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Kritik an Abschuss der Moritzburger Wildschweine

Die Schwarzkittel waren Teil der Maßnahmen im Kampf gegen die Schweinepest. Geholfen hat ihnen das nicht. Doch wie geht es nun weiter?

Von Sven Görner
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Die Tage auch dieses Wildschweins im Moritzburger Gehege sind gezählt.
Die Tage auch dieses Wildschweins im Moritzburger Gehege sind gezählt. © Symbolfoto Norbert Millauer

Moritzburg. Wann die 19 Wildschweine im Moritzburger Wildgehege geschossen werden, stehe noch nicht genau fest, sagte am Dienstag Markus Biernath, der Leiter des Forstbezirks Dresden, auf SZ-Nachfrage. „Ein konkreten Termin haben wir nicht, aber die Vorgabe soll möglichst schnell umgesetzt werden.“

Am Freitag war nach Aussage des Sozialministeriums in Dresden nach Prüfung aller Optionen durch den ASP-Krisenstab, das Landestierseuchenbekämpfungszentrum, das Landwirtschaftsministerium und den Staatsbetrieb Sachsenforst entschieden worden, die Tiere gemäß den geltenden rechtlichen Reglungen zur Eindämmung der Afrikanischen Schweinpest (ASP) zu erlegen (die SZ berichtete). Nach diesen hätten die Schwarzkittel wie Hausschweine eingestallt werden müssen, was aufrund ihrer Lebensweise nicht möglich ist. Auch der Umzug in ein anderes Gatter sei nicht möglich gewesen.

„Das Wildgehege bleibt wegen der weiteren Beseitigung der Sturmschäden und der Vorbereitung und Umsetzung dieser Maßnahme daher leider auch den Rest dieser Woche geschlossen“, so der Forstmann weiter. Vom 1. November bis Ende Februar ist die Einrichtung dann planmäßig ohnehin nicht geöffnet, weil das Eingangsgebäude abgerissen wird, um Platz für einen Neubau zu schaffen.

Kritik an Abschuss der Tiere

Die Entscheidung sorgt in den sozialen Medien weiter für viel Widerspruch. Die Redaktion erreichten zudem auch Meinungen von Lesern und Verbänden. So schreibt Marion Lehnert, Büro- und Projektleiterin Arten- und Naturschutz beim Nabu Regionalverband Dresden-Meißen e.V.: „Eine präventive Tötung von gesunden Wildtieren ist schon aus ethischer Sicht abzulehnen und in diesem Falle auch sinnlos. Wir lösen schon zu viele Probleme mit Gewalt. Das entspricht nicht unserem intellektuellen und kulturellen Niveau.“

„Die Moritzburger Wildschweine und viele Zehntausend ihrer wildlebenden Artgenossen werden nur getötet, um die Profite der tierquälerischen Schweinezucht-Industrie zu schützen. Ohne die Fleischindustrie bestünde überhaupt kein Grund, gesunde Wildschweine massenhaft zu jagen und zu töten“, so Peter Höffken, Fachreferent bei der Tierschutzorganisation Peta. Das Ministerium hatte in seiner Mitteilung vom Freitag darauf verwiesen, dass der Freistaat alles unternimmt, um Hausschweinbestände zu schützen.

Bis zuletzt gehofft und geplant

In dem zum Staatsbetrieb Sachsenforst gehörenden Wildgehege hatte man bis zuletzt auf eine Ausnahmegenehmigung gehofft, auch einen Plan entwickelt, wie diese ermöglicht werden sollte. So gab es die Idee, die Wildschweine noch stärker als bisher in die Ausbildung von Kadaversuchhunden einzubinden, die für das Auffinden von an ASP verendeten Wildschweinen benötigt werden. Mit ihrem Einsatz tragen sie dazu bei, die weitere Ausbreitung der ausschließlich für Schweine tödlichen Krankheit einzudämmen.

Um sicherzustellen, dass die Tiere im Gehege nicht erkrankt sind, hätte in regelmäßigen Abständen eines der diesjährigen Jungtiere herausgeschossen und untersucht werden können.

Bei der Ausbildung der ersten sächsischen ASP-Hunde in diesem Sommer - bis dahin waren Gespanne von Hundeführer und Hund aus anderen Bundesländern zum Einsatz gekommen - wurden die angehenden Spürnasen in Moritzburg mit den Schwarzkitteln konfrontiert - allerdings durch den Zaun getrennt. Dabei wurde der Gehorsam der Hunde geprüft, egal ob der Hundeführer daneben stand oder nicht zu sehen war. „Eine Ausbildung direkt im Wildschweingehege wäre nicht möglich, das geht nur in speziell zugelassenen und mit dem Tierschutz abgestimmten Gattern“, sagt Silke Kippenberg von Jagdgebrauchshundeverband. Dieser ist in Zusammenarbeit mit dem Sachsenforst Projektträger für die Hundeausbildung. In Sachsen gibt es ein solches Wildschweingatter in der Nähe von Wermsdorf. Dort werden auch Hunde für die Wildschweinjagd ausgebildet.

Künftig Wermsdorf statt Moritzburg

„Es gab zunächst unterschiedliche Auffassungen, ob Jagdhunde mit einer entsprechenden weiteren Ausbildung auch für die Kadaversuche geeignet sind oder dafür nicht auch Sprengstoff und Drogensuchhunde eingesetzt werden können“, sagt Silke Kippenberg. Es habe sich aber gezeigt, dass Letztere nicht nur ein ganz anderes Nasenverhalten haben, sondern im Gelände auch längst nicht so ausdauernd sind wie Jagdhunde. „Vor allem Vorstehhunde sind sehr gehorsam und daher gut geeignet. Treffen sie bei der Kadaversuche auf lebende Schweine, werden diese gestellt und zum Abschuss durch den Jäger gebracht.“

Da in der Ausbildung der ersten sächsischen Kadaversuchhunde die Laußnitzer Heide als Übungsgebiet genutzt wurde, sei es praktisch gewesen, den erwähnten ersten Lehrgangsteil in Moritzburg absolvieren zu können. „Durch den Abschuss der dortigen Schweine ist die Ausbildung derzeit nicht in Gefahr“, so Silke Kippenberg. „Allerdings wird der Aufwand jetzt größer, weil wir dafür nun nach Wermsdorf müssen.“