Radeberg
Merken

Besetztes Waldstück in der Laußnitzer Heide wird ab Ende Januar geräumt

Die Waldbesetzer in der Laußnitzer Heide bei Ottendorf-Okrilla haben bis 23. Januar Zeit, sämtliche Bauten im Wald abzubauen. Doch die jungen Leute wollen bleiben.

Von Siri Rokosch
 6 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
So sieht es in dem von den "Heibo"-Anhängern besetzten Waldgebiet in der Laußnitzer Heide aus. Nun sollen die Waldbesetzer alles abbauen.
So sieht es in dem von den "Heibo"-Anhängern besetzten Waldgebiet in der Laußnitzer Heide aus. Nun sollen die Waldbesetzer alles abbauen. © René Meinig

Würschnitz. Zwischen Würschnitz und Ottendorf-Okrilla hausen seit rund zwei Jahren Umweltaktivisten von "Heibo" mitten im Wald der Laußnitzer Heide. Sie kämpfen nach eigenen Aussagen um den Erhalt der Bäume, welche im Auftrag des Kieswerkes Ottendorf-Okrilla GmbH& Co.KG gefällt werden sollen, um Kiese abzubauen. Bislang hatten die jungen Leute sich auf das Versammlungsrecht berufen - zwei Gerichtsurteile bringen dieses jetzt aber zum Wanken.

Aufgrund der beiden Gerichtsentscheidungen hat das Landratsamt Bautzen den Waldbesetzern nun am 16. Dezember 2022 eine Frist gesetzt, um alle Baumhäuser, Feuerstellen und sonstige Dinge, welche im Wald nichts zu suchen haben, abzubauen. Es beruft sich unter anderem auf fehlende Baugenehmigungen und auf die Nutzung von Feuerstellen im Wald, ohne Genehmigung durch den Bezirksschornsteinfeger.

Auch der NABU versucht mit allen rechtlichen Mitteln, die Rodung des Gebietes, mit einer Fläche von insgesamt 127 Hektar, zu verhindern, vor allem um die Moore zu erhalten - bislang ohne Erfolg für das Gebiet, in dem die "Heibo"-Besetzer sich derzeit aufhalten. In diesem Bereich der Laußnitzer Heide "müssten", laut Aussage des Kieswerks Ottendorf-Okrilla, "für den Geltungszeitraum des Hauptbetriebsplans rund 25 Hektar gerodet werden".

NABU sieht Chance für Walderhalt nur für Würschnitz-West

Matthias Schrack vom Naturschutzbund Nabu distanziert sich von den "Heibo"-Waldbesetzern und sagt auf Anfrage von Sächsische.de: "Naturschutzfachlich ist das, was die Leute dort machen, wenig hilfreich. Wir sind eher mit der Bürgerinitiative Contra Kiesabbau Würschnitz auf einer Linie."

Für den Erhalt der Bäume in dem besetzten Gebiet durch "Heibo" in der Laußnitzer Heide sieht Schrack von der Nabu-Fachgruppe Großdittmannsdorf keine Chancen mehr. "Nur im Gebiet Würschnitz-West sehe ich noch Chancen für den Erhalt der Moore", sagt er.

Für diesen weiteren Bereich müsse das Kieswerk Ottendorf-Okrilla unter anderem noch die Auftragsunterlagen überarbeiten, auch fehle ein Hydrogeologische Gutachten, zur Analyse, wie sich Flora und Fauna nach dem Befüllen der Abbaugebiete mit Bauschutt entwickelten, sagt der Naturschützer. Matthias Schrack verweist auf das Bundesnaturschutzgesetz: "Moore zählen zu den gesetzlich geschützten Biotopen. Daher sind alle Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung des geschützten Biotops führen können, verboten."

Der Nabu will mit allen rechtlich zur Verfügung stehenden Mitteln versuchen, zumindest die Abholzung des Kies-Abbaugebietes Würschnitz-West zu verhindern. Denn sollten die Wälder gerodet werden, würden auch die Moore verschwinden. Eine Aufforstung würde den Wald, wie er einst war, nicht vollkommen wiederbeleben, so die Erfahrungen der Naturschützer.

Das Grundeigentum der Flächen in der Laußnitzer Heide, in dem das Oberbergamt den Abbau von Kiesen erlaubt hat, gehört dem Freistaat Sachsen und wird durch Sachsenforst verwaltet. Das Kieswerk Ottendorf-Okrilla verfügt über langjährige Verträge mit dem Oberbergamt in Freiberg, Kiese in diesen Bereichen abzubaggern. Danach werden die entstandenen Löcher mit Bauschutt aufgefüllt.

"Heibo" stellen sich auf gewaltsame Räumung ein

Auch die "Heibo" Teilnehmer hatten sich an die Gerichte gewandt - allerdings um gegen die Allgemeinverfügung des Landkreis Bautzen vom 18. Mai 2022 vorzugehen. Wie "Heibo" selbst mitteilt, habe "eine Person zwei Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Dresden und dem Oberverwaltungsgericht Sachsen geführt".

"Da sich die Gerichte in fast allen Punkten auf die Seite des Landkreises gestellt haben, kam jetzt die Aufforderung vom Landratsamt, bis zum 23. Januar 2023 alle Gebäude und Feuerstellen abzubauen", teilt ein "Heibo"-Aktivist mit, und erklärt weiter: "Sollten wir nicht selbstständig unseren mit viel Mühe aufgebauten Freiraum zerstören, damit er der Kiesgrube weichen kann, würde der Landkreis das für uns übernehmen."

Im Schreiben vom 16. Dezember 2022 vom Landratsamt Bautzen, welches Sächsische.de vorliegt, heißt es im Wortlaut: "...In Folge beabsichtigt der Landkreis Bautzen die Beseitigung sämtlicher baulicher Anlagen sowie die Entfernung alle ungenehmigten Feuerstellen auf den oben genannten Grundstücken anzuordnen." Allerdings gab das Landratsamt "Heibo" bis zum 6. Januar die Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen.

"Ohne Zelte können wir hier nicht leben"

Die Versammlungsfreiheit, auf welche sich die Waldbesetzer immer wieder berufen, bleibt davon unangetastet, aber, so ein "Heibo"-Aktivist auf Nachfrage von Sächsische.de: "Die Versammlungsfreiheit ist da, aber wenn wir alles abbauen müssen, können wir nicht bleiben, ohne Baumhäuser, Feuerstellen, ohne Zelte können wir hier nicht leben", erklärt die Person, die unerkannt bleiben will.

Ein Widerspruch sei rein rechtlich nicht mehr möglich, nur eine Verfassungsbeschwerde können jetzt noch eingelegt werden. Ob "Heibo" diesen rechtlichen Schritt noch gehen will, könne nicht gesagt werden. Abgebaut werde das Camp jedenfalls nicht und was nach dem 23. Januar passiert, könne der "Heibo"-Aktivist auch nicht sagen: "Es ist tricky. Szenarien, die ich mir vorstellen kann, sind, dass das Camp mit Gewalt geräumt werden wird. Uns wäre es lieber, wenn die Versammlungsfreiheit gewährleistet werden würde."

Nach einer möglichen Räumung würden die Waldbesetzer aber nicht aufgeben. "Der Kampf um den Erhalt der Bäume geht weiter, im Winter und im Frühling, denn die Grube soll ja ausgeweitet werden, und es gibt noch zwei weitere Gebiete hier, um die wir kämpfen. Zuerst werden wir aber auch versuchen den rechtlichen Weg zu gehen", so der "Heibo"-Waldbesetzer aus der Laußnitzer Heide.

Seit Sommer 2021 sind Baumbesetzer in der Laußnitzer Heide

Die jungen Baumbesetzer versuchen seit dem Sommer 2021 die Rodung des Waldes für die Erweiterung des aus ihrer Sicht klimaschädlichen Kieswerkes zu verhindern. Diese Erweiterung wurde allerdings genehmigt. Die jungen Leute rechnen seit Oktober 2022 mit der Räumung ihres luftigen Camps.

Bis Ende Februar dauert die Zeitspanne an, in der Bäume gefällt werden können. Die Baumbesetzer hatten sich bei der örtlichen Bevölkerung unter anderem dadurch unbeliebt gemacht, dass sie Waldwege zerstörten, um ihre Räumung zu verhindern.

Im November hatten Würschnitzer Bürger ein Kiesabbau-Moratorium gefordert. Die Landschaftsarchitektin Elisabeth Lesche hat mit einer Petition den Landtag aktiviert – Mitglieder des zuständigen Ausschusses sahen sich die Situation selbst vor Ort an - bislang ohne Erfolg. Vom Kieswerk heißt es auf Anfrage, dass "der Abbau des Kieses bereits begonnen habe und auch in 2023 fortgesetzt werde". Das Landratsamt Bautzen hat sich auf mehrmalige Anfragen nicht zu dem Thema geäußert.