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Warum in Moritzburg große Bäume fallen

Käfer, Trockenheit und Stürme haben in den vergangenen drei Jahren dem Friedewald zugesetzt. Trotzdem wird dort derzeit Laub- und Nadelholz gefällt.

Von Sven Görner
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Der Moritzburger Staatswald-Revierförster Marko Groß (re.) und Forstwirtschaftsmeister Steffen Pritzke beim Begutachten und Messen von frisch geschlagenen Roteichen. Dahinter fällt und entastet ein Harvester jüngere Bäume.
Der Moritzburger Staatswald-Revierförster Marko Groß (re.) und Forstwirtschaftsmeister Steffen Pritzke beim Begutachten und Messen von frisch geschlagenen Roteichen. Dahinter fällt und entastet ein Harvester jüngere Bäume. © Arvid Müller

Moritzburg. Die Motorsäge heult noch einmal auf. Nachdem es für den Bruchteil einer Sekunde still ist, beginnt sich mit einem Knack die große Roteiche ganz langsam zu neigen. Begleitet vom Geräusch splitternder Äste schlägt der mächtige Stamm kurz darauf mit einem lauten, dumpfen Knall auf dem Waldboden auf.

An einer anderen Stelle in dem Waldstück an der Sichtschneise zwischen Jagdschloss und Fasanenschlösschen fällt und entastet eine Holzerntemaschine - ein sogenannter Harvester - dünnere Bäume.

Noch liegen die in Abschnitte zersägten und teilweise mit Zahlen versehenen Stämme im Wald verstreut. „Das Holz dieser Roteiche wird künftig als Parkett in einer Wohnung oder einem Büro liegen“ erklärt Marko Groß, der Leiter des Moritzburger Staatswaldreviers. Auch Buche ist dafür sehr gefragt. Überhaupt gehe das Laubholz weg wie warme Semmeln, so der Forstmann weiter. Für das bei den gegenwärtigen Arbeiten anfallende Stammholz der Stieleichen hat er einen Abnehmer direkt in Dresden. „Der nimmt nicht nur die geraden, sondern gern auch krumme Stämme.“ Das rötliche Holz der gefällten Lärchen geht dagegen als Schnittholz an die Sägeindustrie.

Bäume brauchen Platz zum Wachsen

Besorgte Anfragen, warum jetzt hier teils prächtige Laubbäume gefällt werden, wo sich doch in den vergangenen Jahren der Moritzburger Wald durch Borkenkäfer in Verbindung mit Trockenheit und Stürmen ohnehin schon sehr gelichtet hat, habe er bisher, anderes als vor zwei Jahren, noch nicht bekommen“, sagt Marko Groß. Dafür sei das Interesse an dem ebenfalls anfallenden Brennholz sehr groß.

Anfang 2020 hatte der Revierförster den vor allem aus Rotbuchen bestehenden Wald zu beiden Seiten der Großen Fasanenstraße zwischen dem Parkplatz Fasanerie und dem Kanal durchforstet. Ziel war es dort gewesen, zum einen mehr Platz für die großen alten Bäume zu schaffen, damit diese ihre Kronen voll entwickeln können. „Wenn zwei davon nebeneinanderstehen, muss einer weg.“ Zum anderen sollten die vielen Minibäumchen, die dort als natürliche Verjüngung aus den Buchensamen gewachsen waren, mehr Licht bekommen, um sich besser entwickeln zu können. „Das hat prima funktioniert“, freut sich Marko Groß. „Im vergangenen Jahr war das schon eine grüne Hölle.“

Knappes Saatgut selbst gewinnen

Auch in dem jetzigen Waldstück und dem sich auf der anderen Seite anschließenden bis zum Hellhaus sei schon seit Jahrzehnten nichts mehr gemacht worden. Nachdem in den vergangenen Jahren vor allem die entstandenen Schäden aufgearbeitet werden mussten, hofft der Forstmann nun, langsam wieder zur Normalität übergehen zu können. „Wir haben hier einen 100 bis 200 Jahre alten Laubwaldbestand. Sehr gute Lärchen, Stiel- und Roteichen aber auch über 100 Jahre alte, kerzengerade gewachsene Erlen, was sehr selten ist.“

Auch diese Buchen an einem Hang an der Straße zwischen Moritzburg und Berbisdorf werden noch gefällt.
Auch diese Buchen an einem Hang an der Straße zwischen Moritzburg und Berbisdorf werden noch gefällt. © Arvid Müller
Neben dem Einsatz der Holzerntemaschine - dem Harvester - ist auch das Können der Waldarbeiter gefragt.
Neben dem Einsatz der Holzerntemaschine - dem Harvester - ist auch das Können der Waldarbeiter gefragt. © Arvid Müller
Das Holz der Roteiche ist auch wegen seiner Maserung als Wertholz für die Parkettherstellung gefragt.
Das Holz der Roteiche ist auch wegen seiner Maserung als Wertholz für die Parkettherstellung gefragt. © Arvid Müller

Da Saatgut knapp ist, will Marko Groß mit den jetzigen Pflegearbeiten unter anderem geeigneten Bäumen mehr Platz geben, damit sie künftig die begehrten Samen in guter Qualität liefern können. Zudem soll die Vitalität des Waldes insgesamt verbessert werden. Dazu gehört, dass dieser zwei, drei Etagen hat: oben die großen Samenbäume, dann die mittelalten und darunter die natürliche Verjüngung.

Mehr Naturschutz, höherer Aufwand

Auf der insgesamt rund 15 Hektar großen Fläche zwischen der Sichtachse und dem Hellhaus rechnet der Förster bei den Pflegearbeiten mit einem Holzertrag zwischen 1.000 und 1.500 Festmetern. Fast ausschließlich Laubholz, das sich gut verkaufen lässt. Für das gesamte Jahr plant Marko Groß in seinem Revier einen Holzeinschlag von rund 7.500 Festmetern. Das ist die normale Menge für eine nachhaltige Bewirtschaftung. „In den vergangenen Jahren waren es aufgrund des vielen Schadholzes jeweils zwischen 12.000 bis 15.000 Festmeter. Weil die Preise im Keller waren, haben wir am Ende aber dennoch nur gerade so plus/minus null gewirtschaftet.“

Inzwischen ist auch der Preis für Nadelholz wieder in die Höhe gegangen. Allerdings steigen auch die Kosten. Denn wie Marko Groß sagt, wurde im Staatswald zu Jahresbeginn der Gassenabstand für den Harvester-Einsatz von 20 auf 40 Meter verdoppelt. Das schont den Waldboden, erfordert aber mehr manuelle Arbeit der Forstarbeiter, da die Maschine auf jeder Seite nur eine Arbeitsbreite von zehn Metern hat. „Das steigert die Kosten pro Festmeter um 30 Prozent.“ Denn auch für das Herausholen der Stämme aus dem Wald werden künftig wieder verstärkt Rückepferde eingesetzt werden müssen.

30 Kilometer Waldwege gepflegt

Gearbeitet wird auch in der Nähe der Altenteiche. Dort hat der Kiefernborkenkäfer im Vorjahr seine Spuren hinterlassen, die nun beseitigt werden. „Neu gepflanzt werden hier standortgerechte Erlen und Stieleichen“, sagt der Revierchef. Auf anderen Flächen kommen statt Kiefernbäumen junge Eßkastanien, Baumhasel und Vogelkirschen. Marko Groß hofft, dass diese mit dem künftigen Klima besser klar kommen.

Bereits abgeschlossen sind Arbeiten unweit des Mittelteiches, damit der Seeadler nicht gestört wird. Dort sind in den vergangenen Jahren unter dem Schutz eines aufgelichteten Bestandes alter Kiefern - die Forstleute nennen das Schirmhieb - junge Buchen herangewachsen. „Diese sind jetzt inzwischen drei bis vier Meter hoch und brauchen mehr Licht.“ Darum wurden nun einige der Kiefern gefällt. Die anderen bieten immer noch Schutz vor zu viel Sonne und damit auch vor Austrocknung des Bodens.

Gepflegt wurden bereits im Herbst 30 Kilometer Waldwege. Auf drei Kilometern wurde zudem neuer Schotter aufgebracht. Die jetzt von der Technik aufgewühlten Wege werden zeitnah nach Abschluss der Arbeiten repariert.