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Tausende Corona-Tests in Görlitz

Die Situation im Labor auf der Cottbuser Straße ist angespannt – zumal Coronavirus-Nachweise nicht das Einzige sind.

Von Ingo Kramer
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Claudia Friedrichs ist Fachärztin für Mikrobiologie und Leiterin des Standortes Görlitz des Medizinischen Labors Ostsachsen.
Claudia Friedrichs ist Fachärztin für Mikrobiologie und Leiterin des Standortes Görlitz des Medizinischen Labors Ostsachsen. © Pawel Sosnowski/80studio.net

Claudia Friedrichs und Roger Hillert sind derzeit nicht zu beneiden. Beide sind Fachärzte für Mikrobiologie, Frau Friedrichs ist zudem Leiterin des Standortes Görlitz des Medizinischen Labors Ostsachsen in der früheren Schule auf der Cottbuser Straße. Im SZ-Interview erzählen beide, wie Corona sie momentan auf Trab hält und wie es ihnen gelingt, die enormen Herausforderungen zu bewältigen.

Für wen führt das Labor die Untersuchungen auf Coronaviren durch?

Wir führen die Untersuchungen gegenwärtig im Auftrag von Ärzten und Krankenhäusern der Landkreise Görlitz und Bautzen durch. Außer unserem Labor macht das gegenwärtig im Landkreis niemand. Allerdings werden eine größere Zahl von Untersuchungen im Auftrag der Gesundheitsämter in der Landesuntersuchungsanstalt Dresden durchgeführt. Allein für unser Labor summiert sich die Anzahl der Tests bisher auf mehrere Tausend.

Wie ist die Situation im Labor, wie kommen die Mitarbeiter mit der Belastung zurecht?

Die Situation im Labor ist sehr angespannt, da unsere Mitarbeiter, wie andere Leute im Gesundheitswesen auch, mit der Doppelbelastung aus der allgemeinen Entwicklung wie schwierige Kinderbetreuung und Sorgen um die eigene Familie, sowie der gestiegenen Arbeitsbelastung im Laboralltag klar kommen müssen. Dies betrifft alle im Labor, vom Kurierfahrer über die vielen technischen Mitarbeiter bis hin zu unseren Ärzten.

Eine besonders schwierige Situation besteht für die Mitarbeiter der molekularbiologischen Abteilung. Hier werden die Corona-Tests bearbeitet. Diese Kollegen können nicht ohne eine entsprechende Einarbeitung durch andere Mitarbeiter entlastet werden. Trotzdem ist es bisher gut gelungen, die Dienstpläne so zu gestalten, dass auch zwischendurch Zeiten für Erholung bleiben. Zusätzliche Spät- und Wochenenddienste konnten wir einrichten.

Wie lange dauert eine Corona-Test-Auswertung?

Im Gegensatz zu vielen Pressemeldungen handelt es sich eben nicht um einen Schnelltest. Schnelltests in hoher Qualität sind derzeit nicht verfügbar. Stattdessen ist es ein komplexer molekularbiologischer Test. Der dauert etwa drei Stunden. Das heißt aber nicht, dass drei Stunden nach Abnahme des Abstrichs ein Ergebnis vorliegt.

Vielmehr gibt es Transportzeiten, die Daten müssen erfasst werden und die Abstriche dann gesammelt werden, da die Testsysteme rationell genutzt werden müssen. Wir bemühen uns also, die Ergebnisse in weniger als 24 Stunden vorliegen zu haben, was bis jetzt auch gut gelungen ist.

Roger Hillert ist Facharzt für Mikrobiologie im Medizinischen Labor Ostsachsen auf der Cottbuser Straße. Durch die Corona-Tests sind Claudia Friedrichs  und er derzeit noch gefragter als ohnehin schon.
Roger Hillert ist Facharzt für Mikrobiologie im Medizinischen Labor Ostsachsen auf der Cottbuser Straße. Durch die Corona-Tests sind Claudia Friedrichs  und er derzeit noch gefragter als ohnehin schon. © Pawel Sosnowski/80studio.net

Wie viele Corona-Tests sind pro Tag zu schaffen?

Die Anzahl der Tests pro Tag wird neben unserer Personalsituation von der Lieferfähigkeit der Industrie beeinflusst. Fehlt eine Komponente im Testsystem, und sei es nur eine Pipettenspitze aus simpler Plastik, dann steht das ganze System still. Das ist im Moment auch unsere größte Herausforderung: Es muss ständig Nachschub organisiert werden, damit wir weiter arbeitsfähig bleiben. Unter optimalen Bedingungen schaffen wir 300 Tests am Tag.

Dreht sich aktuell alles nur um Corona oder auch um Influenza und anderes?

Wir haben immer noch mehr Influenza-Nachweise als Coronavirus-Nachweise. Und man sollte nicht vergessen, dass Influenza auch eine gefährliche Erkrankung sein kann. Die sonstige Labordiagnostik ist allerdings etwas heruntergefahren, da einige Routinekontrollen in den Arztpraxen derzeit nicht erfolgen, weil die Patienten nur mit unbedingt notwendigen Anliegen in die Praxen gehen. Das hilft uns im Moment, wird aber nicht lange anhalten und eventuell sogar zum Stau an notwendiger Diagnostik führen.

Was macht in diesen Tagen Hoffnung?

Hoffnung macht das verständnisvolle und disziplinierte Verhalten der meisten Bürger unserer Region. Wir merken das besonders am Telefon. Natürlich will jeder so schnell als möglich sein Testergebnis haben. Und es trifft zum Glück auf großes Verständnis, wenn wir beispielsweise sagen, der Test wird erst 21 Uhr fertig. Fast jeder versteht in diesen Tagen, dass wir alles geben, aber die Ressourcen begrenzt sind.

Was wünscht sich das Labor?

Wir wünschen uns, dass alle begreifen, dass man mit den vorhandenen Möglichkeiten gezielt umgehen muss. Wenn ein Arzt der Meinung ist, es ist kein Corona-Test notwendig, dann ist das gut begründet und die Patienten sollen das akzeptieren. Für die Verdachtsabklärung und Diagnostik einer Corona-Infektion gibt es klare und bindende Vorschriften des Robert-Koch-Institutes.

Wir brauchen die Tests insbesondere für die schwer erkrankten Patienten und es ist nicht sinnvoll, das diagnostische Nadelöhr zu verstopfen. Außerdem wünschen wir uns, dass wir unsere Arbeit möglichst ungestört machen können. Es hat zum Beispiel keinen Zweck, als Patient im Labor anzurufen. Es gibt schon aus Datenschutzgründen keine Auskunft am Telefon. Und natürlich wünschen wir uns und allen Bürgern, dass es bald vorbei ist ...

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