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Warum der Ottendorfer Bäckermeister Marlon Gnauck so von seinem E-Auto schwärmt

Im Landkreis Bautzen gehört der Ottendorfer Bäcker Marlon Gnauck zu den wenigen Menschen, die ein E-Auto fahren. Welche Erfahrungen er gemacht hat und wie die Rödertaler insgesamt zum Thema Elektromobilität stehen.

Von Rainer Könen & Verena Belzer
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Marlon Gnauck von der Bäckerei Gnauck in Ottendorf-Okrilla schwört auf E-Autos.
Marlon Gnauck von der Bäckerei Gnauck in Ottendorf-Okrilla schwört auf E-Autos. © Marion Doering

Ottendorf-Okrilla. Es ist die Urangst von E-Auto-Fahrern: irgendwo liegenzubleiben mit leerer Batterie, und weit und breit keine Ladesäule in Sicht. Da man keinen Kanister mit Strom holen kann, bliebe in solchen Fällen nur das Abschleppen.

Eine Angst, die jemandem wie Marlon Gnauck eigentlich vertraut sein müsste. Oder? Der Ottendorfer Bäcker hat sich in diesem Sommer ein E-Auto, einen Renault Megane, gekauft und war damit gleich nach Österreich in den Urlaub gefahren. Dabei legte er insgesamt eine Strecke von 1.600 Kilometern zurück. Eine spannende Fahrt sei das gewesen, vor allem das erste Tanken. "Ich wusste anfangs nicht, wie ich bezahlen sollte, mit welcher Ladekarte respektive mit welcher Smartphone-App", berichtet Gnauck. Ansonsten habe er sich aufs Navi verlassen, das ihm immer angezeigt habe, wann und wo er ans Ladegerät sollte, so Gnauck, der sich das E-Auto "aus Überzeugung" gekauft habe.

1,2 Prozent aller Autos im Kreis Bautzen sind E-Autos

Mit seinem E-Mobil ist der Ottendorfer auf den hiesigen Straßen ein Exot. Jedenfalls noch. Denn im Bautzener Landkreis sind, so der aktuelle Stand, bisher nur 2.211 E-Autos - in ganz Sachsen sind es 52.600 E-Fahrzeuge - registriert, was einem Anteil von 1,22 Prozent aller zugelassenen Fahrzeuge entspricht.

Nach Ansicht von Gnauck könnte es in der Region aber weitaus mehr E-Autos geben. Denn viele der hier lebenden Menschen möchten gern vom Verbrenner auf ein E-Auto umsteigen, weiß der Bäcker. Das Problem: Es gebe in der Region zu wenige Ladestationen. Das halte viele vom Kauf eines E-Mobils ab.

Mit dem Umstieg vom Benziner aufs E-Auto gab es für Marlon Gnauck natürlich auch manche Veränderung im automobilen Alltag. Er hatte viele Fragen, vor allem: Wann den Wagen aufladen? Auf längeren Strecken sollte man da jeden Pausenstopp zum Laden nutzen. Und nicht erst, wenn das Navi Alarm schlägt. Die Reichweite seines Elektro-Autos: Im Sommer könne man mit dem Wagen bei gutdosierter Fahrweise rund 420 Kilometer zurücklegen, im Winter seien es weniger, etwa 350 Kilometer. Nicht vergessen darf man beim Betrieb eines E-Autos, dass Heizung, Klimaanlage, hohe Geschwindigkeiten und selbst der Radiobetrieb den Radius verringern.

Eigenheimbesitzer sind im Vorteil

Gnauck bezeichnet sich als einen klassischen "Zuhauselader". Einmal pro Woche gehe er ans Netz. Seine Lademöglichkeit hat er am eigenen Haus, was billiger als an öffentlichen Ladestationen und obendrein stressfreier sei. "Mein Ladeplatz vor der Haustür ist immer frei." Eigenheimbesitzer seien da im Vorteil, meint der Ottendorfer. Demnächst wird er sich noch ein weiteres E-Fahrzeug zulegen, einen neuen Transporter.

Anders ist die Situation für diejenigen, die in einer Mietwohnung lebten. Denn: "Vor den meisten Wohnhäusern gibt es keine Ladesäule oder Wandladestationen." Gnauck, der mit seinem E-Auto täglich etwa 40 Kilometer fährt, fordert: "Vor allem vor Einkaufsmärkten, Verwaltungsgebäuden und Wohnblöcken sollten öffentliche Ladestationen stehen."

Ladepunkte und Zahl der E-Autos steigen

Zwar wächst die Zahl der Ladepunkte bundesweit, allerdings nicht überall schnell genug. Laut Verband der Automobilindustrie (VDA) hat sich in Deutschland die Zahl Ladepunkte im ersten Halbjahr dieses Jahres um fast 17.000 auf derzeit rund 98.000 (Stand 1. Juli 2023) Ladestationen erhöht.

Auch die Zahl der E-Autos stieg in diesem Jahr: Bundesweit gibt mittlerweile rund 2,3 Millionen Elektro-Pkw (Stand 1. November 2023). Auch bei den Schnellladepunkten geht es aufwärts, davon gibt es derzeit bundesweit rund 19.000. Bis 2030 soll es in Deutschland mindestens eine Million öffentlicher Ladepunkte geben.

Sächsische.de und Sächsische Zeitung haben im August und September dieses Jahres ihre Leser umfangreich zum Thema Mobilität befragt - dabei ging es auch um die E-Mobilität. Unter den befragten Rödertalern (Radeberg, Ottendorf-Okrilla, Wachau und Arnsdorf) gaben knapp 35 Prozent an, sie würden sich bei einem neuen Auto für einen Verbrenner entscheiden. Knapp 20 Prozent könnten sich ein Hybrid-Antrieb vorstellen. Ein reines E-Auto kommt nur für rund elf Prozent in Frage.

Als die größten Stolpersteine in Sachen Elektromobilität nannten knapp 35 Prozent der Teilnehmer die fehlende Standardisierung der Ladesysteme, über 30 Prozent waren der Meinung, dass es generell zu wenige Ladesäulen gebe.

  • Mehr als 9.000 Menschen aus Ost- und Mittelsachsen haben für den Mobilitätskompass Einblick in ihr Mobilitätsverhalten gegeben. Der Mobilitätskompass wurde unter wissenschaftlicher Begleitung der Evangelischen Hochschule Dresden und in Kooperation mit der Agentur "Die Mehrwertmacher" entwickelt und ausgewertet, die darauf geachtet haben, dass die Aussagen belastbar sind. Bis Anfang Dezember veröffentlicht Sächsische.de die regionalen und lokalen Ergebnisse. Alle erschienenen Beiträge finden Sie auch auf www.saechsische.de/mobilitaetskompass

Der Hauptgrund, sich gegen ein E-Auto zu entscheiden, ist in den Augen der übergroßen Mehrheit klar: Rund 77 Prozent geben an, dass der Anschaffungspreis zu hoch sei. Die fehlende Reichweite geben 62 Prozent als Grund an.

Im Landkreis Bautzen sind laut Bundesnetzagentur derzeit 133 Ladestationen registriert, davon 22 Schnellladesäulen. Die gibt es mittlerweile in den größeren Städten, befinden sich auch an vielbefahrenen Straßen wie der B97 oder B96. In Radeberg wurden zuletzt acht neue Schnellladestationen eingerichtet, jetzt gibt es im Rödertal mittlerweile ein Dutzend öffentlicher Ladestationen.

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