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Warum ein Arnsdorfer Traditionsunternehmen seinen Firmennamen ändert

Die F&G Normteile Dresden GmbH heißt jetzt Feindreh GmbH und hat neue Firmenchefs. Wie es zu dem Wechsel kam, welche Produkte aus Arnsdorf sogar in OP-Sälen stecken und wie das Unternehmen wachsen will.

Von Siri Rokosch
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Anja Peplinski und Michael Grünler führen die Feindreh GmbH in Arnsdorf. Sie wollen ihrer Firma mit neuen Ideen zu weiterem Wachstum verhelfen.
Anja Peplinski und Michael Grünler führen die Feindreh GmbH in Arnsdorf. Sie wollen ihrer Firma mit neuen Ideen zu weiterem Wachstum verhelfen. © René Meinig

Arnsdorf. Vom Buchduft zum Ölgeruch - gegensätzlicher könnten die Berufszweige kaum sein. Anja Peplinski kehrt von der Frankfurter Buchmesse, wo sie bis 2018 als Kaufmännische Leiterin arbeitete, zurück in ihre Heimat - als neue geschäftsführende Gesellschafterin der Feindreh GmbH. Neben ihr wird Michael Grünler, gelernter Zerspanungsmechaniker, die Geschäfte des Arnsdorfer Familienunternehmens leiten. Beide sind die Kinder der Firmengründer Steffen Ruhtz und Wilfried Grünler. Mit neuem Unternehmensnamen und neuen Ideen will das mittelständige Unternehmen weiter wachsen.

Steckverbindungen für Autos, Yachten, Rasenmäher

Produziert wird in Arnsdorf, Am Gewerbegebiet 12, auf einer Fläche von 5.000 Quadratmetern, in der Halle riecht es nach Öl. Das wird für die Herstellung der Bolzen und Zylinderstifte - Präzisionsdrehteile, Kontaktstifte, Kerbstifte und Feindrehteile - benötigt. "Mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit finden sich unsere Verbindungsteile in jedem Auto", sagt Anja Peplinski. Aber auch in Yachten, in den meisten Gasgrills und OP-Sälen werden sie verbaut. Kleine Messingradsätze für Modelleisenbahnen stammen überwiegend ebenfalls aus Arnsdorf und sogar die Elbphilharmonie hat in ihren Klavieren Arnsdorfer Verbindungsteile. Steckverbindungen für elektronische Komponenten finden sich zudem in E-Rollern und Rasenmähern.

Diese Kleinteile werden in der Freindreh GmbH in Arnsdorf gefertigt.
Diese Kleinteile werden in der Freindreh GmbH in Arnsdorf gefertigt. © René Meinig

Abnehmer sind vor allem Zulieferer, Händler und Hersteller aus Bayern und Baden-Württemberg sowie aus Österreich, der Schweiz, den USA und China.

Künftig mehr Produkte für die Medizintechnik

Künftig soll die Herstellung von Kleinstteilen noch mehr in den Fokus rücken, sagt Michael Grünler, vor allem für Medizintechnik wie Beatmungsgeräte. Deshalb wurde der Firmenname geändert. "Feindreh" träfe die Produktpalette besser als "Normteile", so die Begründung. Zudem würden sich junge Leute eher für CNC-Maschinen und die Arbeit am Computer interessieren und der Nachwuchs soll unter anderem durch einen modernen Arbeitsplatz angeworben werden.

Neu sei auch, dass alle 100 Mitarbeiter mehr in Firmenentscheidungen einbezogen würden. Verantwortung soll geteilt werden, Team- und Abteilungsleiter könnten mitbestimmen, welche Anlagen zum Beispiel neu gekauft werden sollen.

Investiert wurde in den vergangenen Jahren vor allem in moderne Maschinen, die Kleinstteile verarbeiten. In den letzten zwölf Monaten waren für rund 1,5 Millionen Euro zehn moderne CNC-Maschinen angeschafft worden, erzählen die beiden neuen Geschäftsführer. Der Umsatz habe sich von 6,5 Millionen Euro jährlich auf rund zwölf Millionen Euro fast verdoppelt.

Blich in die Produktionshalle. An diesen Maschinen entstehen Kleinteile für Beatmungsgeräte, Autos und E-Bikes.
Blich in die Produktionshalle. An diesen Maschinen entstehen Kleinteile für Beatmungsgeräte, Autos und E-Bikes. © René Meinig

Etwa 25 Prozent der Mitarbeiter kommen aus Arnsdorf, zehn polnische Angestellte seien in den letzten Jahren hinzugekommen. Gearbeitet wird in der Feindreh GmbH im Drei-Schicht-Betrieb, von 6 bis 14 Uhr, von 14 bis 22 Uhr und von 22 bis 6 Uhr. Dies sei nötig, damit die Anlagen wirtschaftlich betrieben werden können, erklärt Anja Peplinski. "Arbeitsplätze sind ein wichtiger Punkt. Wir suchen auch weiterhin neue Mitarbeiter, zwei Azubis pro Jahr und auch Zerspanungsmechaniker und CNC-Dreher."

Eine Firma mit langer Tradition

Peplinski war 2018 aus Frankfurt am Main zurück nach Arnsdorf gekommen, als sie von ihrem Vater gefragt wurde, ob sie gemeinsam mit Michael Grünler das Familienunternehmen weiterführen möchte. "Gib mir ein Jahr Zeit, mir das anzuschauen", habe sie ihm damals gesagt. Ein Jahr später habe sie dann geantwortet: "Komm' Papa, gib mir das in die Hände." Sie tauschte die Bücher gegen den Ölgeruch in der großen Produktionshalle ein - offensichtlich mit Erfolg und Freude.

Hervorgegangen ist die Firma aus den Überresten des ehemaligen DDR-Betriebs VEB Kerb-Konus Dresden. Nach der Wende kaufte ein Nürnberger Unternehmer den Betrieb für einen symbolischen Preis von der Treuhand, erhielt Fördergelder und fuhr das Ganze in den Konkurs. Wilfried Grünler, als Maschinenbauingenieur viele Jahre bei Kerb-Konus beschäftigt, sagte sich damals: "Jetzt oder nie". Er kaufte aus der Konkursmasse einen Teil heraus. Erst 1995 stieß Steffen Ruhtz, der sich nach 1990 mit einer eigenen Handelsvertretung selbstständig gemacht hatte, hinzu.