Der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wirft der ehemaligen Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht taktisches Vorgehen vor. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagt er: "Für mich ist Konservatismus vor allem eine Haltungsfrage. Bei Frau Wagenknecht stört mich, dass sie immer mehr taktische Positionen bezieht durch genau diese abgezirkelten Begrifflichkeiten", sagt de Maizière. "Das Wählerpotential wird genau analysiert und dann das Programm danach ausgerichtet." Wagenknecht sei "sehr triumphierend, rechthaberisch und taktisch". Das könne für ein, zwei Wahlen vielleicht helfen, aber nicht auf Dauer.
De Maizière spricht in dem Interview auch darüber, warum man im Osten vermeintlich viel milder auf Russland schaut als im Westen. Nach Ansicht des ehemaligen Spitzenpolitikers gebe es bei diesem Thema auch eine sächsische Komponente. "Sachsen und Berlin standen schon immer in einem besonderen Spannungsverhältnis, das war schon seit August dem Starken und den preußischen Königen so." Daraus speise sich das sächsische Selbstbewusstsein, das manchmal einen gewissen Minderwertigkeitskomplex kaschiere.
- Mit unserem täglichen Newsletter "Politik in Sachsen" sind Sie immer bestens informiert. Hier geht es zur kostenlosen Anmeldung.
De Maizière über Kretschmer: Kein antiamerikanischer Kern
De Maizière macht außerdem die Sorge aus, "sich mit Russen anzulegen, verbunden mit einem tief sitzenden Antiamerikanismus." In diesem Zusammenhang spricht de Maizière auch über Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Diesen antiamerikanischen Kern habe Kretschmer überhaupt nicht, so de Maizière. "Und auch was den verabscheuungswürdigen Angriff von Putin angeht, sind wir einer Meinung. Aber wie man da rauskommt und ob der Westen Anlass geboten hat, da sind wir anderer Meinung."
Um Populisten entgegenzutreten bei den kommenden Wahlen, empfiehlt de Maizière "nicht so viel über die AfD" zu reden. "Natürlich muss man kämpfen und zeigen, wo die Grenze ist. Aber gleichzeitig muss man selbstbewusst die Probleme angehen, auch solche, die die AfD thematisiert. Sonst wird ihr Manövrierspielraum immer größer."