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Krebstherapie made in Radeberg: Wie das Pharmaunternehmen ABX weltweit erfolgreich wurde

Sie fingen mit wenigen Leuten an, mittlerweile arbeiten rund 350 Angestellte beim Radeberger Pharmaunternehmen ABX. Warum die Firma nach Radeberg kam - und wie sehr der Fachkräftemangel sie belastet.

Von Verena Belzer
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Hier entsteht Hightech: Die Radeberger Firma ABX ist ein weltweit tätiges Unternehmen im Bereich der Radiopharmazie.
Hier entsteht Hightech: Die Radeberger Firma ABX ist ein weltweit tätiges Unternehmen im Bereich der Radiopharmazie. © ABX

Radeberg. Von außen sieht die Radeberger Firma ABX an der Heinrich-Gläser-Straße unscheinbar aus - dass sich hier ein weltweit erfolgreiches Pharmaunternehmen verbirgt, wissen selbst viele Radeberger nicht. Einzig die ständigen Baumaßnahmen lassen vermuten, dass hier eine Firma sitzt, die wächst.

Was hinter den Mauern entstanden ist, beinhaltet eine absolute Erfolgsgeschichte. Eine, mit der sich auch Radeberg rühmen kann. Denn als ABX im Jahr 1999 von Dresden ins Rödertal gezogen ist, da waren es nur wenige Mitarbeiter, die auf 20 Quadratmetern in einem Labor Forschung im Bereich der Radiopharmazie betrieben haben.

Von Dresden nach Radeberg - wegen Fördergeldern

"Das hat sich mehr wie eine Garage als wie ein modernes Labor angefühlt", erinnert sich Marco Müller, Leiter Forschung und Entwicklung bei ABX.

Der Grund, warum die Firma damals zwei Jahre nach ihrer Gründung die Landeshauptstadt verließ, ist schnell erklärt: Von der Sächsischen Aufbaubank gab es Fördergelder für technische Anschaffungen für solche Firmen, die sich außerhalb Dresdens ansiedeln.

"Und auf unserem Gebiet kostet die Technik richtig viel Geld", erklärt Robert Mieth, kaufmännischer Leiter bei ABX.

2001 zog die Firma in ihr heutiges Domizil an der Heinrich-Gläser-Straße - damals eine Ruine unter Denkmalschutz. Im Laufe der Jahre folgten etliche Sanierungen und Anbauten, gerade wird wieder ein neues Gebäude gebaut. Im Gewerbepark an der Heidestraße hat ABX ebenfalls etliche Flächen gemietet.

Der Platzbedarf ist groß. "Wir haben damals, als wir hergekommen sind, nicht damit gerechnet, dass das Geschäft so abgeht", gibt Müller zu.

Eine Radeberger Erfindung auf dem US-Markt

Tatsächlich ging es für ABX seit der Gründung stetig nach oben. Aus einigen wenigen Mitarbeitern sind heute 350 geworden - denn ABX hat sich zu einem weltweit führenden Anbieter von Radiopharmaka entwickelt. Ein Radiopharmakon ist eine radioaktiv markierte Substanz, die im Körper Tumorzellen aufspüren kann.

ABX produziert – und entwickelt in Eigenregie bis zur Marktreife – sowohl eigene Produkte als auch Produkte für andere Unternehmen. Eines der Beispiele hat den etwas sperrigen Namen "177Lu-PSMA-617" - ein vom Schweizer Pharmakonzern Novartis in den USA und Europa zugelassenes, erfolgreiches Therapeutikum für Prostatakrebs. An dessen Entwicklung war ABX maßgebend mit beteiligt.

Mithilfe der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) in Kombination mit den spezifischen Radiotracern lassen sich Tumorherde und Metastasen deutlich besser erkennen als in einem herkömmlichen MRT - und je früher ein Tumor entdeckt wird, desto größer sind die Heilungschancen. "Diese Methode ist präziser und schneller", erklärt Marco Müller. "Aber auch teuer."

Doch kein neuer Firmensitz an der Pillnitzer Straße

ABX sucht dringend Fachkräfte - vor allem Chemiker und Chemielaboranten.
ABX sucht dringend Fachkräfte - vor allem Chemiker und Chemielaboranten. © ABX
Robert Mieth (links) ist der kaufmännische Leiter bei ABX, Marco Müller der technische Leiter.
Robert Mieth (links) ist der kaufmännische Leiter bei ABX, Marco Müller der technische Leiter. © SZ/Verena Belzer
Am ABX-Standort an der Heinrich-Gläser-Straße wird ständig gebaut - der Platzbedarf ist riesig.
Am ABX-Standort an der Heinrich-Gläser-Straße wird ständig gebaut - der Platzbedarf ist riesig. © Christian Juppe/Archiv

Der Markt mit Radiopharmaka explodiert gerade. "Wir platzen aus allen Nähten", sagt Robert Mieth. Um den enormen Platzbedarf zu stillen, hat das Unternehmen das Gelände an der Pillnitzer Straße gekauft, an dem Nehlsen beheimatet war. Ursprünglich sollte hier ein neuer Unternehmenssitz gebaut werden - eine Investition im dreistelligen Millionenbereich. Doch davon hat ABX erst einmal Abstand genommen. "Wir sind ein sehr exportabhängiges Unternehmen", erklärt Mieth. "Auch mit Blick auf die derzeitigen Baupreise wäre das für uns aktuell ein zu großes Risiko." Man wolle nun stattdessen modular bauen - sich also Stück für Stück erweitern.

Der Fachkräftemangel trifft ABX hart

Ob ABX weiter so wachsen kann, hängt allerdings nicht nur vom weltweiten Markt ab, sondern auch davon, ob die Firma ausreichend Fachkräfte an sich binden kann.

"Ich würde für unsere Labore sofort 20 bis 30 Leute einstellen", sagt Marco Müller. Früher habe man sich die Angestellten aussuchen können - das hat sich massiv gewandelt, da geht es dem Pharmaunternehmen ABX wie nahezu allen Branchen. Gesucht werden unter anderem Chemiker und Chemielaboranten, aber auch Büro-Angestellte.

"In manchen Bereichen konkurrieren wir mit den Chipherstellern im Dresdner Norden, bei gut ausgebildeten IT-Fachkräften zum Beispiel." Für hochqualifizierte Männer und Frauen sei der Standort außerhalb Dresdens vielleicht nicht ganz so attraktiv, befürchtet Müller. "Wobei die Zuganbindung nach Radeberg natürlich top ist."

Wäre die Fachkräfteproblematik vor zehn Jahren so akut gewesen wie heute, "dann wären wir pleite gegangen, das ist sicher", sagt der Leiter der Forschung und Entwicklung. Doch mittlerweile kann ABX aufgrund seiner Erfolgsgeschichte auch hohe Gehälter zahlen, die in der Pharmabranche schlichtweg üblich sind.

"Wir sind ein solides Unternehmen, das absolut Hightech und forschungslastig ist", sagt Müller. "Und das, was wir machen, ist sinnstiftend. Wir arbeiten daran, dass Krebspatienten besser behandelt werden können."

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