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Wie ein Dorf der Corona-Pandemie trotzt

Bürgermeister Frank Peuker hält im Großschönauer Gemeindeamt die Stellung. Er kämpft um jeden Rest Normalität in Corona-Zeiten - mit ungewohnten Worten.

Von Jana Ulbrich
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Großschönaus Bürgermeister Frank Peuker bemüht sich um jeden Rest Normalität in Corona-Zeiten - wie hier um das neue Schaufenstermuseum im Gemeindeamt.
Großschönaus Bürgermeister Frank Peuker bemüht sich um jeden Rest Normalität in Corona-Zeiten - wie hier um das neue Schaufenstermuseum im Gemeindeamt. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Geht es nach den Gemeinderäten, dann kann der Bau der Hauptstraße in Waltersdorf Ende April starten - genau so, wie es seit Langem geplant ist. Denn die wichtige Entscheidung, welche Baufirma den Zuschlag für den Großauftrag bekommt, die haben die Großschönauer Gemeinderäte diese Woche getroffen - auf ihrer turnusmäßigen Sitzung: Die Männer der Hainewalder Firma Franke Bau könnten loslegen.

Vor allem, um den Zeitplan für das wichtigste Bauprojekt der Gemeinde nicht zu gefährden, hat Bürgermeister Frank Peuker (SPD) die Sitzung nicht abgesagt. "Ich habe die Gemeinderäte gefragt, wie sie das sehen", erzählt er, "und bis auf einen waren alle einverstanden. Und auch der eine ist gekommen." Der große Sitzungssaal des  Großschönauer Gemeindeamts bietet genug Platz, um die Tische auf gebührenden  Abstand auseinanderzurücken.

"Das Leben muss sich doch auch unter den Bedingungen der Corona-Krise irgendwie weiterdrehen", sagt Frank Peuker. Der Bürgermeister hat sich nicht ins Homeoffice zurückgezogen. Er sitzt an seinem Schreibtisch und "hält die Stellung", wie er es formuliert. Auch seine Mitarbeiter sind da. Die Gemeindeverwaltung ist geöffnet - zumindest für die Dinge, die notwendig sind.

Peukers wichtigste Arbeitsmittel sind im Moment PC und Telefon. Das Telefon klingelt ununterbrochen. Statt des Sprechtags hat der Bürgermeister Telefonsprechstunden eingerichtet. Die Großschönauer nehmen sie dankbar an. "Die Leute honorieren es, dass wir erreichbar sind", sagt der Bürgermeister. 

Wir müssen die Spielplätze nicht behördlich sperren

Frank Peuker wirkt sehr nachdenklich in diesen Tagen. "Wir müssen uns doch wenigstens einen Rest Normalität erhalten", sagt er. "Wenn wir uns alle an die Auflagen der Allgemeinverfügung halten, wenn wir auf Abstand achten und die erforderlichen Hygienemaßnahmen einhalten, dann geht das doch auch", ist er überzeugt. Dann muss er die Spielplätze nicht behördlich sperren, dann muss er auch die Gemeinderatssitzung nicht absagen. "Die Leute kennen doch die Allgemeinverfügung. Sie sind mündige Bürger und wissen, wie sie mit der Situation umgehen müssen."

Dem Bürgermeister ist es lieber, an die Vernunft der Leute zu appellieren, als mit Verboten und Kontrollen zu reagieren. Frank Peuker ist überzeugt, dass das funktioniert. Und er kämpft um jeden Rest Normalität, der nichts mit diesem Virus zu tun hat. Um die neue Stele am Gemeindeamt zum Beispiel, die diese Woche montiert wurde: eine  Station des Textilpfades, die auf das kleine "Schaufenster-Museum" im Gemeindeamt hinweist. Ansehen kann man es schon - auch wenn die feierliche Eröffnung verschoben werden muss.

Sorgen um die Einsamen

Die ganze Situation aber, sagt Frank Peuker, die mache ihm große Sorgen. "Was macht das mit den Menschen, die jetzt wochenlang isoliert zu Hause sind?", fragt er. Und er schreibt ihnen auf der Internetseite der Gemeinde mit ungewohnten Worten: Der Bürgermeister ermuntert die Einwohner zum Rausgehen. Die Großschönauer und Waltersdorfer sind ja in der höchst komfortablen Lage, in einer wunderschönen Kulturlandschaft zu leben, schreibt er. 

Und diese Landschaft lasse es auch räumlich zu, dass die geltenden Vorschriften, besonders die Abstands- und Kontaktgebote, auch beim Rausgehen problemlos eingehalten werden können. "Für die bevorstehenden Tage wird sehr sonniges Frühlingswetter vorhergesagt - eine Möglichkeit bei einem Spaziergang an der frischen Luft das Immunsystem zu stärken und den Kopf freizubekommen", schreibt der Bürgermeister, empfiehlt den Waltersdorfer Naturlehrpfad und den Textilpfad durch Großschönau. Und dazu müssten die Einwohner nicht einmal das Gemeindegebiet verlassen.  

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