Wirtschaft
Merken

Wasserstoff-Quoten für Busse und Bahnen in Sachsen gefordert

In Dresden findet die ersten Wasserstoffmesse "Clean Hydrogen Convention" für Ostdeutschland statt. Die Veranstalter haben hohe Erwartungen an die Politik.

Von Nora Miethke
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
In Leipzig ging am Montag das erste zertifizierte Wasserstoffkraftwerk in Deutschland in  Betrieb.  Foto:dpa
In Leipzig ging am Montag das erste zertifizierte Wasserstoffkraftwerk in Deutschland in Betrieb. Foto:dpa © dpa

In Leipzig ist am Montag das erste zertifizierte Wasserstoffkraftwerk Deutschlands in Betrieb genommen worden. Für den sächsischen Energie- und Klimaschutzminister Wolfram Günther (Grüne) ist das ein „echtes Vorzeigeprojekt für die Energiewende“. Für Jorge Chatzimarkakis, Vorstandsvorsitzender des europäischen Wasserstoffnetzwerks „Hydrogen Europe“ ist das eine „Ansage“. Die „Sachsen-Geschwindigkeit“ habe er Anfang der 1990-er Jahre kennengelernt, als er für Infineon arbeitete und an den Investitionsvorbereitungen in Dresden beteiligt war, sagte Chatzimarkakis zum Auftakt der ersten Clean Hydrogen Convention (CHC) am Mittwoch in Dresden. Der Kongress mit Begleitmesse zu den Themen Wasserstoff und Brennstoffzellentechnologie soll die wichtigste Diskussions-Plattform rund um den Hoffnungs-Energieträger Wasserstoff werden.

Die „Sachsen-Geschwindigkeit“ griffen die Teilnehmenden der ersten Diskussionsrunde mit der Überschrift „Vollgas oder Zeitlupe, welchen Weg nimmt unsere Wasserstoffpolitik?“ immer wieder auf, denn den meisten Experten geht der Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft in Deutschland zu langsam. Gunda Röstel, Geschäftsführerin der Dresdner Stadtentwässerung und sächsische Stimme im nationalen Wasserstoffbeirat der Bundesregierung, forderte: „Das Kernnetz muss endlich ans Netz gehen und die Regulierung vereinfacht werden“. In den nächsten fünf bis sieben Jahren „müssen wir ins Handeln kommen“, denn noch seien viele Fachkräfte mit den notwendigen Kompetenzen zum Beispiel im Maschinen und –Anlagenbau in Sachsen da. „Doch viele von ihnen werden in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen. Dann ist das Wissen weg“, warnte Röstel. Sie plädierte auch dafür, dass sich die ostdeutschen Bundesländer zusammenschließen sollten, um eine gemeinsame Wasserstoffstrategie auf die Beine zu stellen, anstatt jedes Land sein eigenes Konzept verfolgt. So könnten die ostdeutschen Bundesländer auch auf Bundesebene ihre Interessen besser durchsetzen.

Henne-Ei-Problem endlich lösen

Sachsen könnte nach Ansicht von Thomas von Unwerth, Vorstandschef des Wasserstoff-Netzwerks HZwo e.V. – neben Energy Saxony einer der Veranstalter von CHC - einer der führenden Bundesländern in Deutschland werden, „wenn wir es jetzt richtig angehen“ und Produkte für den Weltmarkt installieren.

Doch dazu muss erst einmal das Henne-Ei-Problem gelöst werden, das die Entwicklung bremst. Die meisten Experten und Expertinnen wie in Dresden sind sich einig, dass grüner Wasserstoff in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Energie-Transformation spielen wird, weil er als Langzeitspeicher dienen und überall dort eingesetzt werden kann, wo man nicht elektrifizieren kann. Produktionsprozesse in der Stahl- und Zementherstellung sind ein Beispiel. Allerdings sind immense Investitionen notwendig und die müssten in den nächsten fünf Jahren beschlossen werden, weil die Umsetzung wiederum Jahre dauert. Doch die Pipelinebauer wollten keine Infrastruktur aufbauen, solange sie keine Abnehmer für den Wasserstoff haben. Und die Stadtwerke und Industrieunternehmen wollen keine Verträge abschließen, solange es keine Pipeline gibt.

Im Sommer 2023 besuchte Robert Habeck (M, Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, die Wasserstoff-Firma Sunfire und übergab Vorstandschef Nils Aldag (r) einen Förderbescheid über 162 Millionen Euro für IPCEI-Investitionsproj
Im Sommer 2023 besuchte Robert Habeck (M, Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, die Wasserstoff-Firma Sunfire und übergab Vorstandschef Nils Aldag (r) einen Förderbescheid über 162 Millionen Euro für IPCEI-Investitionsproj © dpa

„Wenn wir nicht in die Anwendung kommen, dann wird es auch nicht mehr Produktion von Wasserstoff geben“, sagte Unwerth in einem Pressegespräch im Vorfeld des Kongresses und forderte mehr Initialprojekte, um Nachfrage nach Wasserstoff zu schaffen. Nils Aldag, Vorstandschef des Elektrolyse-Spezialisten Sunfire, sieht das ähnlich. „Wir müssen Nachfrage-Impulse schaffen, in dem in Förderprogrammen für Raffinerien, Stahlwerke und anderen Industrieunternehmen eine bestimmte Menge an grünem Wasserstoff vorgeschrieben werden“, so Aldag.

Jörg Lässig, Geschäftsführer der Sitec Industrietechnologie GmbH in Chemnitz, sieht da auch die sächsische Landesregierung in der Verantwortung, stärker die Anschaffung und Einsatz von Wasserstoffbussen oder –Bahnen unterstützen. Land und Kommunen in Sachsen sollten ähnlich wie in China Mindestquoten für brennstoffzellengetriebene Busse, Taxen und Bahnen festlegen, damit die Wasserstoff-Branche im Freistaat endlich in die breite kommerzielle Nutzung starten könnte, so Lässig. Sein Unternehmen stellt unter anderem Bipolarplatten für Brennstoffzellen und Elektrolyseure her. In Sachsen passiere zwar viel, "aber das ist alles sehr forschungs- und Entwicklungslastig. Wir brauchen einen stärkeren Fokus auf die kommerzielle Nutzung", fordert der Unternehmer und warnt: „Wenn Sachsen da nicht bald ein paar Weichen stellt, besteht die Gefahr, dass das Thema Wasserstoff an uns vorbeizieht.“

Der weltweit erste Wasserstoffzug von Alstom absolvierte 2019 seine Premierenfahrt von Leipzig nach Grimma. „Warum ihn nicht im Kulturhauptstadtjahr von Leipzig nach Chemnitz fahren lassen. Das würde zeigen, wie technologieaffin Sachsen ist“, so Unwerth, der sich der Forderung von Lässig anschloss. Chemnitz ist 2025 Kulturhauptstadt Europas.