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Ein Mini-Quartier blüht auf

David Ledwon saniert an der Heilige-Grab-Straße ein Eckhaus und dahinter Einfamilienhäuser. Die Nachfrage ist groß.

Von Ingo Kramer
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Das derzeit in Sanierung befindliche Eckhaus Heilige-Grab-Straße/Friedhofstraße im heutigen Zustand
Das derzeit in Sanierung befindliche Eckhaus Heilige-Grab-Straße/Friedhofstraße im heutigen Zustand © Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c

Einen solchen Komplex gibt es in dieser Lage wohl kein zweites Mal in Görlitz: 2 500 Quadratmeter Land, bebaut mit einem Mehrfamilienhaus und dahinter diversen gut erhaltenen kleineren Gebäuden, die sich perfekt als Einfamilien-Reihenhäuser eignen, in der Mitte eine große Grünfläche mit einigen alten Bäumen. Direkt davor eine Straßenbahnhaltestelle, eine Straßenecke weiter ein Aldi-Markt und ein Bäcker – und die historische Altstadt ist auch ganz schnell zu Fuß erreichbar.

Die Rede ist vom Gebäudekomplex an der Heilige-Grab-Straße/Ecke Friedhofstraße. „Dass ich hier saniere, spricht sich herum wie ein Lauffeuer“, sagt David Ledwon. Schon zig Anfragen hat er bekommen – und einige Einfamilienhäuser sowie Wohnungen im Vorderhaus inzwischen auch vermietet. Die zentrale Lage ist aber nur ein Kriterium. Für viele Mieter ebenso wichtig: Balkon, Aufzug, hochwertige Bäder, Fußbodenheizung und ein eigener Stellplatz auf dem Gelände. „All das gibt es hier, die Einfamilienhäuser haben sogar jeweils eine eigene Garage“, sagt Ledwon.

Der 46-Jährige stammt von hier, ist „Görlitzer mit Leib und Seele“, wie er sagt. Er hat eine gut gehende Sanitär- und Heizungsfirma – und ein gutes Gespür für die Sanierung von Häusern, für die es tatsächlich viel Nachfrage gibt. Im Stadtzentrum hat er schon einige Häuser saniert, in Rauschwalde gehört ihm eine Villa in der Rosa-Luxemburg-Straße und in Ludwigsdorf der frühere Gutshof Hedicke sowie ein paar Häuser in dessen direkter Umgebung, darunter das einstige Gemeindeamt. Das frühere Hedicke-Anwesen heißt heute „Dein Gutshof“ und wird von Ledwons Frau Daniela als Hotel betrieben.

David Ledwon saniert den gesamten Gebäudekomplex an der Heilige-Grab-Straße/Ecke Friedhofstraße. Dazu gehören auch all die kleinen Häuser, die in der Mitte und links zu sehen sind. Vom Balkon des Eckhauses reicht der Blick auf das Heilige Grab und bis zur Peterskirche.
David Ledwon saniert den gesamten Gebäudekomplex an der Heilige-Grab-Straße/Ecke Friedhofstraße. Dazu gehören auch all die kleinen Häuser, die in der Mitte und links zu sehen sind. Vom Balkon des Eckhauses reicht der Blick auf das Heilige Grab und bis zur Peterskirche. © Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c
Die Baustelle von David Ledwon
Die Baustelle von David Ledwon © Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c
In einem der Hinterhäuser gibt es dieses alte Gewölbe. Hier entsteht ein kleines Apartment.
In einem der Hinterhäuser gibt es dieses alte Gewölbe. Hier entsteht ein kleines Apartment. © Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c
Einem undatiertes Archivbild, als hier ein Restaurant existierte.
Einem undatiertes Archivbild, als hier ein Restaurant existierte. © Ratsarchiv/Robert Scholz

Der Gebäudekomplex an der Heilige-Grab-Straße/Ecke Friedhofstraße hat eine lange Geschichte. Dieter Schwarzer kennt sie am Besten. Seine Frau stammt aus diesem Komplex, er heiratete ein und betrieb lange eine Schlosserei in einem der Hinterhäuser. Heute ist er 82 Jahre alt – und immer noch täglich auf dem Grundstück anzutreffen. „Das Vorderhaus wurde 1865 als Gasthof errichtet“, sagt er. Die Hinterhäuser stammen aus der gleichen Zeit und waren zunächst eine Bauernwirtschaft, denn in Richtung des heutigen Königshufen gab es große Felder. Später wurden die Hinterhäuser auch als Ausspannung genutzt: „Vorn trafen sich die Viehhändler in der Gaststube und hinten standen die Fuhrwerke“, sagt Schwarzer. Sogar ein Viehmarkt sei hinten mal abgehalten worden.

Nach dem Ersten Weltkrieg schloss der Gasthof, hinten zog eine Möbeltischlerei ein, in der früheren Gaststube waren Ausstellungsraum und Möbellager. Der Tischlermeister starb 1964, damit endete auch diese Nutzung. Nach zahlreichen Wirren fiel das ganze Grundstück nach der Wende an Familie Schwarzer zurück. Viele Nutzer gab es aber nicht mehr, nur noch die eigene Schlosserei und einen Mieter in einem Hinterhaus sowie drei Garagenmieter. Im Vorderhaus stand alles leer.

Doch Dieter Schwarzer ließ nichts verfallen, sondern sorgte Stück für Stück dafür, alle Dächer dicht zu bekommen. Das gelang mit 150 000 Euro Fördermitteln, aber auch viel eigenem Geld. Allein: Für eine Komplettsanierung reichte das Geld nie. Als Schwarzer 80 war und Tochter und Schwiegersohn kein Interesse hatten, die Regie zu übernehmen, entschloss sich die Familie zum Verkauf. Ledwon erfuhr aus dem Internet davon, schaute sich den Komplex an und freundete sich mit Schwarzer an: „Er bastelt hier immer noch an alten Motorrädern, diese Leidenschaft verbindet uns.“ Schließlich kaufte Ledwon den ganzen Komplex und begann im September mit der Sanierung. „Die Grundrisse, die Herr Schwarzer angelegt hat, sind gut“, so Ledwon. Daran verändert er kaum noch etwas. So entstehen hinten sechs Einfamilien-Reihenhäuser unterschiedlicher Größe und ein kleines Apartment im Gewölberaum. Die Hälfte davon ist schon fertig, die Bewohner bereits eingezogen. Eins der Häuser ist aber derzeit noch zu haben.

Im Vorderhaus baut Ledwon zwei Zweiraum-, drei Dreiraum- und drei Vierraum-Wohnungen aus. Auch hier sind die ersten schon vergeben. Ledwon verkauft nichts, sondern vermietet alles für eine Kaltmiete von 6,50 Euro pro Quadratmeter. Ähnlich hat er das auch bei den anderen Häusern gehandhabt, die er saniert hat. Für Heizung und Sanitär, aber auch für den Trockenbau, nutzt er seine eigenen Leute. Die restlichen Arbeiten werden durch andere Fachfirmen erledigt. Insgesamt investiert er 1,5 Millionen Euro in den Komplex. Ende des Jahres soll alles fertig sein. Im Hof will Ledwon einige Wege pflastern, viel Grün erhalten, aber auch Stell- und Grillplätze anlegen. In den nächsten zwei bis drei Jahren soll dann auf einer jetzigen Wiese noch ein Einfamilienhaus hinzukommen: „Diese Fläche ist als Bauland freigegeben.“ Dieter Schwarzer darf auch bleiben und in seiner Garage schrauben, solange er kann und will.

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