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Campen am Kühlhaus

Urlaub mit Wohnwagen oder Caravan liegt voll im Trend. Die Stadt ist darauf eingestellt – und will besser werden.

Von Gabriela Lachnit
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Camper aus dem Rheinland auf dem neuen Campingplatz am Kühlhaus in Görlitz-Weinhübel.
Camper aus dem Rheinland auf dem neuen Campingplatz am Kühlhaus in Görlitz-Weinhübel. © Gabriela Lachnit

Die vier Radler aus dem Rheinland lassen es sich gut gehen beim Frühstück auf dem Campingplatz am Kühlhaus in Weinhübel. Die Familien Hein und Granicke sind auf dem Oder-Neiße-Radweg von der Quelle bis zur Ostsee unterwegs. „Normalerweise bleiben wir nur eine Nacht an einem Ort, aber für Görlitz machen wir eine Ausnahme, wir wollen unter anderem die Altstadt sehen“, sagt Susanne Hein.

Von dem Campingplatz sind sie begeistert. „Gute, saubere sanitäre Anlagen, ein schattiger Platz, sehr freundliche, hilfsbereite und unkomplizierte Mitarbeiter vor Ort“, ergänzt die Radlerin. Nur, dass der Platz für Zelte, Caravans und Wohnmobile in keiner Karte zu finden war, bedauern die Rheinländer. Erst im Internet haben sie einen Hinweis gefunden.

Das ist kein Wunder, denn erst seit Mai dieses Jahres gibt es diesen Campingplatz, auf dem Gäste mit Wohnmobil oder Caravan genauso willkommen sind wie mit Zelten. Dass er schon nach kurzer Zeit so gut angenommen wird, hängt auch damit zusammen, dass der Urlaub mit Wohnmobil und Caravan boomt. Das bestätigt Eva Wittig. Sie ist die Leiterin des Marketings bei der Europastadt Görlitz/Zgorzelec GmbH (EGZ). „Ja, die Nachfrage ist riesig“, betont sie. Die Marketingfachfrau sieht die Stadt zwar schon recht gut aufgestellt, was Stellplätze für Wohnwagen betrifft, zufrieden mit dem Angebot ist sie aber nicht. „Wir brauchen noch mehr Plätze mit der entsprechenden Infrastruktur als verlässliche Größe, beispielsweise für Leute, die spontan mit Wohnmobil oder Caravan unterwegs sind“, sagt Eva Wittig.

Leute mit Ideen sind gefragt

Hier seien alle touristischen Leistungsanbieter in der Stadt und darüber hinaus gefragt. „Je mehr Ideen umgesetzt werden, desto höher ist die Chance, dass Gäste länger bleiben als ursprünglich beabsichtigt.“ Man müsse die Gäste überraschen. Diese Erfahrung hat Helga Grasse bereits gemacht. In Klingewalde bietet die Familie drei Caravan-Stellplätze an. Erst vor wenigen Tagen waren Hamburger da. „Sie wollten zwei Nächte bleiben, nach vier sind sie gefahren“, erzählt Frau Grasse, die oft internationale Gäste auf ihrem Grundstück beherbergt, darunter Spanier, Italiener und natürlich Holländer. Die Hamburger Gäste waren dem Rat von Frau Grasse gefolgt und hatten sich Stadt und Umland gründlich angesehen.

Der Campingplatz am Rosenhof in Biesnitz ist einer der größten in der Region. Weil so viel Platz ist, müssen sich Camper hier nicht anmelden.
Der Campingplatz am Rosenhof in Biesnitz ist einer der größten in der Region. Weil so viel Platz ist, müssen sich Camper hier nicht anmelden. ©  André Schulze

Das tat auch eine Gruppe Irländer, die sich den Rosenhof in Biesnitz für ein paar Tage als Domizil erwählt hatte. Vor zwei Jahren ist der Campingplatz wegen der großen Nachfrage erweitert worden. Im Gegensatz zum Campingplatz am Kühlhaus steht der am Rosenhof in Campingführern schon drin. Mario Henschel vom Rosenhof bestätigt den zunehmenden Trend, mit Wohnmobil und Caravan unterwegs zu sein. „Wir hatten schon mal etwa 90 Gefährte hier, als es in der Landskron Brauerei eine Oldtimer-Veranstaltung gab“, sagt er. Es spricht sich eben unter den Campern schnell herum, wo sie in Görlitz und dem Umland eine Bleibe auf Zeit mit guter Infrastruktur erhalten können. So sieht das auch Danilo Kuscher von der Firma Altes Kühlhaus Görlitz. Er ist auch Vorsitzender des Kühlhaus-Vereins und ist froh, dass der Campingplatz in Weinhübel an dem ehemaligen Fabrikgebäude „ausgesprochen gut angenommen wird“. Er ist bisher in den üblichen Prospekten nicht zu finden. Aber das soll sich ändern. Wenn die EGZ einen neuen Atlas für Wohnmobil- und Caravanstellplätze herausgibt, ist der Platz am Kühlhaus mit verzeichnet. Der neue Prospekt wird demnächst erscheinen, denn die Auflage aus dem Jahr 2015 ist vergriffen und muss aktualisiert werden. Neben den bislang bestehenden Plätzen wird dort auch der neue Campingplatz an der Blauen Lagune am Berzdorfer See eingetragen sein. Er soll im Frühjahr 2020 an den Start gehen.

Niesky hatte einen Plan

Auch Stellplätze am Hafen am Berzdorfer See sind für die nächste Saison geplant. „Den linken Teil unseres großen Parkplatzes am Hafen halten wir für Wohnmobile und Caravans vor“, informiert Kommwohnen-Sprecherin Jenny Thümmler. Die Flächen werden voraussichtlich im Spätsommer kenntlich gemacht. „Ein Konzept inklusive der Preise gibt es dann auch“, so die Sprecherin. Duschen und Toiletten können die Gäste dann im Hafengebäude nutzen – und natürlich das Hafencafé.

So weit wäre die Stadt Niesky auch gern. Nachdem schon vor Jahren eine Anregung aus dem Stadtrat kam, einen Stellplatz für Wohnmobile einzurichten, ist ein entsprechender Plan erarbeitet worden. Der sieht vor, am Konrad-Wachsmann-Haus in Niesky auf einem Nachbargrundstück einen Parkplatz zu bauen, auf dem auch Wohnmobile und Caravans abgestellt werden können. Die Stadt hofft dabei auf Fördermittel. Allerdings steht dieses Projekt wie andere in der Stadt derzeit auf wackligen Beinen. Denn die Stadt musste vor wenigen Wochen eine Gewerbesteuer-Rückerstattung leisten. Damit fehlt jetzt Geld im Haushalt, das eigentlich schon verplant war. „Wir müssen jetzt prüfen, was noch machbar ist“, sagt Barbara Giesel, die Leiterin des Fachbereichs Technische Dienste. „Ohne Eigenmittel bekommen wir aber keine Fördermittel“, bedauert sie.

Gäste wollen überrascht werden

Eine SZ-Umfrage ergab, dass die meisten Gäste auf Campingplätzen nicht nur einen sicheren Abstellplatz mit dem entsprechenden Service wie sanitären Einrichtungen, Stromanschluss und Möglichkeiten für die Entsorgung von Grauwasser und Toiletten wünschen. Eine Waschmaschine zur Nutzung, Tipps für Ausflüge in die Stadt und die Region und mehr werden gern angenommen. Wie im Kühlhaus. Dort können Gäste als Freizeitsport mit BMX-Rädern unterwegs sein, an Konzerten teilnehmen und kostenloses WLAN nutzen. Es gibt Aufenthaltsräume für schlechtes Wetter oder für Treffs mit anderen Campern. Das kommt an. „Und hat wohl dazu beigetragen, dass wir fast nur positive Rückmeldungen von Campern erhalten“, sagt Danilo Kuscher. Die Nähe zum Bahnhof Weinhübel sei ein Vorteil, den viele Camper gerne nutzen. „In drei Minuten sind sie am Bahnhof Görlitz, in fünf in Hagenwerder“, sagt er. Und denkt dabei vielleicht ein bisschen an den Umweltschutz.

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