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Gegen die AfD gibt es bessere Mittel als den Verfassungsschutz

Das Etikett "gesichert extremistisch" nutzt sich schnell ab. Dass die AfD gefährlich ist, sollte man auch ohne Verfassungsschutz merken. Ein Kommentar.

Von Marcus Thielking
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Der Verfassungsschutz ist keine unabhängige Behörde, kommentiert Sächsische.de-Redakteur Marcus Thielking.
Der Verfassungsschutz ist keine unabhängige Behörde, kommentiert Sächsische.de-Redakteur Marcus Thielking. © dpa

Auf diese Nachricht haben viele sehnsüchtig gewartet: Der Verfassungsschutz erwägt offenbar, demnächst die gesamte AfD als „gesichert extremistisch“ einzustufen. In einigen Landesverbänden ist das schon der Fall, zum Beispiel in Sachsen. Jedes Mal, wenn der Verfassungsschutz diesen Stempel aufdrückt, frohlocken Gegner der AfD, als wäre es der Anfang vom Ende des Rechtsextremismus. Doch so einfach ist es nicht.

Tatsächlich hat das Extremismus-Etikett der AfD in Umfragen kaum geschadet. Im Gegenteil scheinen Anhänger der Partei sogar stolz darauf zu sein. Die Bewertung des Verfassungsschutzes ist zudem längst keine hinreichende Begründung für ein Parteiverbot, wie manche hoffen. Das hat auch damit zu tun, dass diese Behörde nicht unabhängig ist, sondern den jeweiligen Innenministerien untersteht. Gerade in konservativ regierten Ländern wurde auch die Linkspartei lange Zeit vom Verfassungsschutz als „extremistisch“ eingestuft und beobachtet. Umso bemerkenswerter ist es, wenn jetzt ausgerechnet Linke so begeistert mit den Berichten der Nachrichtendienste wedeln.

Schon die hasserfüllte Sprache ist abstoßend

Der Behördenstempel „gesichert rechtsextremistisch“ nutzt sich schnell ab, wenn er ständig reflexhaft gebraucht wird. Außerdem verführt er zu verhängnisvoller Bequemlichkeit in der demokratischen Auseinandersetzung mit der AfD. Es ist die Aufgabe aller Bürgerinnen und Bürger, immer wieder genau hinzuschauen und hinzuhören, was diese Partei im Schilde führt. Verfassungsfeindlichkeit ist nicht so leicht objektiv und gerichtsfest nachzuweisen, zumal da die Propaganda der Rechten oft geschickt mit Tabus spielt.

Die meisten Deutschen haben aber ein gutes Gespür dafür, womit wir es hier zu tun haben. Da braucht man sich nur mal eine Viertelstunde anzutun, was die AfD so in den sozialen Medien anprangert: „tägliche Migrantengewalt“, „Massenmigration“, „Anarchie“, „kulturfremde Migranten“ und so weiter. Schon die hasserfüllte Sprache ist abstoßend.

Die Großdemonstrationen in ganz Deutschland sind ein gutes Beispiel dafür, dass es in einer Demokratie bessere Mittel gegen Extremisten gibt als den Nachrichtendienst. Die zigtausenden Menschen gehen nicht deshalb auf die Straße, weil sie den Verfassungsschutzbericht gelesen hätten. Auch die Enthüllung über das Geheimtreffen von Rechtsextremisten war eher ein Auslöser, der die Lawine ins Rollen gebracht hat. Dass die AfD eine gefährliche Partei ist, das weiß nämlich schon lange jeder, der nicht wegschaut.

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