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Uhrenfirmen lassen Baselword sterben

Die Kritik hält seit Jahren an. Mehrere Glashütter herstellen haben über Alternativen nachgedacht.

Von Maik Brückner
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Das waren noch Zeiten: An der Baselworld 2018 nahmen noch mehrere Hersteller aus dem Müglitztal teil. Nun steht der Branchentreff vor dem Aus.
Das waren noch Zeiten: An der Baselworld 2018 nahmen noch mehrere Hersteller aus dem Müglitztal teil. Nun steht der Branchentreff vor dem Aus. © Getty Images Europe

Über Jahre war die Baselworld der Treffpunkt der feinen Uhrmacherkunst. Hier trafen sich Verkäufer, Marketingprofis, Fachhändler, Uhrenfans und Uhrmacher. Denn Firmen, die etwas auf sich hielten und es sich leisten konnten, stellten auf der weltgrößten Uhrenmesse ihre neuen Produkte vor. Auch für viele Glashütter Hersteller war dieser Branchentreff der wichtigste Termin im Geschäftsjahr. Doch das ist vorbei. In diesem Jahr fiel die Baselworld wegen der Corona-Krise aus. Sie sollte vom 28. Januar bis zum 2. Februar 2021 nachgeholt werden. Doch auch dieser Termin ist geplatzt. Die Messeleitung teilte vor wenigen Tagen mit, die geplante Baselworld 2021 nicht durchzuführen.

"Wir sind intensiv daran, zusammen mit den Ausstellern und Besuchern die Bedürfnisse und Möglichkeiten neuer Plattformen abzuklären und zu diskutieren", erklärte der Verwaltungsdirektor der Messeleitung, Michel Loris-Melikoff. Bis zum Sommer werde man über mögliche Folgeformate entscheiden. Danach werde man über das neue Konzept und die Terminplanung informieren, teilte er mit.

Bei der Firma Tutima, die 2019 auf eine 40-jährige, ununterbrochene Teilnahme an der Baselworld zurückblicken konnte, ist man ratlos. "Leider können wir zum derzeitigen Zeitpunkt noch gar nicht so viel dazu sagen. Wir müssen erst einmal abwarten, wie sich der Messemarkt weiterentwickelt", sagt Betriebsleiter Alexander Philipp.

40 Jahre nutze die nun auch in Glashütte tätige Uhrenfirma Tutima die Baselworld, um ihre Produkte Fachhändlern und der Uhrenfans vorzustellen.
40 Jahre nutze die nun auch in Glashütte tätige Uhrenfirma Tutima die Baselworld, um ihre Produkte Fachhändlern und der Uhrenfans vorzustellen. © privat

Für Nomos kam die erneute Absage nicht ganz überraschend. "Die Entwicklung hat sich abgezeichnet", sagt Unternehmenssprecher Florian M. Langenbucher. Sein Unternehmen habe von der Messe in Basel profitiert, es lief jahrelang prima. "Wir haben nicht, wie andere Marken, ein großes Netz von Vertretern", so Langenbucher. Deshalb sei es wichtig gewesen, die Fachhandelspartner bei Gelegenheiten wie einer Messe regelmäßig sehen, und ihnen auch neue Uhren zu zeigen. "Doch die starke Fokussierung auf diesen einen Termin im Frühjahr – die gab es schon länger nicht mehr", sagt Langenbucher. Zum einen gibt es neue Uhren das ganze Jahr über - und zum anderen gibt es heute mehr Möglichkeiten der Kommunikation und Interaktion.

Thilo Mühle schaut dem Treiben indes entspannt zu. Denn der Chef des gleichnamigen Glashütter Uhrenherstellers hatte den Termin ohnehin nicht im Kalender. Denn sowohl für 2020 als auch für 2021 hatte er nicht vor, den Branchentreff zu besuchen. "Dies hat natürlich unterschiedliche Gründe und hängt auch sehr mit dem Management der Messe Basel zusammen", sagt der Unternehmer. Es sei fraglich, ob diese Art von Messen in der Zukunft noch die Bedürfnisse von Ausstellern und Kunden entspricht. 

Lange hat schon lange einen anderen Messeplatz

Die Kritik ist nicht neu. Bereits 2018 hatte sich der Swatch-Konzern, der im Müglitztal die Uhrenmanufaktur Glashütte Original und Uhrenfabrik Union besitzt und zu dem auch die Marken Breguet, Blancpain, Jaquet Droz, Harry Winston und Omega gehören, aus Basel verabschiedet. Diese Messe sei nicht mehr zeitgemäß, begründete Konzernchef Nick Hayek den Ausstieg. Es gebe effektivere Vertriebswege. Auch die hohen Standgebühren ärgerten ihn. Der Konzern mit seinen 18 Marken habe dem Vernehmen nach zuletzt 44 Millionen Euro dafür aufgebracht. Für Hayek war das zu viel. Auch andere Hersteller beklagten die exorbitant hohen Standmieten, aber auch die Preisgestaltung der Basler Hotels und Gasthäuser. Denn zu Messezeit gingen die Preise rapide nach oben. Mehrere Firmen, auch Glashütter, wichen deshalb auf Unterkünfte im benachbarten Baden-Württemberg aus.

Der Todesstoß für die Baseler Messe kam vor wenigen Tagen. Mitte April erklärten mit Rolex, Tudor, Chopard, Chanel und Patek Philippe fünf weitere große Hersteller ihren Abschied von der Baselworld. Wenige Tage später folgten die Marken des weltgrößten Luxuskonzerns LVMH, darunter Zenith, TAG Heuer und Hublot.

"Heute ist Patek Philippe nicht mehr im Einklang mit der Vision der Baselworld. Es gab zu viele Diskussionen und ungelöste Probleme. Das Vertrauen ist nicht mehr da", zitierte die Schweizer Marketing-Fachzeitschrift Horizont Patek-Philippe-Präsident Thierry Stern. Die fünf Hersteller planen indes eine eigene Veranstaltung in Genf, die parallel im April 2021 zur Uhrenmesse Watches & Wonders stattfinden soll.

Glashüttes größter Uhrenhersteller, der Luxusuhrenhersteller Lange, hat sich schon vor Jahren von der Baselworld verabschiedet und stellte seine Uhren zusammen mit anderen Firmen aus dem Richmont-Konzern auf dem Genfer Uhrensalon aus, der ab dem kommenden Jahr unter dem Namen Watches & Wonders firmieren wird.

Nomos und Mühle haben Alternative

Man darf gespannt sein, wie die Glashütter Hersteller reagieren. Die Firma Mühle hat indes schon einen Weg gefunden, ihre Produkte den Uhrenfans vorzustellen. "Unsere Konzentration liegt derweil auf der Inhorgenta, eine Messe in München, welche sich sehr erfolgreich entwickelt." Und Nomos: "Wir gehen derzeit davon aus, dass wir in Genf ausstellen werden", so Sprecher Langenbucher. Und: "Wir glauben: Durch eine Messe wie die in Genf werden wir die Funktion von Basel mindestens kompensieren."

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