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Insolvenzverwalter zur Lage bei Waggonbau Niesky: „Es ist sehr ernst“

Das Insolvenzverfahren über das Nieskyer Werk hat eine kritische Phase erreicht. Ein Investor muss binnen weniger Wochen gefunden werden. Den Stand der Dinge erklärt Insolvenzverwalter Franz-Ludwig Danko.

Von Steffen Gerhardt
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Insolvenzverwalter Franz-Ludwig Danko will den Nieskyer Waggonbau wieder auf Kurs bringen.
Insolvenzverwalter Franz-Ludwig Danko will den Nieskyer Waggonbau wieder auf Kurs bringen. © Danko Insolvenzverwaltung

Die wirtschaftliche Situation ist sehr ernst, fasst Insolvenzverwalter Franz-Ludwig Danko die gegenwärtige Lage im Waggonbau Niesky zusammen. Seit 1. Juli läuft das Insolvenzverfahren unter seiner Führung. Welcher Stand erreicht ist und wo die Baustellen sind, darüber spricht der Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht sowie für Arbeitsrecht mit der SZ.

Herr Danko, in welcher wirtschaftlichen Situation befand sich der Waggonbau Niesky, als Sie den Betrieb als Insolvenzverwalter übernommen haben?

Die wirtschaftliche Situation ist sehr ernst. Es gibt einen sehr geringen Auftragsbestand und entsprechend kaum Umsätze, um den laufenden Geschäftsbetrieb zu finanzieren. Das Insolvenzgeld hat kurzfristig für etwas Luft gesorgt, weil das Unternehmen dadurch für drei Monate von den Personalkosten befreit war. Die reicht aber nicht lange.

Der Belegschaft und der bisherigen Geschäftsleitung wird der Vorwurf gemacht, dass sie ineffektiv arbeiten, Leerlauf durch fehlende Teile und anderes entstanden sind. Können Sie das bestätigen?

Als Insolvenzverwalter schaut man immer nach vorn: Welche Möglichkeiten gibt es, den Geschäftsbetrieb und den Standort zu erhalten? Denn das ist nicht nur im Interesse der Gläubiger, sondern auch der Beschäftigten. Das hat jetzt Priorität und darauf konzentrieren sich alle unsere Anstrengungen. Wie es zu der Situation gekommen ist, steht im Augenblick überhaupt nicht im Fokus.

In den vergangenen Monaten wurden Personal sowie Maschinen und Anlagen abgebaut. Ist unter diesen Umständen ein Weiterbetrieb beziehungsweise Neuanfang möglich? Oder bedarf es erst einmal Investitionen in beide Bereiche?

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind trotz der schwierigen Situation sehr motiviert. Den kurzfristigen Weiterbetrieb und die bestehenden Kundenaufträge können wir mit dem vorhandenen Maschinenpark und der aktuellen Mannschaft realisieren. Für eine Neuausrichtung unter einem möglichen Investor werden Investitionen nötig sein – in Maschinen und zusätzliche Fachkräfte.

Welche Chancen sehen Sie, dass der Güterwagenhersteller bei seinen Produkten bleiben kann oder sich ein neuer Industriebetrieb mit anderem Portfolio am Standort entwickelt?

Zunächst: Das Unternehmen hat den Standort nur gemietet. Wir können also Investoren keinen Industriestandort mit variabler Nutzung, sondern nur einen Geschäftsbetrieb anbieten. Was eine künftige Geschäftstätigkeit durch einen möglichen Investor angeht, sind wir für alle Lösungen offen. Eine Änderung oder eine Erweiterung des Produktportfolios ist denkbar, es müsste aber natürlich etwas Artverwandtes sein, das den Kompetenzen und Fähigkeiten des Unternehmens und der Belegschaft entspricht.

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Ihr Vorgänger, der als Sachwalter eingesetzt war und gerichtlich durch Sie ersetzt worden ist, sollte zusammen mit einer Rechtsanwaltsgesellschaft eine Konzeption zur Fortführung des Betriebes in Eigenregie erstellen. Ist es dazu gekommen, haben Sie Einblick in die Konzeption nehmen können?

Zunächst zum Verständnis: Das Konzept ist vom Unternehmen und dessen Beratern ausgearbeitet worden. Denn in der Eigenverwaltung gestaltet das Unternehmen seinen Sanierungsplan selbst, der Sachwalter hat in der Konstellation nur eine Art Aufsichtsfunktion. Dem Gericht und den Gläubigern ging es nicht darum, den Sachwalter abzulösen, sondern die Verfahrenskonstellation zu ändern. Seit 1. Juli läuft das Regelinsolvenzverfahren. Das Konzept liegt mir vor. An einige Punkte können wir anknüpfen, an andere nicht.

Wer steigt beim Waggonbau Niesky ein und produziert weiter Güterwaggons? Diese Frage bleibt derzeit unbeantwortet.
Wer steigt beim Waggonbau Niesky ein und produziert weiter Güterwaggons? Diese Frage bleibt derzeit unbeantwortet. © SZ-Archiv/André Schulze

Tatravagonka hat einen Investor selbst ins Spiel gebracht: einen tschechischen Schienenfahrzeughersteller aus dem Skoda-Konzern. Ist dieser noch im Rennen wie auch die Beteiligungsgesellschaft Navigator Group?

Im Investorenprozess ist Stillschweigen vereinbart, alle Teilnehmer im Prozess haben Vertraulichkeitsvereinbarungen unterschrieben. Ich kann daher keine Details zur Investorensuche nennen.