Kubschütz. Als Georg Heß am Donnerstagabend die Tür zu seinem Haus im Kubschützer Ortsteil Neupurschwitz öffnet, hört man aus seinem Garten nur die Gänse schnattern. "Es ist grade erst Ruhe eingekehrt", sagt er und führt nach draußen. Hinter dem Grundstück wiegt sich auf einem Feld der Weizen im Wind. Etwa 200 bis 300 Meter weiter hinten begrenzen Bäume und eine Mauer die Sicht. Dort beginnt das Gelände des Flugplatzes in Litten.
Georg Heß zückt sein Handy und spielt eine Aufnahme ab. Er hat sie an seiner Terrassentür aufgenommen. Augenblicklich übertönt lautes Motorengeheul die Ruhe, Reifen quietschen. Für Georg Heß und die anderen Anwohner der kleinen Siedlung gehört diese Geräuschkulisse seit Wochen immer wieder zum Alltag.
Anfangs ignorierten die Betroffenen den Lärm. "Wir sind es ja gewohnt, dass auf dem Flugplatz immer mal wieder Krach ist, und es hat ja niemand was gegen den Flugbetrieb", sagt Georg Heß. Dann aber sei die Belastung größer geworden. "Es wurde immer schlimmer, den ganzen Nachmittag fuhren die, stundenlang, ohne Pause."
Heß wandte sich an Olaf Reichert (parteilos), den Bürgermeister der Gemeinde Kubschütz, auf deren Territorium der Flugplatz liegt. Der sagt: "Jedes Wochenende rufen die Leute mich inzwischen an und beklagen sich." Tun kann er dagegen nichts. Veranstaltungen dieser Art muss die Gemeinde nicht genehmigen, allenfalls den Ausschank erlauben.
Der Flugplatz ist in Privatbesitz. Wie das Landratsamt Bautzen, das einen Erbpachtvertrag mit dem Eigentümer unterhält, mitteilt, müsse der sich Untervermietungen auf dem Flugplatzgelände genehmigen lassen. Weiter heißt es: "Aktuell liegen allerdings keine Anträge zur Genehmigung vor." Kurz: Genehmigt ist gar nichts.
Tilo Hofmann, Geschäftsführer der Flugplatz Bautzen Betreibergesellschaft, will sich am Freitag auf Anfrage zu den Vorgängen auf dem Flugplatz nicht äußern.
Veranstalter reagiert nicht
Als Organisator der Veranstaltung gibt sich das Unternehmen mamo productions mit Sitz im Großpostwitzer Ortsteil Eulowitz zu erkennen. Laut Handelsregisterauszug ist der Zweck des Unternehmens die "Ausrichtung von Veranstaltungen jeglicher Art, Fahrsicherheitstraining, Drift-Shows, Vermietung von Fahrzeugen, Reifenservice, Promotion". Gegründet wurde mamo productions am 22. September 2016. Geschäftsführer Martin Montag reagierte am Freitag nicht auf die Gesprächsversuche von Sächsische.de.
Olaf Reichert zufolge seien ihm durch Martin Montag für den Zeitraum von Donnerstag bis Sonnabend Fahrsicherheitstrainings auf dem Flugplatz angekündigt worden. Der Flugplatzbetreiber habe ihm ausgerichtet, er führe keine Veranstaltung durch, müsse daher nichts anmelden und verfüge außerdem über eine Betriebserlaubnis für Geräusche von bis zu 120 Dezibel. Das entspricht dem Lärmpegel einer Kettensäge oder eines Presslufthammers – und gilt als Schmerzgrenze für das menschliche Ohr. Offen bleibt, ob diese Betriebserlaubnis allgemein oder nur für den Flugverkehr gilt.
Die Polizei ermittelt
Die Vorfälle sind der Polizeidirektion Görlitz bekannt, sagt Pressesprecherin Anja Leuschner. Etwa im Mai dieses Jahres seien die ersten Anrufe wegen Lärmbelästigung eingegangen. Ob es sich dabei um Ordnungswidrigkeiten gehandelt habe, sei noch zu prüfen.
Darüber hinaus kläre man derzeit die Zuständigkeiten für diese Fälle. "Das Landratsamt Bautzen prüft die Sachverhalte emissionsschutz- und liegenschaftsrechtlich." Aber auch Anja Leuschner bestätigt: "Es handelt sich bei den 'Autorennen' um Fahrsicherheitstrainings."
"Das ist doch kein Fahrsicherheitstraining. Die driften", ist sich Georg Heß dagegen sicher. Das deckt sich mit den Berichten weiterer Augenzeugen und passt überdies ins Bild: Martin Montag wird auch auf der Seite eines Drift-Festivals in der thüringischen Kreisstadt Schleiz als Veranstalter aufgeführt. In diesem Jahr musste das Festival corona-bedingt ausfallen. Stattgefunden hätte es am 27. und 28. Juni auf dem Schleizer Dreieck, "Deutschlands ältester und bester Naturrennstrecke", wie es auf deren Internetseite heißt.
Genau auf solche Strecken sollten sich die Drifter auch zurückziehen, findet Georg Heß. "Sie können doch den Lausitzring mieten, aber der ist wahrscheinlich zu teuer. Aber das ist doch hier ein Flugplatz und keine Rennstrecke – und vor allem kein rechtsfreier Raum", sagt er.
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