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Warum in der Radeberger Heideschänke die Preise trotz Mehrwertsteuererhöhung stabil bleiben

Von 7 auf 19 Prozent: Seit diesem Jahr müssen Gastronomen wieder die reguläre Mehrwertsteuer auf Speisen bezahlen. Warum die Chefin der Heideschänke in Radeberg diese Erhöhung nicht auf ihre Gäste umwälzt.

Von Verena Belzer
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Helga Jäschke betreibt die Heideschänke in Radeberg in der Heidestraße und setzt dabei voll auf Hausmannskost "wie bei Muttern".
Helga Jäschke betreibt die Heideschänke in Radeberg in der Heidestraße und setzt dabei voll auf Hausmannskost "wie bei Muttern". © Christian Juppe

Radeberg. Viele Gastronomen klagen und kritisieren: Die Erhöhung der Mehrwertsteuer von aktuell 7 auf nun wieder 19 Prozent würde vielerorts die Speisen so teuer machen, dass die Gäste wegbleiben könnten. Viele berichten von Existenzängsten. Eine, die das jedoch überhaupt nicht aus der Ruhe bringt, ist die Radebergerin Helga Jäschke. Die 79-Jährige steht an sieben Tage die Woche in ihrer Heideschänke in der Heidestraße und kocht Hausmannskost - von Schnitzel über Makkaroni bis zu Sülze und Flecke. Und für sie steht fest: "Ich erhöhe meine Preise nicht."

Rentner, Bauarbeiter und Geschäftsleute sind ihre Gäste

Etwa 40 Gäste passen in die Heideschänke, in den Sommermonaten noch einmal etwa so viele auf die Terrasse - und viele davon sind Stammgäste. "Ich habe so etwa 15 Personen, die wirklich jeden Tag herkommen", erzählt Helga Jäschke. Viele ihrer Gäste sind Rentner, aber auch Geschäftsleute und Bauarbeiter lassen es sich bei ihr schmecken.

Sie alle schätzen, dass die 79-Jährige alles selbst macht und frisch kocht - und sicher auch, dass die Preise absolut moderat sind. Schnitzel mit Kartoffeln und Beilage beispielsweise kosten 9,50 Euro, Makkaroni mit Wurst und Käse gibt es für 5,80 Euro und für 6,80 Euro bekommt man Gulasch mit Kartoffeln. "Wenn ich das noch teurer mache, dann kann sich das doch keiner mehr leisten", sagt die Wirtin. "Und von leeren Tischen habe ich auch nichts." Dann fügt sie verschmitzt lächelnd hinzu: "Und dann müsste ich mir ja auch noch die neuen Preise merken."

"Ich hab' noch drei Haushaltstage von der DDR übrig"

Dennoch: Auch Helga Jäschke spürt, dass alles teurer geworden ist. Nicht nur die Mehrwertsteuer ist nun wieder auf Vor-Corona-Niveau angehoben worden. "Die Einkaufspreise sind immer noch deutlich teurer", erzählt sie. Sie kauft regelmäßig im Dresdner Schlachthof ein, frische Ware ist ihr wichtig. "Eingefrostet, das schmeckt doch nicht", sagt sie.

Und auch für Benzin und Strom muss sie mittlerweile deutlich tiefer in die Tasche greifen als noch vor ein paar Jahren. "Da müssen wir durch", sagt Helga Jäschke und zuckt mit den Schultern. "Für mich allein reicht es." Das jedoch liegt auch daran, dass die 79-Jährige ein bescheidenes Leben führt. Jeden Tag kocht sie für ihre Gäste. Und Urlaub? Sie lacht. "Ich hab' noch drei Haushaltstage von der DDR übrig."

Sie wolle sich auch nicht beschweren. Das ist nicht ihre Art. Jammern, das gibt es bei ihr nicht. "Es bleibt schon noch was hängen." Trotz der vergleichsweise günstigen Preise. Doch eines gibt sie auch unumwunden zu: "Wenn hiervon einer eine Familie ernähren müsste, dann könnte es schon eng werden."

30 Schnitzel pro Woche

Helga Jäschke ist nicht Gastronomin geworden, um unglaublich reich zu werden. "Es macht mir einfach Spaß." Daheim hocken, das sei nichts für sie. Wenn sie nicht in der Heideschänke in der Küche stehen würde, würde sie sich wohl ehrenamtlich engagieren, sagt sie.

Aber die Heideschänke, das ist ihr Leben. Der Kontakt zu den Gästen, die sie schon seit vielen Jahrzehnten kennt. Wo die Gäste auch mal kurzerhand selbst den Tisch abräumen. Wo sie in der Woche um die 30 Schnitzel klopft. Wo sie abends Bauernfrühstück serviert. Wo das Radeberger Pilsner 2,50 Euro kostet. "Der Bierpreis ist übrigens auch der einzige, den ich mal erhöhen musste. Das will die Brauerei so."

Die Portionen werden nicht kleiner

Und wer jetzt denkt, Helga Jäschke könnte vielleicht die Portionen kleiner machen, weil alles teurer geworden ist, der irrt. "Ich schneide die Schnitzel meistens selbst", sagt sie. "Und irgendwie kann ich die nicht klein schneiden. Das bring' ich nicht."

Sie ist gerne in ihrer Kneipe, und sie ist gut ausgelastet. Für dieses Jahr hat sie schon etliche Reservierungen für Familienfeiern. "Sogar für Dezember", erzählt sie. "Was sollen denn die ganzen Rentner, Witwer und Junggesellen alleine zuhause, wenn sie nicht mehr zu mir können?" Sie macht weiter, das steht außer Frage.

Ob es ihr nicht manchmal doch ein bisschen viel wird? "Selten", sagt sie. "Höchstens dann, wenn ich nachts um 1 Uhr immer noch in der Küche stehe, um Rouladen vorzubereiten."

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