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Gottleuba: Was die Wahl so interessant macht

Die Bürgermeisterkandidaten, ihre Hintergründe und Positionen sind konträr. Für das Interesse gibt's aber noch andere Gründe wie die AfD.

Von Heike Sabel
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Die Kandidaten in der Reihenfolge, wie sie auf dem Wahlzettel am 18. April stehen: Thomas Peters (CDU), Michael Ullmann (AfD), Madlen Rätze (parteilos).
Die Kandidaten in der Reihenfolge, wie sie auf dem Wahlzettel am 18. April stehen: Thomas Peters (CDU), Michael Ullmann (AfD), Madlen Rätze (parteilos). © Montage: SZ-Bildstelle

Bad Gottleuba-Berggießhübel wählt am 18. April einen neuen Bürgermeister. Wenn an diesem Tag keiner der drei Kandidaten die absolute Mehrheit der Stimmen bekommt, reicht drei Wochen später die einfache Mehrheit. Nachdem fünf Kandidaten ihr Interesse an dem Posten bekundet hatten, sind noch drei übrig. Sebastian Salomo unterlag bei der Nominierung innerhalb der CDU, Andre Webersen bekam nicht alle notwendigen 60 Unterschriften als Einzelkandidat zusammen. Nun geht ein Trio an den Start: Thomas Peters (CDU), Michael Ullmann (AfD) und Madlen Rätze (Einzelkandidat).

Die Wahl ist notwendig, weil der vor zwei Jahren gewählte Bürgermeister im vergangenen September zurücktrat. So weit, so wenig außergewöhnlich. Und trotzdem interessiert die Wahl im Doppelkurort weit mehr als die Einwohner, die sie treffen. Warum ist das so? Der Versuch einer Erklärung.

Erster Grund: Sachsenweite Bedeutung

Der kleinste gemeinsame Nenner für sehr viele Bürger, Vereine und Gruppen ist: Man will nicht die erste Stadt in Sachsen mit einem AfD-Bürgermeister sein. Die Partei hatte bei vergangenen Wahlen in Bad Gottleuba-Berggießhübel etliche Stimmen bekommen. Auch bei der Kommunalwahl vor zwei Jahren. Sie brachte der Partei zwei Stadtratssitze. Den Stimmen nach waren es sogar drei, aber es gab nur zwei Kandidaten. Und die sind inzwischen ausgetreten und formieren als Bürgervereinigung.

Eine Bürgermeisterwahl aber ist noch einmal etwas anderes. Noch dazu, da der AfD-Kandidat nicht aus Bad Gottleuba-Berggießhübel kommt, sondern aus der Gemeinde Müglitztal. Das wiederum könnte aber auch genau ein Grund sein, ihn zu wählen - weil er nicht einem der beiden großen Ortsteile zugeordnet werden kann und demzufolge nicht als Interessenvertreter nur eines Ortsteiles interpretiert werden kann. Betrachtet man die Bürgermeisterwahl von 2019 war am Ende der eben nicht aus dem Doppelkurort stammende Christian Walter der Sieger. Die Herkunft ist zwar ein eher zu vernachlässigender Aspekt, aber Bad Gottleuba und Berggießhübel verstehen sich immer noch nicht als ein Ort. Also könnte dieser Aspekt durchaus wahlentscheidend werden. Madlen Rätze steht in den Augen vieler für Gottleuba, Thomas Peters für Berggießhübel.

Zweiter Grund: Zerrissenheit und Konstellationen

Es kommt wohl nicht so oft vor, dass es ein unterlegener Kandidat noch einmal versucht. Doch Madlen Rätze tut das. Eine Besonderheit ist, dass der einstige Wahlsieger auch noch als einen Grund für seinen Rücktritt die Zusammenarbeit im Stadtrat anführt. Dort stand wiederum Madlen Rätze der CDU-Mehrheitsfraktion vor. Dazu kam nun der Austritt von Rätze aus der CDU. Gleichzeitig wurde sie in der Nominierungsversammlung der CDU noch einmal vorgeschlagen und war damit auch einverstanden. Die Entscheidung fiel denkbar knapp mit nur einer Stimme Mehrheit für Stadtrat Thomas Peters. Das machte die Zerrissenheit innerhalb der CDU in Stadt und Fraktion deutlich.

Und es führte zu einer ebenfalls alles andere als üblichen Konstellation. Nun stehen sich einstige Fraktions- und Parteikollegen als Kandidaten bei der Bürgermeisterwahl gegenüber. Während Peters bei einer Niederlage Stadtrat bleibt, ist Madlen Rätze mit ihrer Wahl zur Amtsverweserin im Dezember raus aus dem Rat - und im Falle einer Niederlage im April zunächst einmal raus aus der Kommunalpolitik. Eine Rückkehr zu ihrem Stadtratsmandat ist zumindest gesetzlich ausgeschlossen.

Das alles sorgt dafür, dass man eben auch aus anderen Orten auf Bad Gottleuba-Berggießhübel und die hiesige Bürgermeisterwahl schaut.

Dritter Grund: Rathaus- und Personalentscheidungen

In den Rathäusern von Bad Gottleuba und Berggießhübel grummelt es seit einiger Zeit. Nachdem der Beschluss zum gemeinsamen Rathaus im Haus des Gastes Berggießhübel wieder rückgängig gemacht wurde, war die Enttäuschung bei den im Rathaus Berggießhübel Arbeitenden groß. Das Haus macht schon von außen nicht viel her und drinnen ist es noch schlimmer.

In den vergangenen Wochen und Monaten gab es in der Stadtverwaltung Kündigungen und Entlassungen. Schließlich noch das Maulkorb-Schreiben, mit dem Mitarbeitern verboten werden sollte, mit der Presse zu reden. Sie hatten vorher von einer Atmosphäre der Angst und des Drucks in der Verwaltung gesprochen. Auch das hat in der Öffentlichkeit für Aufsehen - eben auch über die Stadtgrenzen hinaus - gesorgt.

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