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Niesky vergibt Eigenheime an Familien nach Punktsystem

Auch hier ist das Angebot viel niedriger als die Nachfrage. Zunehmend weichen die Familien auf das Umland der Städte aus.

Von Steffen Gerhardt
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Bauland ist in der Stadt Niesky begehrt. Das zeigt sich auch am Hessenweg bei ETN. Doch hier handelt es sich um Grundstücke aus Privathand, die bebaut werden.
Bauland ist in der Stadt Niesky begehrt. Das zeigt sich auch am Hessenweg bei ETN. Doch hier handelt es sich um Grundstücke aus Privathand, die bebaut werden. © André Schulze

Der Trend zum eigenen Heim setzt die Stadt Niesky unter Druck. Zwar hat sie jetzt einen neuen Eigenheimstandort Martinstraße deklariert, aber statt der ursprünglich acht Eigenheime dürfen auf der Fläche in Richtung Horka nur fünf gebaut werden. Die erste Planung ging noch von zwei Grundstücksreihen aus, nun dürfen nur entlang des Sachsenweges fünf Parzellen bebaut werden. Das Waldgesetz sorgt für diese Einschränkung, denn es fordert einen Mindestabstand von 30 Metern zum Wald.

Deshalb werden die Begehrlichkeiten für diese fünf Bauplätze besonders hoch sein. Die Stadt hat sich entschlossen, den Verkauf der Grundstücke fortan nach einem Leitfaden durchzuführen. Nachdem dieser Bewertungsbogen bereits die Ausschüsse passiert hat, soll er vom Stadtrat am Montag beschlossen und ab dann umgesetzt werden. Die Auswahl erfolgt nach einem Punktesystem, wobei junge Familien mit Kindern die besten Karten haben, sagt Sachgebietsleiterin Barbara Giesel. Aber auch das ehrenamtliche Engagement in Vereinen oder bei der Feuerwehr stärkt das Punktekonto Bauwilliger.

Niesky ist begehrter Bauplatz

Für Niesky ist festzustellen, dass es Bauherren mehr in die Stadt zieht als in die Ortsteile um Niesky. Laut Statistik Sachsen wurden im vergangenen Jahr neun Bauanträge für Wohngebäude in Niesky gestellt, die Mehrzahl dürfte dabei die Stadt betreffen. Fünf Jahre zuvor waren es sogar 15 Anträge, während es 2010 ebenfalls neun Bauanträge gewesen sind, die für einen Hausneubau eingereicht wurden. Von der Statistik gezählt werden dabei nicht nur Eigenheime, sondern auch Mehrfamilienhäuser und Wohnheime. Dabei bewegt sich Niesky gegen den Trend, der für den Landkreis Görlitz zu verzeichnen ist. 2015 wurden von den Kommunen im Landkreis nur 199 Bauanträge für Häuser genehmigt, während es 2010 insgesamt 228 waren und im Vorjahr sogar 337. Das zeigt, dass der Trend zum Hausbau in jüngster Zeit stark nach oben geht.

Die Stadt Görlitz verzeichnete im Jahr 2010 einen Bauboom mit 46 Genehmigungen. In den Folgejahren pendelten sich die Baugenehmigungen auf unter 30 pro Jahr ein. Im vergangenen Jahr gab es 27 Genehmigungen. Damit liegt die Neißestadt immer noch vor den ehemaligen Kreisstädten wie Weißwasser (20), Zittau (14) und Löbau (10).

Rekordwert bei Krediten für Hausbau

Auch die Kreditinstitute der Region sehen eine ungebrochene Lust aufs Eigenheim oder das sanierte Gründerzeithaus. So verzeichnete die Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien im vergangenen Jahr mit knapp 90 Millionen Euro einen neuen Rekordwert bei privaten Wohnungsbaukrediten, ein Plus von fast 30 Prozent gegenüber dem Jahr 2019 – und auch das war bereits sehr gut gelaufen. Ganz ähnliche Erfahrungen haben die Volksbank Raiffeisenbank Niederschlesien oder die Commerzbank gemacht, die deutlich kleiner gegenüber der Sparkasse sind.

So berichtete die Volksbank, dass sie 2020 knapp zehn Prozent mehr Kredite für den Wohnungsbau zur Verfügung stellte, und die Commerzbank berichtete über Kredite in Höhe von 5,2 Millionen Euro für den Hausbau. Während die Volksbank Raiffeisenbank eher Mehrfamilienhäuser finanzierte, lag der Schwerpunkt bei der Commerzbank eindeutig beim klassischen Einfamilienhaus, häufig genug mit einem Zinsrabatt für besondere Energieeffizienz. „Die Corona-Krise hat den Wunsch nach Wohneigentum verstärkt. Besonders Immobilien mit Gärten und Balkonen waren 2020 gefragt“, erklärt Torsten Fröde, Commerzbank-Marktbereichsleiter Görlitz/Zittau, und gibt damit stellvertretend den Eindruck der gesamten Branche wieder.

Schleife stellt Städte in den Schatten

Eine Gemeinde, die seit Jahren an der Spitze der Kommunen im Landkreis liegt, ist Kottmar. Im vergangenen Jahr sind 14 Hausbauten genehmigt worden, 2015 zehn und 2010 neun. Auf der Internetseite der Gemeinde sind gegenwärtig elf Grundstücke als Bauland in den Ortsteilen, vorwiegend Eibau, Neueibau und Kottmarsdorf, beworben. Häuslebauer sind also weiterhin willkommen am Kottmar.

Aber mit der Gemeinde Schleife können es bis auf Görlitz nicht einmal die Städte im Landkreis aufnehmen. Auf 25 Genehmigungen bringt es die sorbische Gemeinde im vergangenen Jahr. Steffen Seidlich, Leiter des Amtes für Planen, Bauen und Bergbau, führt den Bauboom auf den neuen Schulkomplex zurück. Dieser wurde ebenfalls im vergangenen Jahr eröffnet und vereint Grund- und Oberschule mit der Spezialisierung auf die sorbische Sprache. Bis zu 220 Grund- und 250 Oberschüler können hier lernen. "Natürlich sind wir als Gemeinde bestrebt, unsere Schulen voll zu bekommen. Das setzt aber voraus, dass junge Familien in Schleife wohnen und leben können", sagt Seidlich.

Die Gemeinde legt sich dafür ins Zeug: Beschlossen wurde jüngst der Bebauungsplan für den Halbendorfer Weg mit zehn Baugrundstücken. In der Schublade liegt bereits der B-Plan "Am Damm" mit acht Grundstücken. Beides in Schleife. Dazu kommen noch die Tagebau-Umsiedler aus Mühlrose. Für sie werden an einem neuen Standort in Schleife 41 Eigenheime gebaut. Wie in Niesky zeigt sich auch in Schleife, dass junge Leute dort bauen wollen, wo die Infrastruktur mit Schule, Kita, Arzt, Einkaufsmarkt und öffentlichen Verkehrsmitteln vor der Haustür ist. Die Stadt Niesky hat das ebenso erkannt und will eine städtische Wiese an der Unmackstraße zum nächsten Baugebiet ausweisen. Platz bietet die Fläche für mindestens acht Grundstücke. Aber diese Anzahl war an der Martinstraße auch mal geplant.

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