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De Maizière: "Der Begriff Ostdeutschland wurde erst nach 1990 erfunden"

Er war Minister in Sachsen und in der Bundesregierung. Nun spricht Thomas de Maizière über junge Ostdeutsche, Volksparteien und Probleme in der Flüchtlingspolitik.

Von Thilo Alexe
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Thomas de Maizière war mehrfach Minister - in Sachsen sowie im Bund.
Thomas de Maizière war mehrfach Minister - in Sachsen sowie im Bund. © dpa

Das lässt aufhorchen. "Die These, dass der Begriff Ostdeutschland eigentlich erst erfunden wurde nach 1990, die These teile ich." Der langjährige sächsische Landes- und Bundesminister Thomas die Maizière schränkt aber im Gespräch mit dem Deutschlandfunk ein, dass er in Teilen einen anderen Blick als der Leipziger Autor und Germanist Dirk Oschmann auf den Osten habe. "Ich freue mich, dass es eine wunderbare jüngere Generation Ostdeutscher gibt, die genau daraus ein besonderes Selbstbewusstsein entwickelt."

Oschmann vertritt in einem viel beachteten Buch unter anderem den Ansatz, der Westen benötige den abwertenden Blick auf den Osten, um selbst besser dazustehen. De Maizière, der in Bonn aufwuchs und in Dresden lebt, kritisiert jedenfalls "die Selbstermächtigung" vieler Westdeutscher, "einfach Bescheid zu wissen, was in Ostdeutschland los ist".

Der heute 69-jährige Christdemokrat warnt vor einer "erklärenden Attitüde", die Ostdeutschen vermittle, "wenn ihr so werdet wie wir, dann wird alles gut". Das führe zu "großer Solidarisierung im Osten gegen den Westen, gegen diese Mentalität, und das ist ein Problem".

Deutschland "besser als andere europäische Länder"

Der frühere Bundesinnenminister äußert sich in dem knapp einstündigen Radiointerview auch zur Migrationspolitik. "Migration, Flüchtlingspolitik können sie nie lösen", sagt er. "Man kann nur damit umgehen, man kann es einhegen, man kann das eindämmen vielleicht." Die Bevölkerung erwartet nach Einschätzung des Ex-Ministers aber, dass Probleme gelöst werden. Manche plädierten für Grenzschließungen, andere dafür, dass Grenzen offenblieben.

"Die Wahrheit ist, sie können es nie allen recht machen, gerade bei dem Flüchtlingsthema", konstatiert de Maizière. Mit Blick auf die in den Jahren 2015 und 2016 ins Land gekommen Flüchtlinge hebt er die geleistete Integration hervor. Rund 40 Prozent der Menschen seien in Arbeit gebracht worden. "Das ist ein sehr hoher Wert." Damit sei Deutschland "fast besser als alle anderen europäischen Länder".

De Maizière glaubt an Volksparteien

De Maizière fügt hinzu: "Wir wissen, dass ganz viele gutwillige Menschen gekommen sind, aber auch Verbrecher und Terroristen." Die Abwägung all dieser Aspekte sei herausfordernd gewesen. "Das war schon eine extrem schwierige Zeit."

De Maizière äußerte sich auch zur Rolle von Volksparteien. "Wir haben eine Gesellschaft, die auseinandertreibt." Wer möglichst konkrete Konzepte für Zusammenhalt vorlege, der habe Chancen bei Wählern. "Und das kann nur eine Volkspartei."