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Wie Kunst das Exergon wieder belebt

Nach zehn Jahren Leerstand klafften im Glasdach riesige Löcher. 16 Studenten haben es repariert – für eine Woche Kunst.

Von Ingo Kramer
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Die Projektleiter Lisa Graen und Felix Schuster sitzen im früheren Exergon.
Die Projektleiter Lisa Graen und Felix Schuster sitzen im früheren Exergon. © Nikolai Schmidt

Momo Riedmüller hat wieder Spuren hinterlassen. Der Student, der für die Spaßpartei „Die Partei“ Görlitzer OB werden wollte, hat die linke Seite des Tors an der Uferstraße angesprüht mit dem Logo des Zukunftsvisionen-Festivals. Die rechte Seite zeigt weiterhin, was in der einstigen Spinnerei bis zum Jahr 2002 zu finden war: Die Galerie Exergon.

Nachdem deren Macher auszogen, gab es noch einige Zwischennutzungen. 2008 gastierte hier ein Tanzfestival, 2009 wurden Kulissen für den Film „Goethe“ im Exergon gebaut.

Dann kehrte Ruhe ein. Und Verfall. „Als wir Anfang März kamen, war im Glasdach ein acht Meter langes Loch“, sagt Felix Schuster. An anderen Stellen fehlten vereinzelt weitere Scheiben, drinnen lag viel Dreck. Der ist inzwischen beräumt, das Dach mit Folien so weit repariert, dass es die nächste Zeit erst einmal hält. Das ist auch notwendig, denn das frühere Exergon wird ab Freitag zum Ort des 13. Zukunftsvisionen-Festivals, organisiert von 16 Studenten, die meisten von ihnen aus dem Studiengang Kultur und Management. Seit 2007 nutzen stetig wechselnde Studenten jedes Jahr ein leer stehendes Gebäude, anfangs für eine dreitägige Kunstausstellung, inzwischen für ein neuntägiges Festival. Eine Ausstellung ist bis heute Teil des Ganzen, aber ein Rahmenprogramm mit Konzerten, Disco, Workshops, Diskussionen und vielem mehr ist über die Jahre hinzugekommen. Leerstand mit Kunst zu thematisieren, bleibt Hauptanliegen des Festivals.

Über 200 Künstler haben sich diesmal beworben, 16 wurden angenommen. Und dann, als alles gelaufen war, noch Magda Dumitrescu, die es nicht über die Ausschreibung probiert hatte, sondern mit der sich der Kontakt erst später ergab. Sie wird am Sonntag auf dem Zuvi-Festival Menschen porträtieren, vielleicht zehn, vielleicht auch 20. Sie zeichnet jedes Porträt mit nur einem langen Strich. Die Bilder werden dann draußen an der Exergon-Fassade aufgehängt, um auf die 16 Künstler drinnen aufmerksam zu machen. Apropos draußen: Einen kleinen Garten hat das Exergon auch. „Der war auch total zugemüllt“, sagt Felix Schuster. Das Zuvi-Team hat ihn beräumt, sodass er zum Festival als grüne und warme Oase dient. „Drinnen ist es meist recht kühl, Gäste sollten eine Jacke mitbringen“, sagt Lisa Graen.

Sie hat zusammen mit Felix Schuster die Projektleitung übernommen. Beide sind 26 und studieren Kultur und Management als Master. Er stammt aus Dresden, hat zuletzt aber einige Jahre in Leipzig gelebt, sie kommt aus Hildesheim und war zuletzt für fünf Jahre in Cottbus. Dort wurde ihr Görlitz empfohlen – als Ort für das Masterstudium, aber auch schon wegen des Zuvi-Festivals. „Jetzt bin ich froh, dass ich hier gelandet bin, das ist eine sehr schöne Stadt“, sagt sie: „Orte, an denen sie kulturell aktiv werden können, ziehen junge Leute an.“ Beide können sich vorstellen, nächstes Jahr wieder bei der Zuvi mitzumachen. Felix Schuster wird sein Studium dann schon abgeschlossen haben. „Aber ich plane nicht, wegzugehen“, sagt er.

Positiv finden beide, dass es mit Erik Heinrich einen langjährigen Zuvi-Macher gibt, der die neuen Teams anfangs anleitet und stets für Fragen zur Verfügung steht. „So muss nicht jedes Team beim Urschleim anfangen“, sagt Felix Schuster. Auch die Kontakte zu langjährigen Sponsoren, die sich auch diesmal einbringen, bleiben so erhalten. Und die Crowdfunding-Aktion, mit der das Festival im Internet Geld einwirbt, war auch diesmal erfolgreich: Mehr als 3 500 Euro sind zusammengekommen. Trotzdem läuft das Crowdfunding noch bis morgen Abend weiter. „Je mehr Geld zusammenkommt, desto mehr können wir auf der Zuvi machen“, sagt Lisa Graen.

Hier beginnt das Zukunftsvisionen-Festival am Freitagabend.
Hier beginnt das Zukunftsvisionen-Festival am Freitagabend. © Nikolai Schmidt

Zukunftsvisionen 2019

Öffnungszeiten Ausstellung: 24. Mai, 17 bis 20 Uhr (Vernissage), danach Sa. & So., 10 bis 20 Uhr, Mo. bis Mi., 14 bis 20 Uhr, Do. bis Sa., 10 - 20 Uhr

Programm an den Abenden auch jeweils weit über 20 Uhr hinaus, aus Lautstärkegründen zum Teil aber an anderen Orten, etwa in der Rabryka

Finissage am 1. Juni, ab 16 Uhr

Eintritt: Ausstellung 7 Euro (ermäßigt 5 Euro), Wochenticket Ausstellung 15 Euro, Abendprogramm je nach Tag unterschiedlich, Wochenticket gesamtes Festival 50 Euro 

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