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Dresdner Fernsehturmvereins-Chef stirbt bei Flugzeugabsturz

Zwei Sachsen sind auf dem Weg von Dresden nach Österreich mit einem Ultraleichtflugzeug abgestürzt. Beim Piloten handelt es sich um Eberhard Mittag vom Verein Dresdner Fernsehturm. Noch sind viele Fragen offen.

Von Dominique Bielmeier & Kay Haufe & Sandro Rahrisch & Christoph Springer & Dirk Hein
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Eberhard Mittag, der Vorstandsvorsitzende des Vereins Dresdner Fernsehturm, ist am Mittwoch bei einem Flugzeugabsturz in Bayern verstorben. Er wurde 69 Jahre alt.
Eberhard Mittag, der Vorstandsvorsitzende des Vereins Dresdner Fernsehturm, ist am Mittwoch bei einem Flugzeugabsturz in Bayern verstorben. Er wurde 69 Jahre alt. © Sven Ellger

Neureichenau/Dresden. Eberhard Mittag, der Chef des Dresdner Fernsehturmvereins, ist bei einem Absturz seines Flugzeugs in Niederbayern ums Leben gekommen. Das bestätigte die zuständige Staatsanwaltschaft Passau am Mittwoch gegenüber der SZ. Zuvor war bekannt geworden, dass zwei Männer aus Sachsen im Alter von 69 und 80 Jahren bei dem Absturz gestorben sind. Um wen es sich bei dem 80-jährigen Insassen handelte, ist derzeit noch nicht bekannt.

Das abgestürzte Ultraleichtflugzeug ist am frühen Mittwochmorgen in einem Waldgebiet bei Neureichenau (Landkreis Freiung-Grafenau) gefunden worden, sagte ein Polizeisprecher. Nach Aussage der Staatsanwaltschaft war das Flugzeug bereits am Dienstagmorgen gegen 7.45 Uhr gestartet. Nach bestätigten SZ-Informationen hob die Maschine vom Flugplatz in Großenhain ab. Wann sie genau abstürzte, sei noch Gegenstand der Untersuchungen, so Staatsanwaltschaftssprecher Walter Feiler.

Feuerwehrleute bergen das Wrack des abgestürzten Ultraleichtflugzeugs aus dem Dickicht eines Waldes.
Feuerwehrleute bergen das Wrack des abgestürzten Ultraleichtflugzeugs aus dem Dickicht eines Waldes. © Zema-Medien/dpa

Gegen 22.45 Uhr am Dienstagabend habe es noch einen telefonischen Kontakt mit einem der Insassen gegeben. Daraufhin sei die Suche nach dem Flugzeug eingeleitet worden. Gegen 3 Uhr habe man die Absturzstelle erreicht. Zu diesem Zeitpunkt kam für die beiden Insassen jede Hilfe zu spät.

Drei mögliche Absturzursachen

Eberhard Mittag galt als guter und erfahrener Pilot, der bereits über 1.000 Flüge absolviert hatte, und besaß ein Ultraleichtflugzeug des Typs Ikarus C42, das er seit vielen Jahren auf dem Großenhainer Flugplatz untergestellt hat. "Der Flieger muss jährlich zum Durchchecken, und ich auch bald, wenn ich 70 werde", scherzte Mittag erst vor Kurzem im Rahmen eines Jugendweihe-Rundflugs, den er zwei Mädchen aus dem Kinderheim Walda spendierte. Er erzählte dabei auch von seinen drei Enkelinnen im Alter von 28, 22 und 21 Jahren, von denen zwei ebenfalls schon einmal mit ihm in Großenhain starten durften.

Flugleiter Bernd Fiedler vom Flugplatz Großenhain bestätigte auf SZ-Nachfrage, dass es für Mittags Flugzeug gesetzliche Vorschriften zu Durchsichten gebe, die mehrmals im Jahr bei speziellen luftfahrttechnischen Betrieben durchgeführt werden müssten. Wo Mittag das habe machen lassen, wisse er aber nicht. Auch den zweiten Mann an Bord kenne er nicht. Mittag war als passionierter Flieger fast jedes Wochenende mit dem Flugzeug unterwegs und flog häufiger auch mit der Ikarus in den Urlaub.

Er und sein Begleiter wollten nach ersten Aussagen der Behörden vor Ort offenbar nach Wels in Österreich fliegen. Am Abend hätten die Angehörigen die Dresdner Polizei verständigt, weil sie den Kontakt zu den Flugzeuginsassen verloren hätten. Die Polizei in Sachsen veranlasste dann eine Handyortung, um die Männer zu finden. Diese wies auf den Ortsteil Altreichenau im Bayerischen Wald hin.

Deswegen startete die dortige Polizei eine große Suchaktion. Mit Kräften der Bergwacht, der Feuerwehr und einer Rettungshundestaffel wurde in der Nacht gesucht, auch ein Polizeihubschrauber war beteiligt. In einem dicht bewaldeten Gebiet konnte die Maschine dann entdeckt werden.

Neben dem genauen Zeitpunkt des Absturzes müsse auch noch ermittelt werden, ob die Männer auf dem Weg von Sachsen nach Österreich eine Zwischenlandung gemacht haben, erläuterte ein Polizeisprecher. Die Kripo und die Staatsanwaltschaft aus Passau untersuchen den Absturz.

Die Staatsanwaltschaft hat gegenüber der SZ die Obduktion beider Verstorbenen angekündigt. Nach vorläufiger Einschätzung kommen drei Ursachen für den Absturz infrage: Ein technischer Defekt sei ebenso möglich wie Orientierungsprobleme oder gesundheitliche Schwierigkeiten des Piloten, so Sprecher Feiler. Aktuell (Mittwochnachmittag) sei ein Gutachter draußen an der Unglücksstelle.

Mit Leidenschaft für den Dresdner Fernsehturm

Eberhard Mittag hat sich viele Jahre als Vorsitzender des Vereins Fernsehturm Dresden für die Wiedereröffnung des Turms eingesetzt und ihm ist es mitzuverdanken, dass dies nun Wirklichkeit werden soll. Der Turm, den er in den 1970er-Jahren als Student besucht hatte, ließ ihn nicht mehr los. Ein Freund hatte die Idee, einen Verein zu gründen mit dem Ziel, der Telekom den Turm abzukaufen oder eine Stiftung zu gründen, sagte er einmal im Gespräch mit der SZ.

Am 26. November 2004 war es so weit: Der Verein wurde im Turm des WTC gegründet, natürlich mit Blick auf den Fernsehturm. "Die Jahre danach waren mühselig", blickte Mittag zurück. Mehrfach hatte er an die Bundeskanzlerin geschrieben, an die verschiedenen sächsischen Ministerpräsidenten, an die Chefs der Telekom. Und jedes Mal kamen höfliche Antworten aus den Ämtern zurück, dass man das bürgerschaftliche Engagement schätze, aber nicht helfen könne.

"Wir wurden allseits belächelt. Jeder fragte, was wir gegen die starke Telekom als Eigentümer machen wollten. Aber für uns stand außer Frage, dass der Fernsehturm für die Bürger errichtet worden war und man die nicht negieren darf", sagte Mittag entschlossen.

Die Vereinsarbeit sei von ständigen Hochs und Tiefs geprägt gewesen. "Wir haben immer versucht, das Thema am Köcheln zu halten. Als die damalige Oberbürgermeisterin Helma Orosz die Zusage gab, uns zu unterstützen, waren wir euphorisch", erinnerte sich Mittag. Doch er hatte sich mit seinen Mitstreitern zu früh gefreut. Nichts passierte.

Die Zeit arbeitete jedoch für Mittag und seinen Verein. Bei einem Termin zur Glasfaserversorgung Görlitzer Studenten traf er 2017 nicht nur den jetzigen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, sondern auch den Bundestagsabgeordneten Thomas Jurk. Zuvor hatte er sich bei den Vereinsfreunden des Hamburger Fernsehturms erkundigt, wie sie es erreicht hatten, Geld vom Bund zu bekommen. "Schnapp Dir einen aus dem Bundesfinanzausschuss", hatten sie ihm geraten. Das war Jurk. "Also habe ich beide wieder auf den Fernsehturm angesprochen. Der Rest der Geschichte ist ja bekannt, jetzt steht das Geld zur Wiederöffnung bereit", sagte Mittag 2019.

2021 konnte mit der Fernsehturm Dresden GmbH der zukünftige Betreiber des Turms vorgestellt werden, inzwischen hat die Planungsphase für seine Wiederbelebung begonnen.

Freunde und Bekannte trauern um Eberhard Mittag

Am Mittwochnachmittag, als die Nachricht vom Tod Eberhard Mittags bekannt wird, füllt sich seine Facebookseite, auf der er gerne seine Flug- aber auch Wandererlebnisse teilte, mit Beileidsbekundungen. Manche posten Fotos von Mittag an Bord seines Fliegers und erzählen von gemeinsamen Flügen. Die Dresdner Geigerin Katrin Wettin erinnert sich daran, wie sie nach einem Videodreh auf seinem Hausdach mit ihm und seiner Frau zum letzten Mal mit Sekt angestoßen hat. Wettin: "Irgendwann sehen wir uns vielleicht wieder und dann werd' ich dir erzählen, wie schön der Fernsehturm geworden ist."

Auch die Freien Wähler drücken ihre Trauer über den Tod Eberhard Mittags aus. 2019 hatte er für sie in Dresden zur Stadtratswahl kandidiert. "Das Besondere an ihm war die Offenheit, mit der er allen gewählten Stadträten gegenüber getreten ist. Er hat engagiert und hartnäckig für die Belange der Dresdner gekämpft! Wir werden uns immer gern an ihn erinnern", schreibt die Partei bei Facebook. (mit dpa)