Radeberg. Für betroffene Frauen ist es ein schwerer Gang: Wenn sie zu Friseurmeisterin Sylvia Greth kommen, dann weil sie eine Perücke brauchen. Weil sie Krebs haben, eine Chemotherapie begonnen haben. Oder, weil ihnen die Haare ausgefallen sind.

"Oft beginnt der Haarausfall zehn Tage nach der ersten Chemotherapie", erklärt Sylvia Greth, die bereits den Friseursalon "Cut" in der Radeberger Hauptstraße betreibt. Die eigenen Haare - für die meisten Menschen sind sie sehr wichtig. Sie machen den eigenen Typ aus, man kämmt sie, wäscht sie, pflegt sie. Sie symbolisieren Attraktivität, Lebenskraft, Selbstbewusstsein.

Wenn sie dann ausfallen, ist das für viele Frauen und Männer ein Schock - ob das nun aufgrund eine Chemotherapie, einer Kopfhauterkrankung oder erblich bedingt ist. "Auch während der Corona-Pandemie haben mir viele Frauen von Haarausfall berichtet", berichtet Greth.

Perücken, Haarteile oder Tücher im neuen Radeberger Laden

Sylvia Greth kann in all diesen Fällen helfen: Mit Perücken, aber auch mit Haarteilen, wenn beispielsweise nur ein Teil des Kopfes vom Haarausfall betroffen ist. Auch Tücher, Mützen und Turbane als alternative Kopfbedeckung hat sie im Angebot.

"Frauen, die wegen einer Krebserkrankung Chemotherapie bekommen, fallen die Haare oft büschelweise aus", erklärt Sylvia Greth, die im Rahmen ihrer Meisterausbildung einen Lehrgang zur Zweithaarspezialistin absolviert hat.

"Wenn sie zu mir kommen, haben sie sich oft schon die letzten Reste Haare abgeschnitten oder ihr Friseur hat das gemacht." Sie selbst bietet das ihren Kundinnen auch an. "Wobei ich zugeben muss, dass das schon ein schwieriger Moment für mich ist, den Frauen die Haare ganz abzunehmen. Das ist ein intimer Moment."

Ruhige Atmosphäre für den Perücken-Laden in Radeberg

Kunden kommen zunächst zu einer Beratung zu ihr. Dafür hat sie nun zwei Häuser weiter von ihrem bisherigen Friseursalon "Cut" einen neuen Laden eröffnet, das "Zweithaarstudio" an der Hauptstraße, Ecke Freudenberg. Hier hat sie rund 20 Quadratmeter gemietet, in denen sie die Kunden in ruhiger Atmosphäre empfangen kann. Knapp zwei Jahre hat sie nach einem passenden Laden gesucht.

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"Wir schauen uns dann gemeinsam in den Katalogen verschiedene Perücken an", erklärt die Friseurmeisterin. "Es gibt Perücken in allen Farben, Formen und Längen." Fünf bis acht Perücken bestellt sie nach dem ersten Termin. "Die meisten Kunden suchen eine Perücke, die ähnlich wie ihr bisheriges Haar aussieht. Wenige wollen eine Typveränderung."

"Haarersatz ist keine Katalogware"

Der zweite Termin ist dann die Anprobe der Perücken. "Und es ist immer wieder verblüffend zu sehen, dass immer eine Perücke toll passt", sagt Sylvia Greth. Wenn die Frauen sich Haare der Perücke zurechtrücken, als wären es ihre eigenen, die Finger durch die Strähnen gleiten lassen, die Haare zu einem Zopf binden - dann weiß auch die Zweithaarexpertin Greth: Das ist die richtige Perücke.

Die Friseurmeisterin schneidet die Perücke anschließend individuell. "Haarersatz ist keine Katalogware", sagt Greth. "Die Anpassung an die Trägerin ist absolut notwendig."

Die Auswahl an Kunsthaarperücken ist dabei deutlich größer als die an Echthaar-Exemplaren. "Wer Haare für eine Echthaarperücke spenden will, muss etwa 25 Zentimeter abschneiden lassen. Und die Haare müssen unbehandelt sein", erklärt Sylvia Greth. Auch bei ihm im Salon "Cut" kann man abgeschnittene Haare spenden. Den Unterschied zwischen Kunst- und Echthaar würde man kaum sehen, sagt Greth. "Kunsthaar hat etwas mehr Glanz."

Eine Kunsthaarperücke kostet etwa 300 bis 600 Euro, eine aus Echthaar beginnt bei 1.000 Euro. "Die Krankenkassen zahlen einen gewissen Betrag. Die Kunden können dann entscheiden, ob sie die Differenz selbst übernehmen."

Gespräche mit Betroffenen: "Das geht mit manchmal sehr nahe"

"Man braucht Feingefühl bei den Gesprächen mit den Betroffenen, das geht mir manchmal sehr nahe." Gerade wenn sie höre, wie viele Krebserkrankungen Zufallsbefunde seien, sagt Sylvia Greth. Da denke man sich nichts Böses, gehe zur Vorsorgeuntersuchung und werde mit einer solchen Diagnose konfrontiert. "Das ist natürlich ein Schock."

Umso wichtiger sei es ihr, ihren Kunden wenigstens dadurch zu helfen, dass sie sich um den Haarausfall keine Gedanken mehr machen müssen. "Die Kunden haben schon genug andere Sorgen. Und damit sie sich auch nicht mit irgendwelchen Abrechnungen mit der Krankenkasse herumschlagen müssen, übernehme ich das für sie."

Das "Zweithaarstudio" öffnet nach telefonischer Absprache

Fünf Kunden im Monat hat Sylvia Greth durchschnittlich, die bei ihr eine Perücke suchen. Bisher hat sie diese in ihrem Friseursalon beraten, in dem auch knapp 15 Perücken als Anschauungsmaterial stehen.

Damit sie die Frauen und Männer nun diskret empfangen kann, öffnet ab Montag, 3. Juli, das "Zweithaarstudio" - allerdings nur nach telefonischer Absprache. Reguläre Öffnungszeiten wird es keine geben.

Das "Zweithaarstudio" erreicht man unter der Nummer 03528 416616 oder per E-Mail an [email protected]. Im Internet findet man es unter www.haarstudio-cut-color-more.de.