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Wirt schreibt an Corona-Spaziergänger

Nach gewaltsamen Ausschreitungen verfasst der Pirnaer Gastronom Marcus Galle einen Offenen Brief. Allein ist er mit seinem Appell nicht.

Von Katarina Gust
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Canaletto-Wirt Marcus Galle mit dem Offenen Brief: "Die jüngsten Vorkommnisse schaden massiv dem Image von Pirna."
Canaletto-Wirt Marcus Galle mit dem Offenen Brief: "Die jüngsten Vorkommnisse schaden massiv dem Image von Pirna." © Daniel Förster

Es sind Szenen, die sich einprägen. Bilder, die bleiben. Immer wieder sind in den zurückliegenden Wochen Corona-Demonstranten in Pirna in der Sächsischen Schweiz auf Polizisten losgegangen. Zuletzt am vergangenen Mittwoch, als sich rund 200 Menschen zu einem Spaziergang in der Innenstadt versammelten, um gegen Corona-Verbote und eingeschränkte Grundrechte zu protestieren. Unter ihnen war auch eine Gruppe von etwa 30 Gewaltbereiten, die Ordnungskräfte angriffen und damit bundesweit für Schlagzeilen sorgten.

Massiver Imageschaden für Pirna

Negativschlagzeilen, über die sich Marcus Galle nur ärgern kann. Der 35-Jährige betreibt zwei Cafés in Pirna: das Canaletto und das Schloßcafé. Nach einer zweimonatigen Zwangspause wegen der Corona-Pandemie kann er seine Läden seit dem 15. Mai wieder öffnen. Eigentlich eine gute Nachricht - für ihn und etliche andere Gastronomen. Doch der Optimismus ist verflogen. Marcus Galle sorgt sich - nicht nur um sein Unternehmen, sondern inzwischen um den Ruf einer ganzen Stadt. 

"Die jüngsten Vorkommnisse schaden massiv dem Image von Pirna", sagt Marcus Galle. Er selbst ist in Pirna aufgewachsen, lebt und arbeitet hier und liebt diese Stadt. Dass gewaltbereite Demonstranten nun das Bild von Pirna dominieren, das will Galle nicht hinnehmen. Er hat deshalb einen Offenen Brief verfasst. Darin fordert er die friedlichen Demonstranten auf, sich von den Unruhestiftern zu distanzieren und ihnen keinen weiteren Nährboden zu liefern. 

Polizeipräsenz kann für Angstgefühl sorgen

Die Ausschreitungen würden dem Tourismus schaden und allen Unternehmen - "noch mehr als das Virus selbst", heißt es in dem Schreiben, das rund 80 Wirte, Händler,  Unternehmer unterschrieben haben, nebst dem Oberbürgermeister der Stadt, dem parteilosen Klaus-Peter Hanke. "Wir alle sind bis jetzt mit einem blauen Auge davon gekommen", meint Galle. Das sagt er trotzdem, dass Restaurants und viele Geschäfte in der Corona-Krise schließen mussten und extreme wirtschaftliche Einbußen erlitten haben. Nicht jeder wird sich davon erholen können. Mit der Öffnung des Einzelhandels, der Gastronomie und Hotels gehe es aber nun einen Schritt nach vorn. Jeder Unternehmer versuche jetzt, das Minus so schnell wie möglich auszugleichen. "Dafür brauchen wir Menschen, die gern nach Pirna kommen, die hier einkaufen und essen gehen", sagt Marcus Galle.

Gewaltausbrüche wie bei der Corona-Demo vergangene Woche würden genau das Gegenteil bewirken. Genauso wie massive Polizeipräsenz. Auch solche Bilder würden nach außen wirken. "Das kann bei vielen Menschen für ein Angstgefühl sorgen", sagt der Gastronom. Wenn Besucher deshalb Pirna meiden, schade das der kompletten Wirtschaft. "Solche Szenen dürfen sich deshalb nicht mehr wiederholen", appelliert er.

Dass Menschen für ihre Rechte auf die Straße gehen, sei richtig und wichtig. Die wöchentlich stattfindenden Demos würden aber leider auch Menschen anziehen, die alles andere als friedlich agieren und stattdessen mit Gewalt, Drohungen und Eskalation auffallen. "Dieser Gruppe geht es nicht um das Ausüben ihrer demokratischen Rechte", kritisiert Marcus Galle. Diese gewaltbereite Gruppe würde die gute Sache für eigene Zwecke instrumentalisieren.

Oberbürgermeister wünscht sich starkes Zeichen

Was Pirna im Moment brauche, sind Gäste. Tagestouristen und Ausflügler, der die Wirtschaft wieder ankurbeln und den Ladenbesitzern aus der Krise helfen. Damit wäre der Branche mehr geholfen als mit Protesten, sagt Galle. Der 35-jährige Familienvater hat inzwischen fast die gesamte Pirnaer Händlerschaft und Gastronomie-Szene hinter sich.  Eine Allianz von fast 80 Geschäftsleuten, die seinen Offenen Brief unterzeichnet haben. 

Auch Oberbürgermeister Hanke gehört zu den Unterstützern. „Es ist nun an der Zeit nach all den eingetretenen Lockerungen, die Ärmel hoch zu krempeln und Pirna wieder zum Leben zu erwecken", wünscht er sich. "Aus unserer Stadt muss ein starkes gastfreundliches Zeichen in die Welt gehen."