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Zwei Pflegerinnen erzählen: "Bei vielen sind wir die Nummer eins"

Nicole Ritschel und Kerstin Wunderlich haben zusammen 50 Jahre Erfahrung in der Pflege. Die spielen sie nun gemeinsam im Pflegezentrum des ASB in Boxdorf aus. Sehr zur Freude von Menschen wie Annelie Naumann aus Radebeul.

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Annelie Naumann (m.) bekommt nicht nur zu Hause Unterstützung von Nicole Ritschels (l.) Pflegeteam. Zweimal die Woche wird sie auch zu Kerstin Wunderlich (r.) in die Tagespflege nach Boxdorf gebracht. Beide Einrichtungen arbeiten eng zusammen.
Annelie Naumann (m.) bekommt nicht nur zu Hause Unterstützung von Nicole Ritschels (l.) Pflegeteam. Zweimal die Woche wird sie auch zu Kerstin Wunderlich (r.) in die Tagespflege nach Boxdorf gebracht. Beide Einrichtungen arbeiten eng zusammen. © Norbert Millauer

Boxdorf. Ein größeres Lob für ihre Arbeit können Nicole Ritschel und Kerstin Wunderlich kaum bekommen: "Ich fühle mich pudelwohl", sagt Annelie Naumann. Wenn sie zur Tagespflege des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) in Boxdorf kommt, sei das wie ein Ankommen. Und wenn sie in Radebeul, in ihrem richtigen zu Hause ist, dann bekommt sie Unterstützung vom Pflegedienst. Beide Dienste, die Tagespflege und der ambulante Pflegedienst, liegen beim ASB in Boxdorf in der Hand von zwei Frauen mit viel Erfahrung.

Nicole Ritschel und Kerstin Wunderlich haben im vergangenen Jahr jeweils Berufsjubiläen gefeiert. Mehr als zwanzig, Wunderlich gar dreißig Jahre arbeiten sie nun schon im Dienste anderer Menschen. "Und die Arbeit macht immer noch Spaß", sagt Wunderlich, die in ihrer Heimat in Kamenz bereits auf der Sozialstation und in Königsbrück in einem Pflegeheim gearbeitet hat.

"Die Zeit hat mich geprägt", sagt sie. Der Liebe wegen kam Wunderlich damals nach Dresden, und hat heute den Hut in der Tagespflege in Boxdorf auf. Diese gehört zum Pflegezentrum des ASB. Neben behindertengerechten Wohnungen und einem Hausarzt ist auch der ambulante Pflegedienst auf der Schulstraße ansässig. 2021 hat hier die gelernte Krankenschwester Nicole Ritschel die Leitung übernommen.

Begegnungen, die dem Pflegeteam im Kopf hängen bleiben

Für manche der Menschen ist sie Teil der Familie geworden. Oft ist das in der Stadt der Fall, wo ein großer Teil der zu Betreuenden wohnt. "Da sind wir die Nummer eins", sagt Ritschel. Wenn sie dagegen auf dem Land, wie in Wahnsdorf, Reichenberg oder Friedewald unterwegs ist, bemerkt sie einen Unterschied, weil die Familienmitglieder oft näher zusammen wohnen und alles etwas weniger anonym ist.

Die Einsamkeit mancher Menschen, aber auch schwere Krankheitsfälle in jungen Jahren - all das erlebt das Team von Ritschel tagtäglich. Manche Eindrücke bleiben dann auch über die Schicht hinaus. Denn Zeit zum Durchatmen bleibt währenddessen kaum. Bis zu 40 Patienten in einer Schicht sind zu betreuen. Nicole Ritschel ist ehrlich: Einfach ist das oft nicht. "Meine Kinder hatten unter der Schichtarbeit und den Diensten am Wochenende gelitten", sagt Ritschel, die deshalb über anderthalb Jahre eine Weiterbildung zur Pflegedienstleiterin gemacht hatte, und sich nun vorrangig ums Organisatorische kümmert.

Nun ist sie für das 12-köpfige Pflegeteam verantwortlich, das eng getaktet arbeitet. "Jeglicher Zwischenfall ist Chaos", erzählt Ritschel, die bei Krankheit auch mal selber einspringt. "Mich haut das jetzt nicht mehr so um", sagt sie. Ritschel hat gehörig Schwung ins Pflegeteam gebracht, erzählt ihre Kollegin. Vorher seien die Tagespflege und der Pflegedienst weniger vernetzt gewesen. Heute arbeiten sie oft Hand in Hand. Schließlich betreuen beide Menschen, die allein und selbstständig leben wollen, gleichzeitig aber auf Hilfe angewiesen sind.

Ältere Menschen versuchen vieles allein zu bewältigen

"Viele wissen gar nicht, was es für Möglichkeiten gibt", sagt Ritschel, die immer wieder beobachtet, wie viel ältere Menschen noch versuchen, allein zu machen. "Wie wäre es mal mit einer Tagespflege?", schlägt sie ihnen dann bei einem Beratungsbesuch vor. Viele sträuben sich zunächst. Kerstin Wunderlich ermuntert sie, sich darauf einzulassen. Anders als in einem Heim geht es schließlich wieder nach Hause. Zudem springt die Kasse im Rahmen dieser sogenannten teilstationären Pflege ein. Viele wüssten oft nicht, was ihnen zusteht, so die Beobachtung.

Gerade viele Leute im ländlichen Raum hätten so schwer gearbeitet meint Wunderlich. Viele von ihnen begrüßt sie schon seit Jahren in ihrer Einrichtung, kennt deren Vorlieben und Macken. Dabei baut sich auch ein Vertrauensverhältnis auf, erzählt Annelie Naumann, die im August 2022 das erste Mal nach Boxdorf kam. "Ich war sehr allein", erzählt die 79-Jährige. Ihre Tochter wohnte weit weg, später musste sie den Tod ihres Sohnes verkraften.

Geholfen haben ihr dabei die Mitarbeiterinnen vom Pflegezentrum. Heute kann Naumann wieder lachen, und sie wird nicht müde, von der Tagespflege zu schwärmen. Als "Bastelfee" genießt sie besonders die kreative Zeit. Für die 15 Gäste gibt es auch Sport-, Spiel- und Musikangebote, zudem wird gemeinsam Zeitung gelesen, gespielt oder einfach nur zusammen gesessen. Von morgens halb acht bis nachmittags nach 16 Uhr ist Naumann an diesen Tagen außer Haus. "Wie ein Arbeitstag", sagt Naumann.

Tag der offenen Tür beim ASB Pflegezentrum in Boxdorf

Auch sie hatte zunächst gezweifelt, ob eine Tagespflege das Richtige für sie sei. Nach einem Schnuppertag war klar, dass sie wiederkommt. Am Mittwoch will der ASB auch anderen Interessierten einen Einblick geben. Der Tag der offenen Tür richtet sich an Pflegebedürftige und deren Angehörige. Der Pflegedienst und die Tagespflege stellen sich vor, zudem können die Räume besichtigt werden und individuelle Beratungstermine vereinbart werden.

Das ASB-Pflegezentrum lädt am 13. März zum Tag der offenen Tür zwischen 10 und 15 Uhr auf die Schulstraße 9 in Boxdorf ein.