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Kreis Görlitz: Chaos beim Busverkehr

Schulen sagen den Unterricht ab. Trotz des Notfahrplanes fallen jeden Tag weitere Fahrten weg. Schüler kommen nicht zur Schule oder heim.

Von Frank-Uwe Michel
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Fahrpläne sind derzeit im Norden des Landkreises oft nur noch Makulatur. Derzeit werden jeden Tag viele Fahrten der von Regiobus Oberlausitz bedienten Linien gestrichen.
Fahrpläne sind derzeit im Norden des Landkreises oft nur noch Makulatur. Derzeit werden jeden Tag viele Fahrten der von Regiobus Oberlausitz bedienten Linien gestrichen. © André Schulze

In dieser Woche geht es tatsächlich Schlag auf Schlag. Für Montag gab der Landkreis den Wegfall von weiteren 49 Fahrten bekannt. Am Dienstag, so die Ankündigung der Behörde vom Montagabend, sollten es weitere 17 sein. Bereits am Dienstagmittag folgte die für Mittwoch zu erwartende Absagenflut: Erneut müssen 25 weitere Fahrten gestrichen werden. Den Fahrgästen wird deshalb "dringend empfohlen", sich vor der Abfahrt auf der Internetseite des Zweckverbandes Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien (ZVON) zu erkundigen. Auch der Schülerverkehr ist nun von den Streichungen betroffen.

Damit ist klar: Die Lage beim Busverkehr im Norden des Landkreises spitzt sich zum Ende des Jahres immer weiter zu. Bereits im Oktober hatten das Landratsamt und Dienstleister Regionalbus Oberlausitz (RBO) wegen zu weniger Fahrer für November und Dezember den Wegfall hunderter Fahrten angekündigt. Laut RBO-Geschäftsführer Daniel Kunath betraf dies allein im November rund 3,5 Prozent der regulären 11.000 Fahrten. In absoluten Zahlen ausgedrückt sind das monatlich zwischen 300 und 400 Fahrten.

Je näher der Jahreswechsel und damit auch das Ende des RBO-Engagements im Landkreis Görlitz heranrückt, desto größer werden die Probleme. Als Grund wird ein "drastisch erhöhter Krankenstand" genannt. Kunath spricht je nach Standort von 20 bis 40 Prozent der Belegschaft. Da mittlerweile alle Betriebe der Region von dem Phänomen betroffen seien, "ist auch eine Umsetzung keine Lösung mehr". In den Wintern vergangener Jahre habe man erkrankte durch wiederkehrende gesunde Kollegen ersetzen können. Dies sei aufgrund der schnell fortschreitenden Grippewelle aktuell nicht möglich.

Schulen ordnen Unterrichtsausfall an

Allerdings kann damit auch der Schülerverkehr immer weniger abgesichert werden. Eine der besonders betroffenen Einrichtungen ist die Oberschule Reichenbach. Die Linien S 16 (Markersdorf - Friedersdorf - Holtendorf), 130 (Görlitz - Reichenbach - Weißenberg) und 133 (Reichenbach - Niesky) wurden am Dienstag mit einer Flut von Absagen bedacht. Alles Strecken, auf denen die Reichenbacher Schüler auf ihrem Weg ins Umland unterwegs sind. Die Linie S 16, teilte der Kreis zudem mit, falle am Nachmittag komplett aus. Für Schüler der Grundschule Markersdorf und der Oberschule Reichenbach gebe es deshalb "keine Fahrten nach dem Unterrichtsende". Auch das Angebot zum Unterrichtsbeginn für Oberschule und Grundschule Reichenbach sei gestört.

Der Busbahnhof in Niesky. Wegen des hohen Krankenstandes verkehren hier momentan weniger RBO-Busse als laut Fahrplan eigentlich müssten.
Der Busbahnhof in Niesky. Wegen des hohen Krankenstandes verkehren hier momentan weniger RBO-Busse als laut Fahrplan eigentlich müssten. © André Schulze

Martin Cichon hat auf die katastrophale Lage beim ÖPNV schnell reagiert. "Als ich davon Montagnachmittag im Internet las, habe ich mich schnell mit dem Landesamt für Schule und Bildung verständigt und dann den Unterricht für Dienstag abgesagt", berichtet der Leiter der Reichenbacher Oberschule. In der Grundschule der Stadt, weiß er, gab es ebenfalls keinen Unterricht. "Natürlich haben wir eine Notbetreuung organisiert." Wie viele Schulen ebenfalls so reagiert haben, ist ungewiss. Laut Roman Schulz, dem Lasub-Sprecher, gibt es im Landesamt keine entsprechende Statistik. "Das entscheiden die Schulen nach eigener Einschätzung vor Ort."

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Den Unterrichtsausfall am Dienstag sieht Cichon als geringeres Problem. "An den letzten Tagen vor den Ferien ist das bei uns eher wie 'gemütliches Beisammensein'", lacht der Direktor. Schlimmer sei, wenn die Ausfälle den laufenden Tag beträfen und die Schüler mit dem Bus dann nicht mehr nach Hause kämen.

Einen derart massiven Busausfall hat er in seiner Berufslaufbahn bisher noch nicht erlebt. Deshalb setzt er seine Hoffnung auf den Taktfahrplan und den neuen Dienstleister Omnibusverkehr Oberlausitz (OVO) ab Januar - auch wenn es da ebenfalls noch Ecken und Kanten gibt. Erst vor ein paar Tagen bei der Vorstellung der Busflotte hatte Knut Gräbedünkel in Niesky über die Zuverlässigkeit des Verkehrsangebots gesprochen. Seine Firma moveas deckt mit ihrer Marke OVO in den nächsten zehn Jahren die öffentlichen Buslinien im Nordkreis ab. Auch bei ihm gebe es einige kranke Kollegen, teilte der Geschäftsführer mit. Notfalls würden jedoch Beschäftigte aus der Firmenzentrale in Thüringen zeitweise in die Oberlausitz versetzt.