Radeberg
Merken

"Raus in die Natur": Generationenwechsel im Radeberger Kleingärtnerland

Auch nach Corona ist die Nachfrage nach Parzellen bei den Kleingartenvereinen im Rödertal groß. Warum immer mehr junge Familien Interesse haben.

Von Rainer Könen
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Klaus Hempel, Vorsitzender des Radeberger Kleingartenvereins "Birkenhain", mit dem ehemaligen Vorstandsmitglied Monika Hähne.
Klaus Hempel, Vorsitzender des Radeberger Kleingartenvereins "Birkenhain", mit dem ehemaligen Vorstandsmitglied Monika Hähne. © Rene Meinig (Archiv)

Radeberg. Der Trend sei eindeutig, sagt Elfriede Schönfuß. Auch nach der Pandemie ziehe es Familien mit ihren Kindern "raus in die Natur". Das berichtet die Vorsitzende des Fischbacher Kleingartenvereins (KGV) "Am Vogelberg". Der Effekt mache sich im Arnsdorfer Kleingartenareal bemerkbar. Zu den dortigen Pächtern gehören mittlerweile einige junge Gartenfreunde.

Freie Parzellen gibt es in der Anlage derzeit keine, berichtet Schönfuß weiter. Alle 44 Gartengrundstücke sind belegt. Gründe, warum das Kleingärtnerdasein in der heutigen Zeit so trendy ist? Die Menschen schätzen die Ruhe, die Überschaubarkeit eines Parzellendaseins, sagt Elfriede Schönfuß. Und angesichts der hohen Lebensmittelpreise habe so ein Kleingarten den Vorteil, dass man sich mit Bio-Gemüse versorgen könne.

Obendrein ist es ein erschwingliches Hobby: Die jährliche Pachtgebühr - einschließlich Vereinsgebühr sowie Nebenkosten für Abwasser und Versicherung - liegt für eine 300 Quadratmeter große Kleingartenparzelle im Schnitt bei rund 150 Euro, berichtet Wolfgang Preller, der Chef des Kamenzer Kleingärtnerverbandes.

Keine Wartelisten mehr in Radeberg

Auch beim Radeberger KGV "Birkenhain" war der Andrang in den Corona-Jahren hoch. So hoch sogar, dass der Verein eine Warteliste führte. "Das brauchen wir aber nicht mehr", berichtet Klaus Hempel, Vereinschef der in der Radeberger Südstadt gelegenen Kleingartenanlage mit 63 Parzellen und rund 100 Mitgliedern. Zwar gebe es Interessenten, aber der große Boom habe sich doch gelegt. Jedenfalls laufe die Nachfrage nach einem Gartengrundstück beim KGV Birkenhain derzeit "schleppend", berichtet Hempel. Er geht davon aus, dass sich das in den nächsten Wochen, wenn die Gartensaison startet, ändern wird. Dann dürften sich wieder etliche bei ihm melden. Vermutlich auch junge Leute.

Leerstand liegt bei etwa zehn Prozent

Nach Einschätzung von Wolfgang Preller, dem Vorsitzenden der Territorialverbands der Kleingärtner Kamenz, findet seit geraumer Zeit ein Generationswechsel in der Kleingartenszene statt. Immer mehr der älteren Pächter geben ihre Gartengrundstücke ab. Übernommen werden diese von jungen Familien, berichtet der Kamenzer Kleingärtnerchef. Dessen Territorialverband umfasst gegenwärtig 87 Vereine mit rund 3.700 Kleingärten im Bereich von Radeberg bis Kamenz. "Insgesamt liegt der Leerstand in meinem Bereich bei etwa zehn Prozent", berichtet Preller. Was nach Auffassung des 68-jährigen Chefs der Kleingärtnerverbandes "relativ wenig" sei.

Auch bei den 45 Kleingartenvereinen im Rödertal gebe es nur eine Handvoll freier Parzellen, sagt Preller. Wer Interesse an einem Gartengrundstück habe, könne sich an den Kleingärtnerverband oder an die örtlichen Vereine richten.

Generationswechsel nicht immer reibungslos

Die Interessenten müssten in der Regel einen Antrag auf Mitgliedschaft stellen, erklärt Dagmar Zscheischler vom Ottendorfer KGV "Am Heiderand". Dass der Generationswechsel in der Kleingartenbranche nicht immer reibungslos über die Bühne geht, berichten mehrere Kleingartenchefs. Häufiger Streitpunkt sei die Frage der Nutzung. Dabei sei das in jeder Vereinssatzung, die die neuen Kleingartenpächter erhielten, geregelt, erklärt Dagmar Zscheischler.

Welches Drittel wie zu nutzen ist, ist klar definiert: ein Drittel der Parzelle sei für die Bebauung, eines für die kleingärtnerische Nutzung und ein weiteres Drittel sei für die Erholung da, sagt der Radeberger Klaus Hempel. Das Problem: Es gebe Zeitgenossen, die einen Kleingarten nur unter dem "Erholungsaspekt" betrachteten, heißt es von Rödertaler Kleingärtnern. Andere pflegten eine Ballermann-Atmosphäre in ihrer Datsche. Dies sei ein absolutes No-Go in der Kleingartenszene.

Folglich werden Interessenten von Vorständen der KGV immer genau unter die Lupe genommen. Aber die meisten der jungen Kleingärtner-Generation integrierten sich gut in die bestehenden Gartengemeinschaften, erzählt Klaus Hempel.

Kartoffeln und Möhren - aber auch mal Kiwis

Wie wirkt sich eigentlich der Klimawandel perspektivisch auf die Nutzung einer Parzelle aus? "Da tut sich einiges", sagt Klaus Hempel. Zwar werde immer noch "normales" Gemüse wie Kartoffeln, Möhren oder Tomaten angepflanzt. Aber in manchen Parzellen geht es etwas exotischer zu. "Ich habe mir ein paar Feigen gekauft, die werde ich im Frühjahr pflanzen. Mal schauen, ob sie im Garten gedeihen", sagt Elfriede Schönfuß vom Fischbacher Kleingartenverein. Auch der Radeberger Klaus Hempel experimentierte schon mit Weinreben und Kiwis. Und? "Gedeiht alles prima", sagt er.

Weitere Infos zu Kleingärten in der Region beim Territorialverband Kamenz der Kleingärtner unter der Nummer (03578) 30 84 03 oder per E-Mail an [email protected].