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Dynamos Torschütze und sein Plan nach dem Derbysieg

Patrick Schmidt ist der Gewinner beim 2:1-Erfolg gegen Aue, aber zum Feiern ist er zu müde. Warum der Stürmer so wichtig ist und wie er seine Zukunft sieht.

Von Sven Geisler
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Wir. Zusammen. Jetzt. So haben sich Fans und Mannschaft für den Kampf um den Klassenerhalt eingeschworen – gegen Aue hat es funktioniert.
Wir. Zusammen. Jetzt. So haben sich Fans und Mannschaft für den Kampf um den Klassenerhalt eingeschworen – gegen Aue hat es funktioniert. ©  dpa/Robert Michael

Dresden. Was war das für ein Derby? Und vor allem: Was war das für eine Mannschaft in Schwarz und Gelb? Mancher der Dynamo-Fans im ausverkauften Rudolf-Harbig-Stadion hat sich am Sonntagnachmittag wohl verwundert die Augen gerieben. So hatten sie ihr Team schon lange nicht mehr gesehen. Es ist nicht allein der Kampf, dieser Geist stimmte eigentlich auch im tristen Herbst. Vielmehr ist es das Selbstbewusstsein, die Energie, die Leidenschaft, die in diesem Sachsenderby den Unterschied macht.

Deshalb mag der Trainer nach dem verdienten 2:1-Sieg gegen den Erzrivalen aus Aue keinen herausheben, sondern erst einmal alle loben. Anders als Markus Kauczinski hatte jedoch der K-Block einen quasi sogar in den Himmel gehoben. „Fußballgott“ riefen sie von den Stehplätzen zum Namen des Schützen nach dessen zweitem Tor. Patrick Schmidt selbst hat das zwar direkt nicht mitbekommen, wie er sagt, „aber es freut mich natürlich, klar. Wenn ich auf dem Platz stehe, gebe ich mein Bestes – wenn es so klappt, umso besser.“

Aue-Führung zählt nach Videobeweis

Patrick Schmidt (2. v. l.) klatscht nach dem Derbysieg mit Niklas Kreuzer ab. Ondrej Petrak und Josef Husbauer (r.) freuen sich mit dem Doppel-Torschützen.
Patrick Schmidt (2. v. l.) klatscht nach dem Derbysieg mit Niklas Kreuzer ab. Ondrej Petrak und Josef Husbauer (r.) freuen sich mit dem Doppel-Torschützen. ©  dpa/Robert Michael

Im Winter hat sich der 26 Jahre alte Stürmer von Heidenheim, wo er in dieser Saison nur vier Einsätze hatte, nach Dresden ausleihen lassen. In den sieben Partien seitdem stand er sechsmal in der Startelf, hat nun bereits vier Treffer erzielt, zwei im sächsischen Prestigeduell, in dem Dynamo früh hinten liegt. Kein Abseits. Nach Videobeweis gilt das 1:0 durch Jan Hochscheidt, bei dem sich die anfangs etwas unsicheren Gastgeber überrumpeln lassen.

Doch danach zeigen sie eine Reaktion, wiederholen ihre „Comeback-Qualitäten“, wie es Kauczinski ausdrückt. Sie entfachen die besondere Atmosphäre auf den Rängen, die in Dresden schon manchen Gegner beeindruckt hat. Dynamo setzt Aue unter Druck, spielt mutig und entschlossen nach vorn. Das einzige Manko: Die Chancen bleiben ungenutzt. Was gleichzeitig ein Kompliment an Aues Torwart Martin Männel ist, der mehrfach klasse hält. Eine Minute vor der Pause ist jedoch auch er machtlos, weil bei Dynamos Konter alles passt. „Die Vorlage ist Weltklasse, so etwas wünscht man sich als Stürmer, da musst du nur noch den Fuß dran halten“, beschreibt Schmidt sein Tor zum Ausgleich und lobt den Vorlagengeber: „Wie Godsway (Donyoh/d. A.) das macht, ist es perfekt.“

Das 1:1 zur Pause ist glücklich für die Gäste, räumt Aue-Trainer Dirk Schuster ein – und er meint nicht nur den Lattentreffer von Simon Makienok kurz vor dem Gang in die Kabine. Die Stimmung kommt an. „Nach dem 1:1 dröhnen einem die Ohren, wenn man dann in der Kabine sitzt, das ist einfach geil“, meint Schmidt. Nach dem Seitenwechsel das gleiche Spiel: Dynamo hat gute Möglichkeiten, Donyoh die beste, aber Männel pariert. „Ich habe Godsway direkt aufgemuntert, denn das war für mich ein Zeichen: Wir kriegen unsere Chancen“, erzählt Schmidt. Die laut Kauczinski schwierigste nutzt der Angreifer dann, erzielt das 2:1 per Fallrückzieher.

"Dass es so klappt – Wahnsinn, noch dazu in dem Spiel“

Was für ein Treffer! Nach dem Fallrückzieher von Patrick Schmidt streckt sich Aues Torwart Martin Männel vergeblich, kann dem Ball nur noch hinterherschauen.
Was für ein Treffer! Nach dem Fallrückzieher von Patrick Schmidt streckt sich Aues Torwart Martin Männel vergeblich, kann dem Ball nur noch hinterherschauen. ©  dpa/Robert Michael

Schöner geht‘s nicht. Schmidt staunt selbst ein bisschen, wie ihm dieses Kunststück gelungen ist. „Es ist nicht so, dass die Flanke kommt und ich denke mir: Na gut, machst du mal einen Fallrückzieher. Das passiert instinktiv. Dass es so klappt – Wahnsinn, noch dazu in dem Spiel.“ Sein schönstes Tor ist es definitiv, wie er betont, vor allem ein extrem wichtiges. Dynamo kommt als Tabellenletzter den Nichtabstiegsplätzen näher: ein Punkt zur Relegation, vier zum direkten Klassenerhalt.

„Mit so einem Sieg im Derby können wir den Fans, die so viel Scheiße erlebt haben in dieser Saison, etwas zurückgeben“, meint Schmidt, aber: „Es geht weiter, immer weiter.“ Am nächsten Sonntag muss Dynamo zu Hannover 96, personell wie finanziell ein Aufstiegskandidat, der sich ins Mittelfeld abgesetzt hat. So banal das klingen mag, aber der Derbysieger bekommt keine Bonuspunkte. „Wenn wir unsere Ziele erreichen wollen, müssen wir so eine Serie starten“, meint Kauczinski: „Wir sind dran, wir leben tatsächlich. Die Art und Weise, wie wir heute gespielt haben, war gut. Das ist ein schönes Gefühl.“

Das beste hat wohl der Doppeltorschütze. „Ich würde lügen, wenn ich behaupte, dass es mir nicht besonders gut geht nach zwei Toren“, sagt Schmidt. Allzu groß feiern wollte er das Erfolgserlebnis trotzdem nicht, sondern mit Freunden essen gehen und „entspannt ein bisschen schnacken“, denn: „Ich bin ziemlich kaputt, falle dann müde ins Bett.“ Mit 11,64 hat er nach Mittelfeldrenner Dzenis Burnic (11,66) die meisten Kilometern geschrubbt, weshalb sich der Trainer dann doch noch zu einem Sonderlob hinreißen lässt. „Patrick ist ein Phänomen. Er läuft so viel und man denkt: Jetzt ist gleich Schluss. Aber er kommt immer wieder und ist in der Lage ein Tor zu machen“, sagt Kauczinski.

Es schaffen und hierbleiben?

Doppel-Torschütze und Torwart im Austausch: Dynamos Patrick Schmidt (l.) konnte Aues starken Schlussmann Martin Männel zweimal überwinden.
Doppel-Torschütze und Torwart im Austausch: Dynamos Patrick Schmidt (l.) konnte Aues starken Schlussmann Martin Männel zweimal überwinden. ©  dpa/Robert Michael

Für Schmidt hat sich der Wechsel nach Dresden allemal gelohnt. „Das war schon vor dem Spiel klar“, meint er nach seinem Gala-Auftritt gegen Aue. „Ich darf hier einfach Fußball spielen, das, was ich am liebsten mache.“ Darauf allein will er es aber nicht beschränken. „Ich bin nicht hierher gekommen, um ein paar Spiele zu machen, sondern mit der vollen Überzeugung, dass wir das schaffen können.“

Dynamo hat sich für ihn eine Kaufoption gesichert. „Es schaffen und hierbleiben, das wäre eine schöne Sache, ja“, beantwortet er die – zugegebenermaßen suggestiv gestellte – Frage nach seiner Zukunft. Das Schöne daran: Er kann selbst allerhand dafür tun, dass es so kommt.