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Schweinepest rückt näher an die Neiße

Der Landkreis Görlitz hat noch keinen Fall von ASP. Die Gefahr wird als hoch eingeschätzt und deshalb der Ernstfall geprobt.

Von Steffen Gerhardt
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Neben Wildschweinen sind Hausschweine die Betroffenen der Afrikanischen Schweinepest. Im Landkreis ist man darauf vorbereitet. Die Folgen bleiben aber offen.
Neben Wildschweinen sind Hausschweine die Betroffenen der Afrikanischen Schweinepest. Im Landkreis ist man darauf vorbereitet. Die Folgen bleiben aber offen. © André Schulze

Die Gefahr lauert hinter Neiße und Oder. Bis auf 80 Kilometer ist auf polnischem Territorium die Afrikanische Schweinepest (ASP) bereits an Deutschland herangerückt. Im besonderen Blickfeld ist die Woiwodschaft Lebus. Sie grenzt an Sachsen und Brandenburg. Erst am Montag wurde von Einwohnern zwei tote Wildschweine in der Stadt (!) Zielona Gorá (Grünberg) entdeckt – mit Verdacht auf ASP, berichtet das Online-Portal News Lubuski. Aus dem Landratsamt Görlitz heißt es, dass die aktuellen Entwicklungen in der Woiwodschaft aufmerksam verfolgt werden. Bis jetzt sei aber noch kein Fall von dieser Schweinepest im Landkreis bekanntgeworden, so die Kreisbehörde.

Dennoch ist die Gefahr, dass das Virus Deutschland erreicht, als hoch einzuschätzen. Das Land Sachsen hat inzwischen reagiert. Es bereitet sich intensiv auf einen möglichen Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest vor. Um im Ernstfall gut vorbereitet zu sein, werden mit den Landkreisen und kreisfreien Städte in der kommenden Woche vier groß angelegte Tierseuchenübung zur ASP durchgeführt.

 „Diese Übung ist wertvoll, um das Ausbruchsszenario mit allen Akteuren zu trainieren“, sagt Sachsens Verbraucherschutzministerin Barbara Klepsch. Am Mittwoch findet die Übung ab 10 Uhr im Landkreis Bautzen, in Neuschirgiswalde, statt. Als Themen sind gesetzt: Aufbau eines Elektro-Wildabwehrzaun mit Duftkomponente und ein Vortrag von Sachsenforst zum Projekt Fangjagd-Schwarzwild.

Den Jägern kommt im Kampf gegen ASP eine besondere Rolle zu. Von der Unteren Jagdbehörde heißt es dazu: Jäger sollten durch regelmäßige Präsenz im Revier und ihre Rolle als kundige Person, verendete Schweine auffinden sowie krankhafte Erscheinungen frühzeitig erkennen und diese dem Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt melden. Dazu gehört auch eine Probennahme, um ein effektives ASP-Monitoring zu ermöglichen.

© SZ-Grafik

Dabei stehe man erst am Anfang, sagt Hans-Dietmar Dohrmann als Vorsitzender des Jagdverbandes Niederschlesische Oberlausitz. Der Verband will sich mit der Unteren Jagdbehörde zusammensetzen und das weitere Vorgehen besprechen. Was die Jäger tun können, ist, den Bestand an Schwarzkitteln zu senken. „Wir haben einen viel zu hohen Bestand“, stellt Dohrmann nicht nur für sein Revier in Rothenburg fest. Aber den Jägern fehlt es an geeigneter Technik, um nicht nur bei Tageslicht auf Wildschweinjagd gehen zu können. Dazu braucht es Nachtzieltechnik, die der Gesetzgeber inzwischen zugelassen hat. Dass hierbei Nachholebedarf ist, schätzt auch die Untere Jagdbehörde ein. Nachdem im Jagdjahr 2017/2018 die bisher höchste Schwarzwildstrecke im Landkreis Görlitz mit rund 5.200 Stück zu verzeichnen war, ist diese im darauffolgenden Jagdjahr mit 3.970 Stück deutlich geringer ausgefallen.

Jäger Dohrmann sieht das Übertragen des ASP-Virus nicht durch das Wild allein. Auch der Mensch ist ein Risikofaktor, wenn er Lebensmittel aus befallenen Gebieten mitbringt, diese achtlos wegwirft oder gar den Schweinen zum Fraß vorwirft.

Besondere Verantwortung für Schweinehalter

Die Schweinehalter haben eine besondere Verantwortung, heißt es aus dem Veterinäramt. Das Amt verweist auf sogenannte Biosicherheitsmaßnahmen, die einzuhalten sind. Dazu zählen auch, dass das Verfüttern von Küchen- und Speisenabfällen gesetzlich verboten ist. Die Zäune um den Betrieb sind zu kontrollieren und die Stallzugänge verschlossen zu halten, damit Wildschweine oder unbefugte Personen keinen Zugang finden. Das Amt bestätigt die erhöhte Gefährdung aufgrund des intensiven Personen- und Gütertransports aus Ländern, die von ASP betroffen sind. „Das Risiko wird als hoch eingeschätzt“, sagt Landkreissprecherin Julia Bjar.

Joachim Häntsch als Vorsitzender des Bauernverbandes Oberlausitz kritisiert, dass Deutschland in eine abwartende Haltung verfallen ist. Nach dem Motto: Mal sehen, was passiert. Der Vorsitzende der Agrargenossenschaft Berthelsdorf geht davon aus, dass es vielleicht nur noch Tage sind, bis das Virus auch Deutschland erreicht hat. „Was machen wir dann?“, fragt er. Anzunehmen ist, dass Schweinefleisch aus Sachsen nicht mehr gefragt ist, und die Preise ins Bodenlose fallen. Bleibt die Frage der Entschädigung, aber die kann noch keiner beantworten, weil so ein ASP-Fall bisher noch nicht eingetreten ist.

Betroffen von dem ASP-Virus sind, wie der Name schon sagt, Schweine, also Haus- und Wildschweine. Für sie endet die Infektion früher oder später tödlich. Gegenüber anderen Tierarten und Menschen ist das ASP-Virus aber ungefährlich, heißt es vom Gesundheitsamt.

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