweder direkt nach der Schule vom Radeberger Bahnhof oder, wenn ich von Liegau aus starte, vom Bahnhof in Langebrück", erzählt Kai Probst. "Und das klappt sehr gut."

Für seine Fahrten nutzt er das Bildungsticket. "Das ist eine gute Sache." Grundsätzlich finden die Befragten den Nahverkehr aber zu teuer. Die Frage, ob die Preise für den Nahverkehr zu hoch seien, bejahten 72 Prozent.

50 Prozent der befragten Radeberger geben an, dass die Großstadtanbindung gut sei. Betrachtet man den gesamten Landkreis Bautzen, unterscheiden sich die Zahlen deutlich: Hier geben nur 21 Prozent an, dass sie zufrieden seien. Blickt man noch weiter über den Tellerrand, ergibt sich folgendes Bild: 38 Prozent aller Befragten in Ost- und Mittelsachsen - außer Dresden - bewerten die Großstadtanbindung als negativ, 28 Prozent sind neutral, 35 Prozent sind zufrieden.

Wie gut ist die Beschilderung des Nahverkehrs?

Der Nahverkehr in Radeberg war auch kürzlich Thema im Stadtrat. CDU-Stadtrat Andreas Känner, Schulleiter des Humboldt-Gymnasiums, merkte an, dass der Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) und der Regionalbus Oberlausitz (RBO) es nun seit zwei Jahren nicht geschafft habe, flächendeckend die neuen Buslinien auf die Schilder an den Bushaltestellen zu montieren. "Einige wurden ersetzt, aber nicht alle", kritisiert er. "Dabei ist es schon zwei Jahre her, dass das Liniennetz umgestellt wurde." Für Ortsunkundige würde das regelmäßig für Verwirrung sorgen. "Das ist doch peinlich."

  • Mehr als 9.000 Menschen aus Ost- und Mittelsachsen haben für den Mobilitätskompass Einblick in ihr Mobilitätsverhalten gegeben. Der Mobilitätskompass wurde unter wissenschaftlicher Begleitung der Evangelischen Hochschule Dresden und in Kooperation mit der Agentur "Die Mehrwertmacher" entwickelt und ausgewertet, die darauf geachtet haben, dass die Aussagen belastbar sind. Bis Anfang Dezember veröffentlicht Sächsische.de die regionalen und lokalen Ergebnisse. Alle erschienenen Beiträge finden Sie auch auf www.saechsische.de/mobilitaetskompass

Oberbürgermeister Frank Höhme (parteilos) beteuerte, er habe wegen des Themas bereits beim VVO angefragt.

Generell schätzen die Befragten die Infrastruktur für den Nahverkehr eher negativ ein: 40 Prozent finden, die Infrastruktur sei nicht gut, 30 Prozent äußerten sich neutral, wiederum 30 Prozent positiv.

Wie nutzen die Radeberger den Nahverkehr?

Kai Probst würde sich eine bessere Taktung wünschen - dann würde er vielleicht auch mehr Bus fahren. "Mit dem Bus fahre ich nicht so gerne, mit dem Zug hingegen schon." Er wundere sich, warum gerade zu Stoßzeiten oft kleinere Busse eingesetzt würden.

Die befragten Radeberger geben an, dass sie nicht sonderlich häufig den Nahverkehr nutzen. Rund 36 Prozent fahren sogar seltener als monatlich Bus oder Bahn. Knapp 20 Prozent fahren zumindest monatlich, 14 Prozent wöchentlich und sieben Prozent täglich.

Diejenigen, die angegeben haben, den ÖPNV nur selten oder gar nicht zu nutzen, nennen als Grund hauptsächlich - insgesamt 66 Prozent - die Tatsache, dass ihr Wohnort und ihr Ziel schlecht erreichbar seien. 35 Prozent nannten zu teure Tickets als Ursache für die Verkehrsmittelwahl.

Über die Hälfte gibt an, dass das ÖPNV-Angebot in den vergangenen fünf Jahren in etwa gleich geblieben sei. Knapp 27 Prozent sind der Meinung, dass es sich verbessert hat. Nur knapp drei Prozent sagen, dass es sich verschlechtert hat.