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Lass uns trampeln gehen

Wanderungen mit Alpakas und Lamas gibt es schon. Jetzt kann man auf dem Kiesdorfer Lindengut auf Wüstenschiffen schaukeln. Ein Spaß für die ganze Familie.

Von Anja Beutler
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Kamelführer Tobias Kühn mit dem Trampeltier Djefar.
Kamelführer Tobias Kühn mit dem Trampeltier Djefar. © Matthias Weber/photoweber.de

Die Linde am Eingang zum Lindengut hat es Djefar angetan: Zu lecker sind Blätter und Blüten. Da kann auch ein neunjähriger Trampeltier-Hengst nicht widerstehen. Dass zwischen seinen zwei Höckern gerade ein Passagier sitzt, ist ihm beim Naschen schnurpsel-pieps-egal. Nur sein Führer Tobias Kühn kann ihn mit zugkräftigen Argumenten zum Spaziergang überreden. Auf einem Trampeltierrücken durchs Dorf - genauer gesagt durch Kiesdorf - spazierschaukeln, das bieten Kühn und seine Frau Nicole jetzt erstmals offiziell an. Bislang hatten sie Wanderungen mit Lamas und Alpakas, die sie ebenfalls auf ihrem Hof halten, angeboten. Nun geht es auf den Trampeltierrücken gleich noch ein Stückchen höher hinaus.

Markanter Kopf mit Hängelippe: Daran kann man erkennen, ob das Tier entspannt ist, sagt Kamelführer Tobias Kühn. Bei Djefar gibt's noch Luft nach oben - oder eher unten.
Markanter Kopf mit Hängelippe: Daran kann man erkennen, ob das Tier entspannt ist, sagt Kamelführer Tobias Kühn. Bei Djefar gibt's noch Luft nach oben - oder eher unten. © Matthias Weber/photoweber.de
Bunt geschmückt: Die Vorbesitzerin von Djefar hat die bunte Häkelpracht für das Trampeltier selbst gehäkelt: Die bunten Blumen stehen dem Hengst und erinnern an den Schmuck in der Mongolei.
Bunt geschmückt: Die Vorbesitzerin von Djefar hat die bunte Häkelpracht für das Trampeltier selbst gehäkelt: Die bunten Blumen stehen dem Hengst und erinnern an den Schmuck in der Mongolei. © Matthias Weber/photoweber.de
Kamelführer Tobias Kühn und Elisa Duschek als Reiterin sind schon ein geübtes Team. Die junge Frau beginnt bald mit ihrem Freiwilligen Ökologischen Jahr auf dem Lindengut.
Kamelführer Tobias Kühn und Elisa Duschek als Reiterin sind schon ein geübtes Team. Die junge Frau beginnt bald mit ihrem Freiwilligen Ökologischen Jahr auf dem Lindengut. © Matthias Weber/photoweber.de

Auf Djefars Rücken sitzt Elisa Duschek. Sie fängt in einigen Wochen ihr Freiwilliges Soziales Jahr auf dem Hof an, den neben Nicole und Tobias Kühn mit ihren bald drei Kindern eben auch acht Lamas, zwölf Alpakas und vier Trampeltiere bewohnen. Da gibt es einiges zu tun. Das jüngste Trampeltierbaby, Chentii, war ein Frühchen und musste mit der Flasche aufgezogen werden - der Aufwand hat sich gelohnt.

Trampeltiere, die zu den Kamelen gehören, sind sehr ruhige und entspannte Tiere. "Aber man spürt beim Reiten auch ihre Muskeln, ihre Kraft", sagt Elisa Duschek. Trampeltiere sind Gewohnheitstiere, stete Wiederholung beispielsweise der Spaziergangsroute brauchen sie. Doch sie sind auch sehr intelligent und meist entspannt. "Das erkennt man übrigens an der Unterlippe", erklärt Tobias Kühn. Hängt sie herunter, so dass das Tier die Zähne zeigt, ist es entspannt.

Dass Djefar, seine Trampeltierdame Namu und die beiden Fohlen - anderthalb Jahre und wenige Wochen alt - an diesem Sonntag von 13 bis 18 Uhr möglichst viel die Lippen hängen lassen, wünscht sich Nicole Kühn. Das Lindengut lädt dann zum Tag der offenen Tür und auch da dürfen die Gäste vielleicht auch mal ein kleines Stückchen zwischen zwei Höckern reiten. Mit Blick auf die Corona-Regeln sei alles vorbereitet, betont Nicole Kühn, die in wenigen Wochen ihr drittes Kind erwartet. Hofführungen, Leckereien, Filzen und sich ein bisschen umschauen - dazu sind Gäste gern willkommen. 2017 ist sie mit ihrem Mann - und schwanger mit dem ersten Kind - nach Kiesdorf gezogen. Das Lindengut ist jetzt ihr Paradies. Und es soll auch vor allem für Familien ein beliebter Ausflugsort werden. Neben Zucht und Wollverkauf sollen nämlich auch Veranstaltungen wie Kindergeburtstage zukünftig einmal der Haupterwerb der Familie werden. Möglich ist es aber auch, dass die Tiere vom Lindengut ein privates Fest besuchen kommen.

Wandern mit dem Selfie-Lama-Hengst

Dass es nach der Virus-Zwangspause mit den Wanderungen wieder losgeht, freut sie sehr: "Wir haben Lamas und Alpakas selbst ausgebildet", sagt sie stolz. Wanderungen können nun in kleinen Gruppen auch wieder gebucht werden. Wenn viele Frauen in der Gruppe sind, nimmt Nicole Kühn gern einen ganz bestimmten Lama-Hengst mit: "Der hat echt besonderen Charme und kann mit den Damen", sagt sie und lacht, weil sie daran denken muss, dass sich das Tier gern auch für Selfies positioniert - als wüsste er, um was es geht.

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Solche Charme-Attacken sind Djefar eher fremd. Wie es wohl ist, zwischen den Höckern zu schaukeln? Kann ja nicht so schwer sein, so wie Elisa Duschek da entspannt auf dem Rücken thront. Das Aufsteigen ist allerdings eine kleine Herausforderung: Aus dem Fernsehen kennt wohl jeder die Szene, wenn das Trampeltier sich zum Aufsitzen auf den Boden begibt. In Kiesdorf läuft das anders. Da klettert der Mensch per Leiter auf den Rücken in etwa 1,70 Meter Höhe - wenn er das Bein zwischen den Höckern eingefädelt hat. Aber dann wird es tatsächlich erhaben: Ruhig und mit weiten Schritten läuft der Hengst los. Wie man diesen - Verzeihung - Fleischberg allein lenken sollte, ist auf den ersten Blick schwer vorstellbar. Zum Glück gibt Tobias Kühn die Richtung vor. Und für alle, die Rückenprobleme haben, ist das Geschaukel eine entspannende Therapie: Der langgezogene Wiegeschritt tut gut, das hat auch Kühn selbst erfahren: "Als ich ihn abgeholt habe, hatte ich Rückenschmerzen, die Tablette hat nicht geholfen, aber eine Runde Reiten schon", sagt er.

Auf und Ab nur mit Leiter: Das Trampeltier will erklommen werden. Und ein Schutzhelm ist dabei Pflicht.
Auf und Ab nur mit Leiter: Das Trampeltier will erklommen werden. Und ein Schutzhelm ist dabei Pflicht. © Matthias Weber/photoweber.de
Schwankende Aussicht: Tobias Kühn führt Djefar mit SZ-Redakteurin Anja Beutler zwischen den Höckern ein kleines Stück durch Kiesdorf.
Schwankende Aussicht: Tobias Kühn führt Djefar mit SZ-Redakteurin Anja Beutler zwischen den Höckern ein kleines Stück durch Kiesdorf. © Matthias Weber/photoweber.de

Und dann schaukelt Djefar durch die engen Dorfstraßen. Knatternde Motorräder, ratternde Autos bringen ihn nicht aus der Ruhe. Einen Helm muss der Reiter dennoch aufsetzen - aus reiner Vorsicht. "Es kann ja doch mal sein, dass sich die Tiere erschrecken", sagt Tobias Kühn und fügt hinzu: "Wie Menschen sind auch sie nicht jeden Tag gleich gut drauf." Das hat ihm Djefar auch schon einmal gezeigt - mit einem leichten Tritt ins Gesäß, erzählt er lachend. Sollte wohl heißen: Genug gewandert, Stall ansteuern. Seitdem schaut er einmal öfter auf die Lippen des Tieres.

Wanderungen mit Alpaka, Lama & Co. gibt es auch hier:

  • Oberlausitzer Alpaka-Land in Altbernsdorf: Spaziergänge mit Alpakas für Kinder und Erwachsene nach Anfrage in kleinen Gruppen. Hof in Altbernsdorf bietet auch Ferienwohnungen und Wolle.
  • Knorrs Lamahof in Seifhennersdorf: Sechs Tiere leben hier insgesamt. Im Angebot sind Lama-Wanderungen auf Anfrage. Auch Ferienwohnungen werden vermietet.
  • Tierhof am Eichenwäldchen in Eckartsberg: Hofführungen und Wanderungen mit Alpakas für Kinder, Erwachsene, Schulklassen, Menschen mit Behinderung jeweils auf Anfrage. Gäste können mit den Tieren auf Wunsch auch allein eine Runde drehen.
  • Alpakawiese Blumrich in Leutersdorf: Spaziergänge mit Alpakas auf Anfrage für etwa fünf Personen. Bietet zudem tiergestützte Therapie für Menschen mit psychischen Erkrankungen oder auch zur Mobilisation an.

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